BFH Beschluss v. - III B 67/99

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat innerhalb der Beschwerdefrist die Zulassungsgründe nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3, Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO).

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde beurteilt sich allein nach den innerhalb der Beschwerdefrist geltend gemachten Gründen für die Zulassung der Revision. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen die Gründe für die Zulassung der Revision innerhalb der Beschwerdefrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO dargelegt werden. Mit Gründen, die erst nach Ablauf der Beschwerdefrist geltend gemacht werden, kann ein Beschwerdeführer nicht mehr gehört werden. Lediglich Erläuterungen und Ergänzungen des bisherigen Vorbringens hinsichtlich solcher Zulassungsgründe, die innerhalb der Beschwerdefrist wenigstens mit einem Mindestmaß der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Darlegung geltend gemacht worden sind, sind noch möglich (vgl. , BFH/NV 1995, 980, unter 2. c der Gründe). Andere Gründe dürfen daher bei der Prüfung der Zulassung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. , BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842, unter 1. der Gründe).

2. a) Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die grundsätzliche Bedeutung muss dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage. Es muss konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig geblieben ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen eine bereits entschiedene Rechtsfrage umstritten ist, d.h. erneut klärungsbedürftig geworden ist (vgl. , BFH/NV 1998, 1528, unter 1. der Gründe).

b) Nach ständiger Rechtsprechung ist eine gerichtliche Rechtsverfolgung selbst bei hinreichenden Erfolgsaussichten im Allgemeinen nicht zwangsläufig. Sie ist vielmehr Ergebnis einer Abwägung des Für und Wider und Ausdruck des Entschlusses des Steuerpflichtigen, wegen der von einem günstigen Ausgang des Rechtsstreits erwarteten Vorteile das Prozessrisiko auf sich zu nehmen (vgl. , BFH/NV 1997, 755, unter 2. b cc der Gründe, und vom III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, m.umf.N., dort auch zur zustimmenden herrschenden Meinung im Schrifttum). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur denkbar, wenn die Verwirklichung bestimmter Rechte selbst bei Einvernehmen der Betroffenen eine gerichtliche Entscheidung, z.B. ein familienrechtliches Gestaltungsurteil, zwingend erfordern, was z.B. bei Schadensersatzprozessen nicht der Fall ist (vgl. , BFH/NV 1996, 882, unter 2. der Gründe, m.w.N.). Des Weiteren hat der erkennende Senat eine Ausnahme in Betracht gezogen, sofern ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich berührt, so dass für jenen die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen unter Umständen trotz unsicherer Erfolgsaussichten existenziell erforderlich ist, weil er anderenfalls Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Der BFH hat allerdings ebenfalls ausgeführt, dass der Grundsatz, wonach Kosten eines Zivilprozesses regelmäßig keine außergewöhnlichen Belastungen darstellten, keine starre Regel sei (so bereits , BFHE 77, 487, BStBl III 1963, 499). Die Vielfalt der prozessualen Gestaltungen erfordere vielmehr, den jeweiligen Streitgegenstand und die Ursache des Streits zu berücksichtigen (vgl. , BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745). In dem im Urteil des BFH in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596 in Bezug genommen Urteil ist hierzu näher erläutert, es sei eine durch die Gegebenheiten des Einzelfalles hervorgerufene Zwangsläufigkeit von der generellen und rein rechtlichen Notwendigkeit, zur weiteren Verfolgung von Ansprüchen richterliche Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, zu unterscheiden. Nur wenn aufgrund der besonderen Gegebenheiten und Umstände des Einzelfalles die Führung des Prozesses zwangsläufig sei, könne eine Berücksichtigung der Kosten des Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung ausnahmsweise in Betracht kommen. Bereits im Urteil in BFHE 77, 487, BStBl III 1963, 499, auf das sich der Kläger wegen einer möglichen Erweiterung der Fallgruppen beruft, hat der BFH ausdrücklich bemerkt, bei der Vielgestaltigkeit der Belastungen von Steuerpflichtigen durch Prozesskosten sei es nicht möglich, allgemein gültige Regeln darüber aufzustellen, wann Prozesskosten nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werden könnten.

Die Beschwerde setzt sich indes weder mit diesen von der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, die auch von der herrschenden Meinung im Schrifttum gebilligt werden (vgl. Brockmeyer, Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 1998, 214, 219, und Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 33 ”Prozesskosten”) inhaltlich umfassend auseinander, noch legt die Beschwerde dar, wie abweichend von der ständigen Rechtsprechung anstelle einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls ein genereller und abstrakter Rechtssatz mit dem vom Kläger begehrten Inhalt zu entwickeln wäre (vgl. dazu auch , BFH/NV 2000, 211, 212).

3. Die Beschwerde legt ebenso wenig die behauptete Divergenz hinreichend dar.

Hierfür muss vorgetragen werden, dass das Finanzgericht (FG) mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des BFH aufgestellten eben solchen Rechtssatz abgewichen sei. In der Beschwerdeschrift müssen die divergierenden Rechtssätze im Urteil des FG und in der Entscheidung des BFH einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird. Hingegen genügt es nicht, wenn das FG die vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätze lediglich auf den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt unzutreffend angewendet haben soll (vgl. , BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, unter I. der Gründe, m.w.N.).

