BAG Urteil v. - 6 AZR 620/15

Härtefallregelung nach dem TV UmBw

Gesetze: § 1 TVG

Instanzenzug: Az: 7 Ca 144/14 Ö Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 7 Sa 1513/14 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über das Zustandekommen einer Härtefallregelung nach § 11 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom idF des Änderungstarifvertrags Nr. 3 vom sowie über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2Der am geborene Kläger ist schwerbehindert und seit 1981 bei der beklagten Bundesrepublik als Angestellter in der Zivilverwaltung der Bundeswehr beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet nach Feststellung des Landesarbeitsgerichts der TV UmBw aufgrund vertraglicher Inbezugnahme Anwendung.

3Im Jahr 2012 war der Kläger im Kreiswehrersatzamt H auf einem nach der Entgeltgruppe 5 TVöD bewerteten Dienstposten eingesetzt. Dieses Amt wurde zum aufgelöst. Bereits mit Schreiben vom hatte der Kläger der Beklagten sein Interesse am Abschluss einer Härtefallregelung nach § 11 TV UmBw bekundet.

4Der TV UmBw enthält insoweit folgende relevante Regelungen:

5Die Beklagte übermittelte dem Kläger auf sein Schreiben vom ua. eine „Berechnung Ausgleichszahlung nach § 11 TV UmBw (nur für Beratungszwecke)“. Dieser Berechnung war das Formblatt „Hinweise zur Aushändigung der vorläufigen Berechnung des Einkommens bei Inanspruchnahme der Härtefallregelung nach § 11 TV UmBw zum “ beigefügt, das mit den Worten schloss:

6Am fand ein Personalgespräch statt, an dem neben dem Kläger auch der Leiter des Personalwesens für den einfachen und mittleren Dienst der Zivilangestellten, ROAR D, teilnahm. Aus der vom Kläger unterzeichneten Niederschrift über dieses Gespräch ergibt sich, dass der Kläger ab dem ohne Auswirkungen auf die Entgeltzahlung außerhalb von Dienstposten unter Beibehaltung der bisherigen Tätigkeit weiter beschäftigt werden sollte.

7Ab dem führten die ehemaligen Kreiswehrersatzämter die verbliebenen Aufgaben als Außenstellen der Nachfolgeorganisation, des sog. KarriereCenters H, aus. Diese Außenstellen wurden sodann im Laufe der Jahre 2013 und 2014 aufgelöst und die Aufgaben an das KarriereCenter H weitergegeben. In diesem Zusammenhang wurde auch der Kläger bis zum mit Rest- und Übergangsarbeiten betraut, wobei er entsprechend der Niederschrift über das Personalgespräch vom außerhalb von Dienstposten eingesetzt war.

8Die Beklagte versetzte den Kläger mit Wirkung zum auf einen nach der Entgeltgruppe 5 TVöD bewerteten Dienstposten als Bürosachbearbeiter in das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum in H.

9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei eine Härtefallregelung iSd. § 11 TV UmBw vereinbart worden. Die Korrespondenz mit der Beklagten im Anschluss an das Schreiben vom , mit dem der Kläger sein Interesse an einer Härtefallregelung bekundet habe, habe er nur dahin verstehen können, dass die Beklagte alles dafür getan habe, um ihn im Rahmen der Härtefallregelung ausscheiden zu lassen. Diese Einschätzung sei durch das Personalgespräch am bestätigt worden. Dort habe Herr D dem Kläger geraten, sich auf keinen Dienstposten setzen zu lassen. Weiter habe er gesagt: „Wir wollen übereinstimmend mit Ihnen, dass Sie ausscheiden. Nur der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest. Sie werden insoweit noch mit Arbeiten außerhalb von Dienstposten zur Restabwicklung beschäftigt“.

10Jedenfalls habe der Kläger einen Anspruch auf Abschluss einer Härtefallregelung. Die Beklagte habe ihm im Zeitpunkt des Wegfalls seines Arbeitsplatzes am keinen gleichwertigen Arbeitsplatz angeboten. Er sei anderthalb Jahre außerhalb von Dienstposten beschäftigt worden. Die persönlichen Voraussetzungen für den Abschluss einer Härtefallregelung habe er erfüllt. Das Ermessen der Beklagten für den Abschluss der Härtefallregelung sei deshalb auf null reduziert gewesen.

