BFH Beschluss v. - II S 13/99

Gründe

I. Der Antragsteller und sein Bruder waren durch Testament vom zu je 1/2 als Vorerben ihres 1981 verstorbenen Onkels (Erblasser) eingesetzt worden. Der Erblasser hatte außerdem Testamentsvollstreckung angeordnet und in § 13 des Testaments zusätzlich verfügt, dass die Brüder ein bestimmtes Grundstück, das Anwesen X, je zur Hälfte als Vorausvermächtnis erhalten sollten. Aufgrund dieses Testaments sowie eines entsprechenden gemeinschaftlichen Erbscheins und einer vorläufigen Erbschaftsteuererklärung des Testamentsvollstreckers erließ die damals zuständige Steuerbehörde am einen gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vollen Umfangs vorläufigen Erbschaftsteuerbescheids gegen den Antragsteller, mit dem sie die Steuer auf ... DM festsetzte. Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten des Testamentsvollstreckers, der auch die Steuererklärung erstellt und eingereicht hatte, bekannt gegeben und die Steuer sodann durch den Testamentsvollstrecker aus dem Nachlass entrichtet.

Als 1986 ein handschriftlicher Nachtrag vom November 1978 zu dem genannten Testament aufgefunden wurde, der dessen § 12 über die Erbeinsetzung dahin änderte, dass der Bruder alleiniger Vorerbe sein solle, zog das Amtsgericht den alten Erbschein ein und erließ einen nur noch den Bruder als Vorerben ausweisenden neuen. Der Testamentsvollstrecker sowie der mittlerweile zuständig gewordene Antragsgegner (das Finanzamt —FA—) verstanden den Nachtrag dahin, dass der Antragsteller Vermächtnisnehmer bezüglich des hälftigen Anteils am Anwesen X geblieben sei. Infolgedessen setzte das FA die Erbschaftsteuer für den Antragsteller durch gemäß § 165 Abs. 2 AO 1977 geänderten und für endgültig erklärten Bescheid vom , den es wiederum dem Bevollmächtigten des Testamentsvollstreckers bekannt gab, auf ... DM herab. Die sich daraus ergebende Überzahlung wurde dem Testamentsvollstrecker durch Umbuchung auf die erhöhte Erbschaftsteuer für den Bruder erstattet.

Im Juni 1992 wandte sich der Antragsteller an das FA, ihm die verbliebene Erbschaftsteuer von ... DM zu erstatten. Unter Bezugnahme auf den neuen Erbschein, der wie zuvor der eingezogene ausdrücklich darauf hinwies, dass sich das Recht der Nacherben nicht auf das Anwesen X erstrecke, vertrat er die Ansicht, aufgrund des Nachtragstestaments weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden zu sein. Demzufolge habe er durch das Ableben des Erblassers nichts von Todes wegen erworben und sei insoweit keine Erbschaftsteuer entstanden. Das FA lehnte eine Erstattung durch Abrechnungsbescheid vom ab, in dem es mitteilte, die durch den endgültigen Bescheid festgesetzte Steuer sei ausgeglichen.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag, den Abrechnungsbescheid dahin zu ändern, dass ein Erstattungsanspruch von ... DM festgesetzt werde. Dazu trug er ergänzend vor, der endgültige Bescheid vom Mai 1989 sei ihm gegenüber nicht wirksam geworden. Auch die Klage blieb erfolglos. Daraufhin legte der Antragsteller sowohl eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als auch eine Revision nach § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein. Für beide Verfahren beantragt er unter Beifügung einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Prozesskostenhilfe (PKH).

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

Es kann auf sich beruhen, ob der Antragsteller vollständige Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Jedenfalls bietet weder die Nichtzulassungsbeschwerde noch die als zulassungsfrei eingelegte Revision hinreichende Erfolgsaussichten.

Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussichten auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung sind anzunehmen, wenn für ihren Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. , BFH/NV 1996, 64). Eine derartige Wahrscheinlichkeit besteht für die genannten Rechtsmittelverfahren nicht.

