Gründe
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist Diplomrestauratorin (FH). Sie war im Streitjahr (1996) als selbständige Textilrestauratorin tätig, und zwar ausschließlich für Museen und andere öffentliche Einrichtungen.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) unterwarf die Umsätze der Antragstellerin im Umsatzsteuerbescheid 1996 vom dem Regelsteuersatz. Nach Zurückweisung ihres hiergegen eingelegten Einspruchs (Einspruchsentscheidung vom ) hat die Antragstellerin Klage (1 K 306/99 U) eingereicht, über die das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden hat.
Während des Klageverfahrens hat die Antragstellerin beim FG beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Bescheides auszusetzen. Sie ist der Auffassung, die von ihr bewirkten Umsätze seien steuerfrei zu belassen. Nach § 4 Nr. 20 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) seien die Umsätze der Museen aus Restaurierung von Kunstwerken in Privatbesitz von der Umsatzsteuer befreit. Bei dieser Tätigkeit träten die Museen als Mitbewerber gegenüber freiberuflich Tätigen am Markt auf. Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verbiete es, wesentlich Gleiches ungleich zu behandeln. Es liege kein sachgerechter Grund dafür vor, dass die Museen steuerfreie Leistungen anbieten könnten, während freiberuflich Tätige die entsprechenden Leistungen versteuern müssten.
Die unterschiedliche Besteuerung verstoße auch gegen die Sechste Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Deshalb seien (jedenfalls) die Gerichte gehalten, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Wettbewerbsverzerrungen entgegenzuwirken, die dadurch entständen, dass nach dem Umsatzsteuergesetz die Befreiung von selbständigen Restauratoren unterbleibe.
Das FG hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Umsatzsteuerbescheides 1996 als unbegründet abgelehnt.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde bezieht sich die Antragstellerin auf ihr bisheriges Vorbringen und beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des entgegenstehenden die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 1996 vom bis einen Monat nach Bekanntgabe einer das finanzgerichtliche Verfahren 1 K 306/99 U abschließenden Entscheidung auszusetzen.
Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die vom FG zugelassene Beschwerde ist unbegründet.
Ob im Streitfall die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfüllt sind —was den dem Senat vorliegenden Akten nicht eindeutig zu entnehmen ist—, kann offen bleiben.
Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll auf Antrag ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (§ 69 Abs. 2 und 3 FGO).
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Umsätze der Antragstellerin nicht steuerfrei sind.
1. Nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG sind die Umsätze der Museen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen (§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG). Museen sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen (§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 3 UStG).
2. Das FG hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend im Einzelnen dargelegt, dass die Antragstellerin die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG nicht erfüllt und insbesondere kein Museum unterhält. Diese Ausführungen —die die Antragstellerin mit der Beschwerde auch nicht angreift— sind rechtlich nicht zu beanstanden.
3. Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass einerseits die Restaurierung und Pflege von Kunstwerken im Privatbesitz, die von den Museen im Interesse der Erhaltung dieser Werke für die Allgemeinheit vorgenommen werden, als typische Museumsleistungen angesehen und als steuerfrei gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG behandelt werden (vgl. Abschn. 108 Abs. 2 Satz 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1996/ 2000), während andererseits die von selbständigen (privaten) Restauratoren ausgeführten Umsätze nicht nach dieser Vorschrift von der Umsatzsteuer befreit werden. Diese unterschiedliche Behandlung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil dafür ein sachlicher Grund besteht.
Denn die Umsätze der in § 4 Nr. 20 UStG genannten Einrichtungen sollen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers deshalb steuerfrei sein, weil diese Einrichtungen im Allgemeinen in erheblichem Umfang staatlich subventioniert werden und im Falle einer Steuerpflicht die Eintrittspreise voraussichtlich nicht erhöht werden könnten, sondern die gewährten Subventionen aufgestockt werden müssten (vgl. Senatsurteil vom V R 23/99, unter BStBl II 2000, 302, neutralisierter Abdruck ist beigefügt). Für selbständig tätige (private) Restauratoren —wie die Antragstellerin— gilt diese Überlegung nicht.
4. Die Bestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG rechtfertigen kein anderes Ergebnis.
Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten bestimmte kulturelle Dienstleistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden. Von dieser Bestimmung werden die Umsätze der Antragstellerin nicht erfasst.
Von dieser Steuerbefreiung sind zwar nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG kulturelle Dienstleistungen ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind oder im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden. Selbst wenn aber deshalb —wie die Antragstellerin geltend macht— die Steuerbefreiung der Umsätze von mit ihr in Wettbewerb stehenden Museen auf dem Gebiet der Restaurierung privater Kunstgegenstände rechtswidrig wäre, könnte die Antragstellerin daraus nichts für die Steuerfreiheit der von ihr erbrachten Umsätze herleiten.
Denn ein Steuerpflichtiger kann eine Steuerbefreiung nicht mit der Begründung beanspruchen, die Finanzverwaltung befreie andere Steuerpflichtige zu Unrecht von der Steuer. Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung einer —was hier unterstellt wird— rechtswidrigen Verwaltungspraxis; insoweit gibt es keine ”Gleichheit im Unrecht” (vgl. , BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060, unter 3.; , BFH/NV 1995, 652, unter 2., m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1372 Nr. 11
UR 2000 S. 468 Nr. 11
DAAAA-65695