„BEPS-Umsetzungsgesetz I“ in Kraft getreten!
Liebe Leserinnen und Leser,
die OECD hat in 15 Problemfeldern Lösungsvorschläge zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Gewinnverkürzung und -verlagerung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS) erarbeitet. Im Zuge des BEPS-Projekts wurde auch die EU-Amtshilfe-RL 2011/16/EU durch die RL 2015/2376 vom und 2016/881 vom geändert und die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum verfahrensrechtliche Regelungen zu den BEPS-Aktionspunkten 5 und 13 in nationales Recht umzusetzen. Es handelt sich dabei um den Austausch von Informationen über Tax Rulings mit grenzüberschreitendem Inhalt sowie länderbezogener Berichte (Country-by-Country-Reports – CbCR) international tätiger Konzerne ab einer bestimmten Größenordnung. Flankiert wird dies durch ein am von 31 Staaten – einschließlich der Bundesrepublik Deutschland – abgeschlossenes multilaterales Abkommen über CbCR (Gesetz vom , BGBl 2016 II S. 1178), dem sich insgesamt 50 Staaten angeschlossen haben (Stand: ).
Nunmehr wurde das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom , BGBl 2016 I S. 3000 („BEPS-Umsetzungsgesetz I“) verkündet (vgl. auch Merker, SteuerStud 2/2017 S. 90 NWB UAAAF-89961). Es enthält umfangreiche Änderungen des EU-Amtshilfegesetzes (EU-AHiG), die Erweiterung der Dokumentationspflichten zu Verrechnungspreisen (§ 90 Abs. 3 AO) und in § 138a AO (neu) die Kodifizierung einer länderbezogenen Berichtspflicht multinationaler Unternehmensgruppen. Nach § 7 Abs. 3, 4 EU-AHiG n. F. erfolgt ein automatischer Austausch unter den EU-Mitgliedstaaten über Basisinformationen zu grenzüberschreitenden sog. Vorbescheiden sowie Vorabverständigungen über Verrechnungspreisgestaltungen (Advance Pricing Agreements – APA). Im Einklang mit der EU-RL 2015/2376 enthält § 7 Abs. 4 EUAHiG dabei eine rückwirkende Erfassung der im Zeitraum – getroffenen, geänderten oder erneuerten „Vorbescheide“ und APA. Der Begriff „Vorbescheid“ erfasst verbindliche Auskünfte (§ 89 Abs. 2 AO), verbindliche Zusagen nach einer Außenprüfung (§ 204 AO) und („tatsächliche“) Verständigungen mit jeweils grenzüberschreitendem Inhalt (§ 2 Abs. 3 EUAHiG n. F.). Die Übermittlung erfolgt vom BZSt an die zentralen Verbindungsbüros der anderen Mitgliedstaaten – und in umgekehrter Richtung – erstmals in 2017 (§ 5 Abs. 2 EUAHiG; vgl. bereits Seer, IWB 2015 S. 870 ff. NWB IAAAF-09667). Ein automatischer Austausch greift auch bzgl. der CbCR, die im Inland ansässige multinationale Konzernobergesellschaften oder an ihre Stelle tretende Konzerngesellschaften nach § 138a AO (neu) dem BZSt im Wege elektronischer Standardformblätter für nach dem begonnene bzw. beginnende Wj. zu erstatten haben (§ 7 Abs. 10 EUAHiG n. F.). Sie betreffen multinationale Konzerne mit konsolidierten Umsatzerlösen von mind. 750 Mio. € und umfassen gem. § 138a Abs. 2 AO (neu) einen getrennten Ausweis der Erlöse aus Geschäftsvorfällen mit nahestehenden und fremden Unternehmen, die im und für das jeweilige Wj. gezahlte bzw. zurückgestellte Ertragsteuern, das Jahresergebnis vor Ertragsteuern, das Eigenkapital, den einbehaltenen Gewinn, die Zahl der Beschäftigten und die materiellen Vermögenswerte. Abzuwarten ist, ob diese Transparenzoffensive brauchbare Erkenntnisse für eine effektivere Prüfung grenzüberschreitender Aktivitäten liefern wird. Jedenfalls dürfen die legitimen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen nicht einseitig geopfert werden; der in § 7 Abs. 8 EUAHiG n. F. vorgesehene Ausschluss der Anhörungspflicht des § 117 Abs. 4 Satz 3 AO ist einschränkend auszulegen (vgl. bereits Seer, IWB 2016 S. 6 NWB DAAAF-29450).
Herzliche Grüße
Ihr
Roman Seer
Fundstelle(n):
SteuerStud 2/2017 Seite 73
TAAAF-89957