Markenbeschwerdeverfahren – "Cevita/CêlaVita (IR-Marke)/CÊLAVITA (IR-Marke)" – gebührenrechtliche Behandlung gemeinschaftlicher Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts im patentamtlichen bzw. -gerichtlichen Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren – Behandlung als ein "Antragsteller" - zur Zahlung der Beschwerdegebühr durch Überweisung – Fiktion der Nichteinlegung bei verspäteter Zahlung der Beschwerdegebühr - Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr(en) – zur funktionellen Zuständigkeit der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag – zur Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Feststellung, dass die Erinnerung wegen nicht ausreichender Gebührenzahlung als nicht eingelegt gilt
Leitsatz
Gebührenrechtliche Behandlung gemeinschaftlicher Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts im patentamtlichen bzw. -gerichtlichen Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren
1. Bei Beschwerden gegen Beschlüsse i. S. d. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ist innerhalb der Beschwerdefrist des § 66 Abs. 2 MarkenG auch eine Beschwerdegebühr zu bezahlen, §§ 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG. Bei Überweisungen gilt nach § 2 Nr. 2 PatKostZV (Patentkostenzahlungsverordnung) der Tag der Gutschrift auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das DPMA als Zahlungstag. Ist die Zahlung der Beschwerdegebühr verspätet gezahlt worden, so gilt die Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 PatKostG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatKostG als nicht eingelegt.
Bei unverschuldeter Fristversäumung ist nach § 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG Wiedereinsetzung zu gewähren. Bei Überweisungen ist die Bank des Zahlungsempfängers verpflichtet, dem Empfänger den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen (§ 675 t Abs. 1 Satz 1 BGB), nachdem er dort eingegangen ist. In der Regel ist der Geldbetrag dem Empfängerkonto spätestens am Folgetag des Geldeingangs gutzuschreiben. Von einem derartigen Ablauf darf auch der Gebührenschuldner ausgehen. Eine spätere Gutschrift auf dem Konto des Empfängers liegt nicht im Verantwortungsbereich des Gebührenschuldners und ist deshalb als unverschuldet anzusehen.
Für die zu treffende Entscheidung in Bezug auf die Frage der Wiedereinsetzung ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 i. V. m. § 91 Abs. 6 MarkenG funktionell der Senat und nicht der Rechtspfleger zuständig (vgl. dazu im Einzelnen BPatG, BlPMZ 2013, 355).
2. Gegen die von der Markenstelle des DPMA im Erinnerungsverfahren getroffene Feststellung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatKostG, dass die Erinnerung wegen nicht ausreichender Gebührenzahlung als nicht eingelegt gilt, ist die Beschwerde statthaft, da es sich dabei um eine abschließende Regelung mit Beschlussqualität i. S. d. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG handelt.
3. Gemeinschaftliche Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts in Bruchteilsgemeinschaft (hier zwei Inhaber einer mit einem Widerspruch angegriffenen Marke) sind als Erinnerungsführer im patentamtlichen Verfahren gemäß Absatz 2 der Vorbemerkung in Teil A des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses gebührenrechtlich als ein "Antragsteller" zu behandeln (entsprechendes gilt für deren Beschwerde vor dem BPatG). Für diese Auffassung sprechen sowohl die systematisch-historische Auslegung unter Hinzuziehung der Begründung im Gesetzgebungsverfahren zum "Gesetz zur Änderung des patentamtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes" vom (BlPMZ 2006, 228, 234 re.Sp. Mitte bzw. 235 li.Sp. Mitte) als auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte (a.A. BPatG GRUR-RR 2014, 227 = Mitt 2014, 169 und BGH GRUR 2015, 1255 – Mauersteinsatz und auch Deichfuß, GRUR 2015, 1170 "Gebühren im patentrechtlichen Verfahren bei Beteiligung mehrerer Personen" dort unter III 2. a) dd)).
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