11Die zum erfolgte Versetzung sei unwirksam. Insoweit hat der Kläger erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte habe nach Abschluss der Härtefallregelung nicht mehr über seine Arbeitsleistung verfügen können. Zudem sei die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.

12Der Kläger beantragt zuletzt

13Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, eine Härtefallregelung sei nicht vereinbart worden. Es fehle bereits an der dafür erforderlichen, arbeitsvertraglich vereinbarten Schriftform. Auch lägen keine übereinstimmenden Willenserklärungen vor. Den von der Beklagten übersandten Unterlagen lasse sich kein Rechtsbindungswille entnehmen. Es bestehe auch kein Anspruch auf den Abschluss einer Härtefallregelung. Dieser stehe in ihrem Ermessen. Zudem lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 TV UmBw nicht vor. Sie habe dem Kläger zum und damit rechtzeitig einen gleichwertigen Arbeitsplatz angeboten.

14Die Versetzung des Klägers sei wirksam. Sie habe die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß beteiligt.

15Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Berufung sei unzulässig, soweit sie sich gegen die Wirksamkeit der Versetzung richte. Es fehle an der erforderlichen Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil. Im Übrigen sei die Berufung unbegründet. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Gründe

16Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Landesarbeitsgericht die Berufung hinsichtlich der Abweisung der gegen die Versetzung gerichteten Klage als unzulässig angesehen hat. Im Übrigen ist sie unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der auf eine Härtefallregelung nach § 11 TV UmBw zielenden Anträge durch das Arbeitsgericht zurückgewiesen. Aus einer etwaig geschlossenen Härtefallregelung kann der Kläger aufgrund der wirksamen Versetzung auf den Dienstposten Objekt-ID 7 keine Ansprüche mehr herleiten. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Abschluss einer Härtefallregelung nach § 11 TV UmBw anzunehmen.

17I. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Wirksamkeit der Versetzung des Klägers auf den Dienstposten mit der Objekt-ID 7 richtet. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils enthalten ( - Rn. 18). Diesen Anforderungen genügt die Revision nicht. Mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts, die Berufung sei hinsichtlich der Abweisung der gegen die Versetzung gerichteten Klage unzulässig, setzt sich die Revision auch nicht andeutungsweise auseinander. Sie beschränkt sich auf die Wiederholung ihrer Rechtsansicht, die Versetzung sei unwirksam, weil die Beklagte mit dem Kläger eine Härtefallregelung abschließen müsse und deshalb den Kläger nicht mehr habe versetzen dürfen. Das zeigt, dass sie die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht zur Kenntnis genommen hat.

18II. Ob zwischen den Parteien eine Härtefallregelung zustande gekommen war, kann aufgrund der Rechtskraft des Urteilsausspruchs zur Wirksamkeit der mit Wirkung zum erfolgten Versetzung des Klägers auf den Arbeitsplatz mit der Objekt-ID 7 dahinstehen.

191. Der zuletzt in der Revisionsinstanz gestellte Antrag zu 1. genügt noch den Anforderungen, die § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO an die Bestimmtheit stellt (dazu  - Rn. 15).

20a) Der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen die Feststellung begehrt, dass eine Härtefallregelung mit Wirkung zum abgeschlossen worden ist. Mit seiner Revision strebt er dagegen nur noch die Feststellung an, dass eine solche Regelung zustande gekommen ist und ab Rechtskraft der revisionsgerichtlichen Entscheidung Zahlungen daraus erfolgen sollen. Der Vertrag soll zwar in der Vergangenheit geschlossen worden sein, aber ausschließlich Wirkung für die Zukunft entfalten. Der Kläger hat damit unter quantitativer Änderung seiner Forderung die Revision beschränkt.

