BGH Beschluss v. - 4 StR 354/16

Konkurrenzen bei Urkundenfälschung: Mehrmaliger Gebrauch gefälschter Kraftfahrzeugkennzeichen

Gesetze: § 52 StGB, § 267 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Bad Kreuznach Az: 1 Ks 1023 Js 12511/15

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, Urkundenfälschung in zwei Fällen sowie Sachbeschädigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Idar-Oberstein vom nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Seine nach Gewährung von Wiedereinsetzung in den  vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Rechtsmittels zulässige Revision führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und dem Wegfall einer Einzelstrafe. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Dem Angeklagten war nach der Versäumung der Frist zur Begründung der Revision auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift vom Bezug.

32. Der Schuldspruch war wie aus der Beschlussformel ersichtlich abzuändern.

4a) Die Annahme zweier rechtlich selbständiger Taten der Urkundenfälschung in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe (Fälle 4 und 5 der Anklageschrift vom ) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5Zwar trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe sein mit falschen amtlichen Kennzeichen versehenes Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte (vgl. , Rn. 10; Beschluss vom – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. , Rn. 5; Beschluss vom – 4 StR 164/15, Rn. 10; Beschluss vom – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3). Nach den Feststellungen nutzte der Angeklagte sein mit falschen Kennzeichen versehenes Fahrzeug am um 20.15 Uhr (Fall II. 5 der Urteilsgründe) und am um 9.00 Uhr (Fall II. 6 der Urteilsgründe) im öffentlichen Straßenverkehr. Aus der zugrunde liegenden Beweiswürdigung ergibt sich, dass er dazu am um 9.00 Uhr gegenüber einem Angehörigen des kommunalen Vollzugsdienstes angab, die (falschen) Kennzeichen am Vorabend selbst angebracht zu haben. Danach ist es nicht ausgeschlossen und bei der Beurteilung der Konkurrenzen auch zugunsten des Angeklagten anzunehmen, dass er schon beim Anbringen der Kennzeichen den Vorsatz zu einer zeitnahen Mehrfachnutzung des Fahrzeugs mit den falschen Kennzeichen hatte. Das hat zur Folge, dass der in der Fahrzeugnutzung liegende mehrfache Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten (vgl. , Rn. 5; Beschluss vom – 4 StR 164/15, Rn. 10).

6b) Im Fall II. 7 der Urteilsgründe wird die Annahme einer (tateinheitlich) verwirklichten vollendeten Nötigung von den Feststellungen nicht getragen. Danach fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw gezielt auf die Zeugen Z.     , P.    und M.    F.    zu. Dabei nahm er in Kauf, alle drei mit seinem Pkw zu erfassen und zu verletzen. Dass er dabei auch den (zumindest bedingten) Vorsatz hatte, diese Personen – wie letztendlich geschehen – zu einem Sprung auf eine Grünfläche zu zwingen, kann weder den Feststellungen, noch der sie tragenden Beweiswürdigung entnommen werden. Ergänzende Feststellungen sind unter den hier gegebenen Umständen nicht zu erwarten.

7c) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.

83. Infolge der Schuldspruchänderung kommt eine der beiden für die Fälle II. 5 und 6 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen von sechs Monaten Freiheitsstrafe in Wegfall. Die für die Fälle II. 1 bis 6 unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Idar-Oberstein vom gebildete Gesamtstrafe kann trotzdem bestehen bleiben, weil der Senat mit Rücksicht auf die verbleibenden Einzelstrafen (drei Mal sieben Monate Freiheitsstrafe, zwei Mal sechs Monate Freiheitsstrafe, einmal vier Monate Freiheitsstrafe und einmal 120 Tagessätze Geldstrafe) und den unverändert gebliebenen Schuldumfang ausschließen kann, dass die Strafkammer auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte (vgl. , NStZ-RR 2015, 139, 140; Beschluss vom – 2 StR 294/12, Rn. 5; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 354 Rn. 22 aE).

9Die im Fall II. 7 verhängte Freiheitsstrafe hat ebenfalls Bestand. Denn der Senat kann ausschließen, dass die Strafrahmenwahl und die Bestimmung der Strafe durch die fehlerhafte rechtliche Würdigung beeinflusst worden sind.

104. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.

Roggenbuck                           Cierniak                           Franke

                          Bender                           Quentin

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:261016B4STR354.16.0

Fundstelle(n):
NJW 2017 S. 1045 Nr. 14
ZAAAF-89715