BGH Beschluss v. - 1 StR 632/15

Wertersatzverfall: Verfallsanordnung nach Verfahrenseinstellung; Subsidiarität des erweiterten Verfalls

Gesetze: § 73 StGB, § 73a StGB, § 73d StGB, § 154 Abs 1 Nr 1 StPO

Instanzenzug: vorgehend LG Nürnberg-Fürth, , Az: 17 KLs 350 Js 17742/14

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und Wertersatzverfall in Höhe von 665 € sowie den erweiterten Verfall von 6.318 € angeordnet.

2Ihr auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestütztes Rechtsmittel hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen erweist es sich als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

31. Das Landgericht hat zur Vorgeschichte der abgeurteilten Taten festgestellt, dass die Angeklagte im Zeitraum von Januar bis April 2014 aus dem Verkauf von 70 g Marihuana zu einem Preis von 9,50 € an den Abnehmer M.     insgesamt 665 € erlangt hatte. Hinsichtlich dieser Tat hatte die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO von der Verfolgung abgesehen. In der Wohnung der Angeklagten, die von Leistungen nach dem SGB II lebt, war Bargeld in Höhe von 7.983 € sichergestellt worden.

42. Die vom Landgericht auf § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB gestützte Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 665 € hat keinen Bestand.

5a) Voraussetzung für eine solche Anordnung ist eine von der Anklage erfasste und vom Tatrichter festgestellte Tat (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom  – 2 StR 209/04, NStZ-RR 2004, 347, 348 und vom – 2 StR 700/78, BGHSt 28, 369, 370). Daran fehlt es. Das Verfahren war hinsichtlich dieser Tat (vorläufig) beendet und die Verhängung von Rechtsfolgen im subjektiven Verfahren ohne Wiederaufnahme nach § 154 Abs. 3 StPO (vgl. § 76a Abs. 1, Abs. 3 StGB) nicht mehr möglich (entsprechend , NStZ 2003, 422 zu § 154 Abs. 2 StPO).

6b) Die Verfallsanordnung kann auch nicht auf den erweiterten Verfall nach § 73d StGB gestützt werden, weil dieser im Verhältnis zur Verfallsanordnung nach §§ 73, 73a StGB subsidiär ist. Vor einer Anwendung des § 73d StGB muss unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind ( mwN; Beschlüsse vom – 3 StR 226/13, NStZ 2014, 82, 83; vom – 2 StR 294/02, NStZ-RR 2003, 75 mwN und vom  – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255).

73. Im Hinblick auf den geringfügigen Erfolg des Rechtsmittels ist es nicht geboten, die Angeklagte von einem Teil der Kosten freizustellen.

Raum                          Graf                          Jäger

                 Cirener                      Fischer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:070416B1STR632.15.0

Fundstelle(n):
EAAAF-89680