BFH Beschluss v. - XI R 1/16

Kindergeld: Pflegekindschaftsverhältnis; Erfordernis der Haushaltsaufnahme

Leitsatz

Ein zum Bezug von Kindergeld berechtigendes Pflegekindschaftsverhältnis i.S. von § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass der Kindergeldberechtigte das Pflegekind in seinen Haushalt aufgenommen hat .

Gesetze: § 32 Abs 1 Nr 2 EStG 2009, § 63 Abs 1 S 1 EStG 2009, EStG VZ 2014, Art 3 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: 14 K 1304/15 Urteil,

Tatbestand

1I. Die Beteiligten streiten darum, ob die Berücksichtigung als Pflegekind (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) eine Haushaltsaufnahme voraussetzt.

Gründe

2II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

31. Die Revision ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein Pflegekind i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG (weiterhin) in den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommen sein muss. Dies ist nach den tatsächlichen Feststellungen des FG vorliegend nicht der Fall.

6c) Sowohl nach altem wie nach neuem Recht setzt dies gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. , BFH/NV 2007, 1855, Rz 25; vom III R 70/09, BFH/NV 2012, 1446, Rz 13; BFH-Beschlüsse vom III B 96/09, BFH/NV 2011, 788, Rz 7; vom VI B 13/12, Zeitschrift für Steuern & Recht --ZSteu-- 2012, R1161, Rz 2; vom III B 18/14, BFH/NV 2015, 701, Rz 12) u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Die Finanzverwaltung (A 11.1 Abs. 1 Satz 1 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz, BStBl I 2016, 826, 854) und die Literatur (z.B. Felix in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 63 Rz 2; Grönke-Reimann in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 32 EStG Rz 47; Schmidt/Loschelder, EStG, 35. Aufl., § 32 Rz 15; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 32 Rz 230 f.; Blümich/Selder, § 32 EStG Rz 19; HHR/Wendl, § 63 EStG Rz 6 "Haushaltsaufnahme") teilen diese Auffassung.

7d) An dieser Haushaltsaufnahme fehlt es im Streitfall. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG wohnte A im Streitzeitraum in einer eigenen Wohnung, was das FG dahin gehend gewürdigt hat, A sei im Streitzeitraum nicht in den Haushalt der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) aufgenommen gewesen. Diese Würdigung ist möglich, verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und wird nicht mit Verfahrensrügen angegriffen; sie bindet daher den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in ZSteu 2012, R1161, Rz 3; in BFH/NV 2015, 701, Rz 12).

8e) Der Einwand der Klägerin, nach dem Gesetzeswortlaut sei eine Haushaltsaufnahme nicht mehr erforderlich, greift nicht durch. Die Formulierung in § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG "sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat" setzt vielmehr weiterhin (positiv) eine Haushaltsaufnahme des Pflegekindes voraus, die (negativ) nicht zu Erwerbszwecken erfolgt sein darf. Diese Auslegung wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt, wonach mit der Gesetzesänderung "Pflegekinder, die der Steuerpflichtige bzw. Kindergeldberechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat, berücksichtigt [werden], ohne dass es eines Nachweises der tatsächlichen Unterhaltsaufwendungen bedarf" (so BTDrucks 15/1945, S. 9).

92. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt in der Ablehnung des Pflegekindschaftsverhältnisses durch die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) auch keine unzulässige Ungleichbehandlung (vgl. , BFH/NV 2005, 1547, Rz 20).

103. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2016:B.121016.XIR1.16.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2017 S. 298 Nr. 3
EStB 2017 S. 63 Nr. 2
JAAAF-90185