Berücksichtigung negativer Einkünfte aus einer festen Einrichtung einer Anwaltskanzlei in Belgien über § 50d Abs. 9 S. 1 Nr.
1 EStG bei der inländischen Besteuerung
Leitsatz
1. Auch nach der vor der Neufassung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 gültigen
Gesetzesfassung sind Aufwendungen für bislang vermietete und nach einem kurzen Leerstand veräußerte Immobilien nach dem Zeitpunkt
der Beendigung der Vermietung nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abziehbar, wenn der
Vermieter selbst die Mietverträge gekündigt hat, die Immobilien anschließend bis zur (infolge Ablaufs der früheren zweijährigen
Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 EStG a. F. nicht steuerbaren) Veräußerung in einem Zeitraum von vier bis zwölf Monaten
leer gestanden sind und der Vermieter keinerlei objektive Unterlagen (z. B. Mietinserate usw.) beibringen kann, die dafür
sprechen, dass ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Mietverträge nicht nur die durch die tatsächliche Veräußerung objektiv
bestätigte Veräußerungsabsicht, sondern auch weiter eine Einkunftserzielungsabsicht durch Vermietung und Verpachtung bestanden
hat.
2. Wurde das Büro einer deutschen Anwaltskanzlei in Belgien von den belgischen Behörden unzutreffend nicht als „feste Einrichtung”
i. S. d. Art. 14 Abs. 1 DBA-Belgien behandelt und deswegen in Belgien nicht besteuert, so entfällt gem. § 50d Abs. 9 S. 1
Nr. 1 EStG die Freistellung der Einkünfte des Büros in Deutschland nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA Belgien; die auf das Büro
in Belgien entfallenden negativen Einkünfte mindern folglich als Verluste die inländischen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit.
3. Der im DBA-Belgien selbst nicht umfassend geregelte Begriff der „festen Einrichtung” ist abkommensautonom auszulegen, da
der Begriff in rechtssystematisch relevanter Weise Einfluss auf die Verteilungsnormen des Art. 14 und 7 DBA-Belgien nimmt
und geeignet ist, diesen Bestimmungen, je nach Auslegung, ihre Wirkung zu nehmen.
4. Ein von einer deutschen Anwaltskanzlei über viele Jahre in Brüssel angemietetes, wie eine vollwertige Kanzlei eingerichtetes,
jedoch permanent nur von einer Teilzeitsekretärin betreutes Büro mit einer Fläche von insgesamt 76 qm stellt auch dann eine
„feste Einrichtung” i. S. d. Art. 14 Abs. 1 DBA-Belgien dar, wenn dieses Büro nur der Repräsentanz der Kanzlei dienen sollte
und sämtliche anwaltliche Tätigkeit in Deutschland erledigt wurde.
5. Die Spezialregelungen in Art. 5 Abs. 3 DBA-Belgien zum Vorliegen einer „Betriebsstätte” sind für die Auslegung des Begriffs
der „festen Einrichtung” (Art. 14 Abs. 1 DBA-Belgien) nicht, auch nicht im Wege der Analogie, anwendbar.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BB 2017 S. 2721 Nr. 46 EFG 2017 S. 304 Nr. 4 IStR 2017 S. 581 Nr. 14 IWB-Kurznachricht Nr. 7/2017 S. 242 PIStB 2017 S. 240 Nr. 9 CAAAG-35949
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