Die Beschwerde stellt bereits keinen angeblich von der Rechtsprechung des BFH abweichenden abstrakten und tragenden, dem angefochtenen Urteil des FG zugrunde liegenden Rechtssatz heraus. Vielmehr beanstandet die Beschwerde gerade, das FG stelle allein auf die vermeintliche ”Erlangung einer Erbschaft” ab und habe verkannt, dass es sich hierbei nur um eine zwangsläufige Folge des eigentlichen Prozessziels handele, nämlich die Verhinderung, dass die Täter über den —vom Beschwerdeführer behaupteten— Mord hinaus noch für ihre Tat belohnt würden. Gleiches gelte für den Zivilprozess mit der Stadt X.

Damit wird aber im Kern nur eine unrichtige Rechtsanwendung behauptet.

4. Die Beschwerde bezeichnet schließlich auch keine Verfahrensmängel.

a aa) Zur schlüssigen Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—, § 96 Abs. 2 FGO) gehört, dass substantiiert dargelegt wird, wozu sich die Beteiligten nicht haben äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätten. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Überlegung, dass derjenige, der nichts hätte vortragen können, sich nicht auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen kann. Darüber hinaus muss dargelegt werden, dass bei Berücksichtigung des nicht beachteten Sachvortrags eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre und inwieweit der Kläger alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, sich das rechtliche Gehör vor dem FG zu verschaffen (vgl. , BFH/NV 1995, 610, 611, m.w.N.; Urteil vom IV R 48/98, BFHE 188, 273, BStBl II 1999, 531; Beschluss vom IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511 zum sog. Überraschungsurteil).

bb) Der Kläger hat gerügt, das FG habe einen Brief des Klägers an seine Schwägerin vom…(S. 28 des Urteils) in entscheidungserheblicher Weise verwertet, ohne dass dieses Schreiben von den Verfahrensbeteiligten in das Klageverfahren eingeführt oder vom Gericht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sei. Es befinde sich weder in den Gerichtsakten noch in den beigezogenen Akten. Es könne nur vermutet werden, wie es zur Kenntnis des erkennenden Senats beim FG gelangt sei.

Es trifft zu, dass das Gericht gehalten ist, den Beteiligten die Beiziehung von Akten oder Urkunden anderer Gerichte und Behörden mitzuteilen und Ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, selbst dann, wenn diese Akten oder Urkunden dem Kläger vollständig bekannt sind (vgl. , BFH/NV 1994, 359, unter 1 a der Gründe, m.w.N.; vom II R 94/67, BFHE 102, 207, BStBl II 1971, 597, unter 2. der Gründe; , BVerfGE 20, 347, 349).

Indes hat der Kläger innerhalb der Beschwerdefrist (s. oben unter 1. der Gründe) insoweit nur Ausführungen dazu gemacht, wie das Gericht mutmaßlich in den Besitz des Schreibens gelangt sei, nicht aber dazu, was er bei einer entsprechenden rechtzeitigen Information durch das FG an Umständen, die für die Würdigung des Schreibens selbst erheblich sein könnten, noch vorgetragen hätte.

b) Der Kläger rügt des Weiteren, der Vorsitzende Richter am FG habe wörtlich geäußert, die sittlichen Verpflichtungen seien bei dieser Sachlage nicht von der Hand zu weisen. Demgegenüber verneine das Gericht in dem angefochtenen Urteil völlig überraschend eine sittliche Verpflichtung, ohne ihm, dem Kläger, zuvor durch einen Hinweis Gelegenheit gegeben zu haben, sich zu einer gewandelten Auffassung des Gerichts zu äußern.

Es kann offen bleiben, ob und in welchem konkreten Zusammenhang eine derartige, aus der Sitzungsniederschrift vom…allerdings nicht zu entnehmende Bemerkung des Vorsitzenden Richters am FG im Verlauf der mündlichen Verhandlung gefallen ist. Im angefochtenen Urteil (S. 27 erster Absatz letzter Satz) findet sich eine inhaltlich entsprechende Aussage des Gerichts, die aber auf einen anderen Sachverhalt, nämlich auf die Aufwendungen für die Strafverfolgung in Form einer Anzeigenerstattung bezogen ist.

Indes bedarf auch die schlüssige Rüge der Verletzung der Hinweispflicht des Gerichts (vgl. § 76 Abs. 2 FGO) nicht nur der genauen Angabe, worauf das Gericht hätte hinweisen und welche Fragen hätten gestellt werden sollen, sondern —ebenso wie bei der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs— was die Beteiligten dann noch konkret vorgetragen hätten (vgl. , BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, unter II. 3. c ff der Gründe, m.w.N.).

Daran fehlt es hier ebenfalls. Der Kläger hat innerhalb der Beschwerdefrist (s. oben unter 1. der Gründe) lediglich darauf hingewiesen, was sein Vertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt habe und was das Gericht ihm, dem Kläger, gleichwohl —unzutreffend— unterstellt habe, nämlich dass es ihm nur um Vermögensvorteile gegangen sei. Damit wird allenfalls ein materiell-rechtlicher Fehler geltend gemacht, der keinen Verfahrensverstoß zu begründen vermag (vgl. , BFH/NV 1995, 416).

c) Der Kläger rügt ferner, das Gericht habe zum einen die Äußerung des Vorsitzenden Richters am FG, zum anderen seine vorgetragene Absicht, eine Stiftung zu errichten, nicht in das Sitzungsprotokoll aufgenommen.

Der Kläger hätte insoweit u.a. jedoch vortragen müssen, dass das Gericht die Aufnahme dieser Erklärung in das Protokoll abgelehnt habe (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung) und er von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, die Berichtigung des Protokolls zu beantragen (vgl. , BFH/NV 1998, 859; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 94 FGO Tz. 7, m.umf.N.).

An einem derartigen Vortrag fehlt es.

Von einer weiteren Begründung sieht der erkennende Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1091 Nr. 9
VAAAA-65530