BFH Beschluss v. - III B 71/99

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben innerhalb der Beschwerdefrist die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln.

Eine Rechtsfrage ist u.a. dann (nicht mehr) klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung dieser Frage als geboten erscheinen lassen. Die grundsätzliche Bedeutung muss —abgesehen von dem seltenen, hier nicht vorliegenden Fall der Evidenz— schlüssig dargelegt werden. Dies erfordert substantiierte und konkrete Angaben darüber, aus welchem Grunde die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit und/oder der Rechtseinheitlichkeit dienen kann. Die Beschwerde muss dazu konkret darauf eingehen, inwiefern die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage schon früher entschieden, so muss die Beschwerde eingehend begründen, warum gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH für notwendig gehalten wird. Dazu ist insbesondere darzulegen, welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwendungen in der Literatur und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung erhoben werden (vgl. , BFH/NV 1998, 1261, m.w.N.).

b) Das Finanzgericht (FG) ist in Übereinstimmung mit der im angefochtenen Urteil nachgewiesenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, dass Aufwendungen für die Adoption eines Kindes in der Regel mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbar sind (, BFHE 149, 245, BStBl II 1987, 495; vom III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; vom III R 6/87, BFH/NV 1987, 710; , BFH/NV 1990, 430).

Der BFH ist mit dieser Rechtsprechung der zuvor von einigen FG abweichend vertretenen Rechtsauffassung nicht gefolgt (vgl. dazu Nachweise bei Arndt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 33 Rdnr. C 63 ”Adoption”, der im Übrigen ebenfalls im Ergebnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung zustimmt).

Der BFH hat nicht nur mehrfach eine erneute Klärungsbedürftigkeit verneint (vgl. Beschlüsse in BFH/NV 1990, 430; vom III B 77/93, BFH/NV 1996, 39). Vielmehr findet diese Rechtsprechung auch im neueren Schrifttum inzwischen einheitlich Zustimmung (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 33 Rz. 35 ”Adoption"; Kanzler in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 33 EStG Anm. 300 ”Adoption"; Borggreve in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 33 EStG Rn. 34 c; Schmieszek in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 118 und 120; Görke in Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 45). Rüsken (Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1998, 1745, 1746), auf den sich die Beschwerde für ihre abweichende Sicht allein beruft, stimmt dieser Rechtsprechung ausdrücklich zu. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung gleichfalls uneingeschränkt angeschlossen (vgl. H 186 bis 189 ”Adoption” der Einkommensteuer-RichtlinienEStR— 1999, BStBl I 1999, Sondernr. 3).

Die Beschwerde bemerkt lediglich, in jüngerer Zeit seien an der bisherigen Rechtsprechung Zweifel aufgetreten, ohne diese Zweifel indes quellenmäßig zu belegen. Die Beschwerde enthält dementsprechend allenfalls eine Revisionsbegründung, mit der die vermeintlich unzutreffende Betrachtungsweise durch den BFH dargelegt werden soll. Indes ist ein solcher Vortrag nicht geeignet, zur Zulassung einer Revision zu führen (vgl. BFH/NV 1996, 39).

Die Beschwerde verkennt, dass der BFH die Zwangsläufigkeit von Adoptionsaufwendungen i.S. von § 33 Abs. 2 EStG keineswegs allein unter dem Aspekt der Heilbehandlungskosten für eine Krankheit untersucht hat, sondern zunächst vielmehr anhand der generell zur Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals in ständiger Rechtsprechung entwickelten Kriterien die Zwangsläufigkeit der Adoptionskosten im Regelfall sowohl aus rechtlichen, aus sittlichen als auch aus tatsächlichen Gründen verneint hat (vgl. BFH-Entscheidungen in BFHE 149, 245, BStBl II 1987, 495, unter 2. a und b der Gründe; in BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; in BFH/NV 1987, 710, und in BFH/NV 1990, 430, unter 2. der Gründe).

Der BFH hat lediglich zusätzlich zugunsten von Adoptiveltern die weitere Frage geprüft, ob eine Berücksichtigung derartiger Kosten unter Umständen unter dem Gesichtspunkt von Krankheitskosten bzw. Heilbehandlungsaufwendungen erfolgen könnte. Er hat mangels einer vergleichbaren objektiven Zwangslage allerdings die Frage verneint und die Adoption nicht als eine zielgerichtete medizinische Heilmaßnahme, sondern allenfalls als eine der privaten Lebensführung zuzurechnende Folgemaßnahme i.S. von § 12 Nr. 1 EStG beurteilt.

In seinem Urteil zur —abgelehnten— Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für eine heterologe Insemination brauchte der erkennende Senat die Frage, ob eine derartige ärztliche Maßnahme zur Beseitigung seelischer Störungen eingesetzt werden könnte nicht zu beantworten. Der Senat hat lediglich insoweit auf seine ablehnende Rechtsprechung bei den Adoptionskosten hingewiesen (vgl. , BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761).

Indes kann keine erneute Klärungsbedürftigkeit hinsichtlich von Adoptionskosten dadurch schlüssig dargelegt werden, dass die rechtliche Würdigung des BFH hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für eine homologe Insemination und die abweichende Beurteilung für Aufwendungen bezüglich einer heterogenen Insemination bekämpft wird.

2. a) Für die Bezeichnung der Abweichung nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt es nicht, die Entscheidungen, von denen das FG abgewichen sein soll, mit Datum und Aktenzeichen zu benennen. Die Beschwerde muss darüber hinaus dartun, dass das FG mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des BFH aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen sei. In der Beschwerdeschrift müssen die divergierenden Rechtssätze im Urteil des FG und in der Entscheidung des BFH einander so gegenüber gestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird.

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.

Der erkennende Senat hat im Urteil vom III R 16/92 (BFHE 172, 85, BStBl II 1994, 31) in Anknüpfung an seine bisherige Rechtsprechung ausgeführt, eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung komme bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften nur in Betracht, wenn die Bedürftigkeit des Partners gemeinschaftsbedingt ist und besondere Umstände vorliegen, die die Unterhaltsgewährung bei Würdigung der gesamten Umstände als unausweichlich erscheinen lassen. In jenem Fall war die sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung daraus abgeleitet worden, dass der im Inland lebende Verlobte die Unterhaltsbedürftigkeit seiner aus dem Ausland unter Aufgabe ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit nach Deutschland gezogenen Verlobten mitveranlasst hatte.

Im Streitfall geht es indessen nicht nur nicht um Unterhaltsleistungen, sondern —und dies ist entscheidend— auch nicht um mitveranlasste Aufwendungen für einen Dritten, sondern um eigene Aufwendungen des Steuerpflichtigen selber.

Eine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfordert indes, dass es sich um einen sog. ”mitentschiedenen” Fall handelt (vgl. , BFH/NV 1993, 667, 669, m.w.N.).

Die vom erkennenden Senat ausnahmsweise bejahte Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen, die er auch auf den Gesichtspunkt der Vorwirkungen der beabsichtigten und alsbald durchgeführten Eheschließung gestützt hat, beruht erkennbar auf einem im Vergleich zum Streitfall wesentlich anderen Sachverhalt; denn im Streitfall geht es um Aufwendungen überhaupt erst für die Anbahnung familiärer Beziehungen zu einem künftigen Adoptivkind.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1352 Nr. 11
PAAAA-65532