Gründe
I. Die…1951 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist seit 1988 verwitwet. In den Streitjahren 1989 bis 1992 lebte ihr am…1977 geborener Sohn bei ihr. Seit November 1988 bezieht die Klägerin von der Bundesknappschaft eine erhöhte Witwenrente gemäß § 69 Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), zu der es im Rentenbescheid vom u.a. heißt: ”Bis zur Vollendung des 45.Lebensjahres besteht Anspruch auf die erhöhte Hinterbliebenenrente, solange Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorliegt oder mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind erzogen ... wird.” Die Einkünfte der fachkundig beratenen Klägerin aus dieser Rente hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) für die Streitjahre gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) erklärungsgemäß mit einem Ertragsanteil von 53 v.H. zur Einkommensteuer herangezogen. Die Klägerin erstrebte nach erfolglosem Antrags- und Einspruchsverfahren mit ihrer Klage unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) die Korrektur der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1992 mit der Begründung, der Rentenbescheid sei ein für die Einkommensteuerveranlagung bindender Grundlagenbescheid, demzufolge es sich bei der bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ihres Sohnes bezogenen erhöhten Witwenrente um eine abgekürzte Leibrente i.S. des § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) handele, so dass die Rente mit einem Ertragsanteil von nur 12 v.H. hätte besteuert werden dürfen. Gegen die Nichtzulassung der Revision im klageabweisenden Urteil des Finanzgerichts (FG) wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde, mit der sie Divergenz des angefochtenen Urteils von zwei Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) rügt.
II. Die Beschwerde ist unbegründet, weil kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegeben ist.
1. Divergenz zu den in der Beschwerdeschrift genannten Urteilen des BFH liegt nicht vor: Zwar beruht das angefochtene Urteil auf dem Rechtssatz, dass den Rentenbescheiden der Bundesknappschaft, die zur Zahlung der erhöhten Witwenrente an die Klägerin ergangen sind, hinsichtlich der für die Bemessung der Einkommensteuer in den bestandskräftigen Bescheiden maßgeblichen Gesichtspunkte keine Bindungswirkung i.S. der §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 zukommt; doch liegt den zur Beschwerdebegründung angeführten BFH-Urteilen kein hiervon abweichender tragender abstrakter Rechtssatz (zu den Erfordernissen der Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Einzelnen s. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 206/98, BFH/NV 1999, 1495, 1496; vom V B 19/99, BFH/NV 2000, 207, 208; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 16 ff. und 63, jeweils m.w.N.) zugrunde:
- Die dem (BFHE 65, 571, BStBl III 1957, 452) zugesprochene Erkenntnis —"Rentenbescheide sind vom Finanzamt der Besteuerung zugrunde zu legen. Eine selbständige Prüfung des Rentenbescheides steht dem Finanzamt nicht zu"— ist in dem von der Klägerin geltend gemachten generellen Umfang nicht entscheidungsbegründend. Die Prüfung der Urteilsbegründung ergibt vielmehr, dass im dort zu entscheidenden Fall nicht über die Bindungswirkung jeder Art von Rentenbescheiden und auch nicht über jegliche in einem solchen Verwaltungsakt enthaltene Aussage zu befinden war, sondern allein über einen Rentenbescheid der zuständigen Sozialbehörde zur Erwerbsminderung und die Bedeutung einer solchen Entscheidung für die Finanzbehörden. Mit dieser inhaltlichen Einschränkung ist die Einwirkung derartiger Verwaltungsakte auf Steuerbescheide auch in der Folge durchweg verstanden worden (s. z.B. , BFHE 164, 198, BStBl II 1991, 717; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., 1999, § 33b Rz. 7, jeweils m.w.N.). Schon deswegen ist ein inhaltlicher Widerspruch zu dem das angefochtene Urteil tragenden Rechtssatz, dass die Finanzbehörden (und -gerichte) über den Ertragsanteil i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG bzw. des § 55 EStDV eigenständig zu entscheiden haben, nicht gegeben.
- Im Kern dasselbe gilt für die angebliche Divergenz zum (BFHE 84, 53, BStBl III 1966, 19): Auch die darin getroffene Entscheidung wird nicht —weder ausdrücklich noch konkludent— von dem abstrakten Rechtssatz getragen: ”Rentenbescheide sind Grundlagenbescheide für den Fiskus. Ihre Überprüfung ist nur möglich, wenn sie offensichtlich rechtswidrig sind.” Die Urteilsbegründung insgesamt macht vielmehr deutlich, dass es dort der Sache nach nur darum ging, inwieweit Rentenbescheide der Sozialversicherungsträger hinsichtlich der Renteneigenschaft und Rentenhöhe im Besteuerungsverfahren verbindlich sind. Dass der zweite Leitsatz weiter gefaßt ist, ändert hieran nichts. Denn das Gewicht eines Rechtssatzes ist nach dessen wirklicher, objektiver Bedeutung für die getroffene Entscheidung zu beurteilen. Zu dem im Streitfall maßgeblichen, rein steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmal des Ertragsanteils (und der für ihn bestimmenden Maßgrößen) jedenfalls enthält auch dieses höchstrichterliche Urteil nichts für die Rechtsfindung Vorgreifliches. Für die im Streitfall bedeutsamen Qualifikationsmerkmale kommen —wie das FG zutreffend erkannt hat— die hier in Frage stehenden Rentenbescheide als Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 vor allem deshalb nicht in Betracht, weil sie nichts verbindlich regeln , was (auch) für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung der in Frage stehenden Rentenbezüge relevant ist. Die hierfür bedeutsamen Aussagen solcher Rentenbescheide, wie etwa zum Alter der Bezugsberechtigten zum Beginn der Rentenzahlung usw., erschöpfen sich vielmehr im Tatsächlichen , im Wesentlichen vergleichbar den Daten, die sich einem Vertragswerk für die einkommensteuerrechtliche Würdigung entnehmen lassen. Nichts anderes ergibt sich aus dem in der Beschwerdebegründung zitierten Senatsurteil vom X R 16/85 (BFHE 156, 432, BStBl II 1989, 551), in dem vielmehr ausdrücklich (unter 4. b dd) die Eigenständigkeit der für die Leibrentenbesteuerung maßgeblichen Kriterien auch gegenüber dem Sozialversicherungsrecht hervorgehoben wird.
2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) entfällt ebenfalls (zum Verhältnis von § 115 Abs. 2 Nr. 2 zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO s. Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 16, m.w.N.). Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Verwaltungsakte anderer (”ressortfremder”) Behörden für Finanzbehörden und Finanzgerichte i.S. der §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 Bindungswirkung entfalten, kann prinzipiell als geklärt gelten (s. dazu: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz. 110 und 114 ff.; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz. 93, jeweils m.w.N.). Das Beschwerdevorbringen lässt hierzu keinen weiteren Klärungsbedarf erkennen (zur verstärkten Darlegungslast in solchen Fällen: , BFH/NV 2000, 477, 478).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 156 Nr. 2
KAAAA-64916