21b) Auch der nunmehr gestellte Antrag benennt allerdings keinen Zeitpunkt, in dem nach Auffassung des Klägers die Härtefallregelung abgeschlossen worden sein soll. Der Revision lässt sich aber entnehmen, dass der Kläger der Auffassung ist, er habe mit seinem Schreiben vom ein Angebot abgegeben, das die Beklagte durch Übersendung der dem Schreiben vom 16. März bzw. beigefügten Unterlagen angenommen habe. Das sei im Personalgespräch vom bestätigt worden. So hat bereits das Landesarbeitsgericht das Begehren des Klägers verstanden. Es hat unter II 1 ausschließlich geprüft, ob in dem Schreiben des Klägers vom ein Angebot liege und ob jedenfalls in dem Personalgespräch vom eine verbindliche Härtefallregelung getroffen worden sei. Insoweit erhebt die Revision keine Rügen. In dieser Auslegung ist der Antrag hinreichend bestimmt.

222. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

23a) Auf die im Schriftsatz des Klägers vom aufgeworfene Frage, in welcher denklogischen Folge die Anträge auf Feststellung des Abschlusses einer Härtefallregelung und der Unwirksamkeit der Versetzung des Klägers mit Wirkung zum zu prüfen wären, kommt es für die Entscheidung nicht an. Aufgrund des Umstands, dass der Urteilsausspruch des Landesarbeitsgerichts zur Versetzung rechtskräftig geworden ist, steht nämlich fest, dass der Kläger seit dem auf einem Arbeitsplatz tätig ist und seine Versetzung auf diesen Arbeitsplatz wirksam ist. Gesichtspunkte, die dafür sprechen, dass dieser Arbeitsplatz kein gleichwertiger Arbeitsplatz iSd. § 3 TV UmBw ist, trägt die Revision nicht vor. Im Gegenteil räumt sie auf S. 19 der Begründung ausdrücklich ein, dass der im April 2014 angebotene Arbeitsplatz gleichwertig ist. Er befindet sich zudem ebenfalls in H und in einer Dienststelle des BMVg. Die Beklagte hätte deshalb selbst dann, wenn zunächst eine Härtefallregelung vereinbart worden wäre, den Kläger zum nach § 11 Abs. 9 Buchst. c TV UmBw reaktiviert. Es steht rechtskräftig fest, dass die Versetzung auf den Arbeitsplatz Objekt-ID 7 und damit die Reaktivierung wirksam ist. Der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wäre darum spätestens seit dem (wieder) entfallen, so dass der allein zur Entscheidung des Senats gestellte zukunftsbezogene Anspruch, aufgrund einer vor dem vereinbarten Härtefallregelung ab dem Ausgleichszahlungen nach § 11 Abs. 2 TV UmBw zu erbringen, nicht besteht.

24b) Unabhängig davon wäre der Abschluss einer Härtefallregelung im Jahr 2012 übertariflich gewesen, weil der Kläger erst am das 55. Lebensjahr vollendet hat. Die Revision legt die erforderlichen Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte ungeachtet der für Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes geltenden Vermutung des Normvollzugs (dazu  - Rn. 37) übertariflich binden wollte, nicht dar.

25III. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass auch kein Anspruch des Klägers auf Abschluss einer Härtefallregelung besteht. Aufgrund der tariflichen Ausgestaltung des § 11 TV UmBw kann die Beklagte nicht gezwungen werden, gegen ihren Willen eine Härtefallregelung abzuschließen. Zudem lagen zu keinem Zeitpunkt die tariflichen Voraussetzungen für den Abschluss einer Härtefallregelung vor. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen in der Entscheidung vom - 6 AZR 462/15 - (dort Rn. 24 ff., Rn. 17 ff.) Bezug und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen darauf. Von einem Willen der Beklagten, sich übertariflich durch eine verbindliche Zusage oder einen Vorvertrag zum Abschluss einer Härtefallregelung zu verpflichten, wäre deshalb nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte auszugehen. Derartige Anhaltspunkte sind von der Revision nicht dargelegt. Sie behauptet einen derartigen Bindungswillen nicht einmal.

26IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:171116.U.6AZR620.15.0

Fundstelle(n):
GAAAG-34779