1. Nichtzulassungsbeschwerde

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Antragsteller geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu wegen der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Person, die aufgrund einer nachträglich aufgefundenen letztwilligen Verfügung ihre Stellung als Erbe verloren habe, trotz nicht mehr änder- oder aufhebbarem Steuerbescheid die Erstattung der Erbschaftsteuer erreichen könne. Diese Frage ist —zumindest bei lediglich summarischer Prüfung— nicht klärungsbedürftig, weil sie ohne weiteres aus dem Gesetz dahin zu beantworten ist, dass ein Erstattungsanspruch nicht festgesetzt werden kann, wenn der der Zahlung zugrunde liegende Steuerbescheid, wie im Streitfall der ursprüngliche Bescheid vom , nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann (vgl. § 169 Abs. 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 2 und § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977). Die Aussage, das Finanzgericht (FG) habe eine bestimmte Entscheidung des BFH nicht beachtet, stellt keine schlüssige Divergenzrüge i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO dar, sondern lediglich eine Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung. Die fehlerhafte Rechtsanwendung zählt jedoch nicht zu den Gründen für eine Zulassung der Revision. Die Verfahrensrügen lassen ebenfalls keine Zulassung der Revision erwarten, weil bei summarischer Prüfung die Entscheidung des FG nicht auf den gerügten Mängeln i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruhen kann. Das FG hat das Bestehen eines durchsetzbaren Erstattungsanspruchs verneint, weil nach seiner Ansicht zwar der geänderte Bescheid vom Mai 1989 keine Rechtswirkung entfaltet, daraus aber zugleich gefolgert, dass dann der ursprüngliche Bescheid aus dem Jahr 1984 noch in Kraft sei und damit nach wie vor den Rechtsgrund für die verbliebene Steuerzahlung von 686 150 DM bildet. Diese Aussage gilt unabhängig davon, ob der Antragsteller Vermächtnisnehmer geblieben ist oder nicht. Im Übrigen hat sich das FG an keiner Stelle die Ansicht, der Antragsteller sei Vermächtnisnehmer geblieben, zu Eigen gemacht. Es hat lediglich zutreffend ausgeführt, dass mit dem geänderten Bescheid vom Mai 1989 ein vermächtnisweiser Erwerb besteuert werden sollte und daher die Bekanntgabe des Bescheids nur gegenüber dem Testamentsvollstrecker nicht ausreicht (vgl. , BFHE 162, 380, BStBl II 1991, 49).

2. Revision

Auch der Revision fehlt es bei summarischer Prüfung an hinreichenden Erfolgsaussichten. Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet die Revision grundsätzlich nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat. Einer Zulassung zur Einlegung der Revision bedarf es gemäß § 116 Abs. 1 FGO ausnahmsweise dann nicht, wenn einer der dort abschließend aufgeführten wesentlichen Verfahrensmängel gerügt wird. Als einzigen danach überhaupt in Betracht kommenden Verfahrensmangel macht der Antragsteller lediglich geltend, die Entscheidung des FG sei nicht mit Gründen versehen. Dies trifft jedoch nicht zu. An dem Mangel fehlender Gründe i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO leidet eine Entscheidung, die den Beteiligten keine Überprüfung ermöglicht, weil nicht erkennbar ist, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen sie beruht (, BFHE 116, 540, BStBl II 1975, 885, sowie , BFH/NV 1995, 230). Dies ist der Fall, wenn Gründe gänzlich fehlen oder ein eigenständiger Klagegrund oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 230). Das Fehlen der Gründe ist abzugrenzen gegen unvollständige oder unzureichende Gründe, bei denen lediglich auf einzelne Argumente der Beteiligten nicht eingegangen worden ist. Letztlich ist entscheidend (so der , BGHZ 39, 333, 338), ob erkennbar ist, welcher Grund —mag dieser tatsächlich vorgelegen haben oder nicht, mag er rechtsfehlerhaft beurteilt worden sein oder nicht— für die Entscheidung über den einzelnen Anspruch (Klagegrund) und das einzelne Verteidigungsmittel maßgebend gewesen ist. Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des FG gerecht. Sie lässt ohne weiteres erkennen, dass ein durchsetzbarer Erstattungsanspruch deshalb abgelehnt wird, weil dem in Gestalt des ursprünglichen Erbschaftsteuerbescheids noch eine wirksame Steuerfestsetzung entgegensteht.

Fundstelle(n):
GAAAA-65467