BFH Beschluss v. - II B 71/99

Gründe

Durch Bescheid vom setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) gegen die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Vermögensteuer für 1995 und 1996 fest. Mit der dagegen gerichteten Klage wurde geltend gemacht, dass § 10 Nr. 1 Satz 1 des Vermögensteuergesetzes (VStG) i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogrammes (FKPG) vom (BGBl I 1993, 944), die mit Wirkung ab galt, verfassungswidrig sei. Die vorgenommene Erhöhung der Vermögensteuer für natürliche Personen auf 1 v.H. verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die in der Regelung enthaltene Privilegierung bestimmter Vermögensarten (land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen und Wirtschaftsgüter i.S. des § 110 Abs. 1 Nr. 1 des BewertungsgesetzesBewG— in der damals geltenden Fassung) verstieße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Regelung führe insbesondere zu einer unterschiedlichen Besteuerung des Grundeigentums und von Anteilen an offenen Immobilienfonds einerseits und festverzinslichen Wertpapieren und Anteilen an Investmentfonds mit ausschließlichem Bestand an festverzinslichen Wertpapieren andererseits. Diese Regelung sei angesichts der Identität der Steuergegenstände mit dem Gleichheitssatz unvereinbar.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Nach dem (BStBl II 1995, 655) sei ungeachtet der Unvereinbarkeit des § 10 VStG mit Art. 3 Abs. 1 GG das geltende VStG zur Gewährleistung einer stetigen Veranlagung der Vermögensteuer bis zum weiter anzuwenden. Diese Verfassungsrechtsprechung erstreckte sich auch auf Vermögensteuerveranlagungen im zeitlichen Anwendungsbereich des FKPG und damit auf die Neufassung des § 10 VStG. Die Revision hat das FG nicht zugelassen.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der diese grundsätzliche Bedeutung und Divergenz als Gründe zur Zulassung der Revision geltend macht.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet, da ein Grund zur Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorliegt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wirft der Rechtsstreit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO auf.

Mit seinem Beschluss in BStBl II 1995, 655 hat das BVerfG zwar § 10 Nr. 1 VStG mit dem GG für unvereinbar erklärt, gleichzeitig jedoch angeordnet, dass das bisher geltende Recht bis zum weiterhin anzuwenden ist. Daraus folgt, dass das VStG insgesamt weiterhin auf alle bis zum verwirklichten Tatbestände anzuwenden ist (vgl. , BStBl II 1998, 422; , BFH/NV 1998, 1385).

Die vom BVerfG wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG erklärte Unvereinbarkeit des § 10 Nr. 1 VStG bezieht sich auf dessen —für den anhängigen Rechtsstreit nicht maßgebliche— alte Fassung. Die vom BVerfG gleichzeitig angeordnete befristete Weiteranwendung des damals geltenden Vermögensteuerrechts für 1995 und 1996 erfasst jedoch notwendigerweise die Vorschrift in der neuen —für den Rechtsstreit maßgeblichen— Fassung. Das FKPG war zum Zeitpunkt des Beschlusses des BVerfG zur Vermögensteuer bereits in Kraft. Das BVerfG hat mithin in Kenntnis der von der Klägerin gerügten Neufassung der Vorschrift deren Weiteranwendung angeordnet. Daraus ist zu schließen, dass das BVerfG aus der darin vorgesehenen Erhöhung des Steuersatzes für natürliche Personen und der Differenzierung des Steuersatzes für die angeordnete Restlaufzeit des Vermögensteuerrechts keine verfassungsrechtlichen Konsequenzen ziehen wollte. Damit ist die von der Klägerin herausgestellte Frage möglicher Verstöße der Vorschrift gegen Art. 14 und Art. 3 GG als durch die Entscheidung des BVerfG mit geklärt anzusehen.

Im Übrigen ergeht der Beschluss nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1260 Nr. 10
BAAAA-65434