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FG Bremen Urteil v. - 4 K 30/15 (2)

Gesetze: KN Pos. 8528 EGV 710/95 ZK Art. 221 Abs. 1 ZK Art. 221 Abs. 3 ZK Art. 221 Abs. 4 ZK Art. 220 Abs. 1 ZK Art. 201 Abs. 1a ZK Art. 201 Abs. 2 AO§ 370 Abs. 1 AO§ 370 Abs. 4 AO§ 169 Abs. 2 S. 2 AO§ 170 Abs. 1 AO§ 171 AO§ 369 Abs. 2 StGB § 15

Verlängerung der Frist zur Nacherhebung von Antidumpingzöllen auf die Einfuhr von Fernsehgeräten aus Thailand mit Bildröhren malaysischen bzw. koreanischen Ursprungs aufgrund einer Steuerhinterziehung

Kriterien für die Beurteilung eines bedingten Vorsatzes

Leitsatz

1. Mit Eintritt der Verjährung einer Zollschuld darf weder buchmäßige Erfassung noch eine Mitteilung der Zollschuld erfolgen. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt der Zollschuldentstehung und nicht mit demjenigen, der für einzelne Bemessungsgrundlagen maßgeblich ist, wobei sich der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld aus den Artikeln 201 ff. ZK ergibt.

2. Die Verlängerung der Verjährungsfrist aufgrund einer „strafbaren Handlung” nach Art. 221 Abs. 4 ZK richtet sich nach einzelstaatlichem Recht; da das Unionsrecht keine gemeinsamen Regeln vorsieht, hat jeder Mitgliedstaat die Verjährung von Zollschulden, die aufgrund einer strafbaren Handlung nicht innerhalb der regulären Verjährungsfrist festgestellt werden konnten, selbst zu regeln. Die in Deutschland (nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO) auf fünf Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung sowie auf 10 Jahre bei Steuerhinterziehung verlängerte Festsetzungsfrist gilt auch bei strafbaren Handlungen Dritter und nicht nur des Abgabenschuldners.

3. Die objektive Beweislast für das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung als Voraussetzung für eine verlängerte Verjährungsfrist nach Art. 221 Abs. 4 ZK zur Nacherhebung von Einfuhrabgaben hat die Zollbehörde zu tragen. Insoweit ist zwar weder die Einleitung eines Strafverfahrens noch eine Verurteilung erforderlich; der bezogen auf den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung aber erforderliche zumindest bedingte Vorsatz setzt voraus, dass der Täter weiß oder zumindest damit rechnet, durch unvollständige Angaben Steuern zu verkürzen. Dazu muss er den Steueranspruch nach Grund und Höhe für möglich halten; ein Irrtum in dieser Hinsicht schließt ein vorsätzliches Handeln aus.

4. Im Streitfall zur Nacherhebung von Antidumpingzöllen auf aus Thailand eingeführte Fernseher mit Bildröhren malaysischen bzw. koreanischen Ursprungs nach der VO (EG) Nr. 710/95, wobei es trotz umfangreicher Ermittlungsmaßnahmen zu keiner Anklageerhebung bzw. Verurteilung wegen Steuerhinterziehung der handelnden Personen gekommen ist: unter besonderer Berücksichtigung des gerade im Rahmen von Wirtschaftsstraftaten bei der Feststellung eines bedingten Vorsatzes besonders gewichtigen voluntativen Element des Vorsatzes keine Überzeugungsbildung des Gerichts von einem zumindest bedingten Vorsatz als Voraussetzung für eine Steuerhinterziehung (umfangreiche Rechtsprechungsnachweise zum „bedingten Vorsatz”, zur Abgrenzung von der groben Fahrlässigkeit und zu den insoweit maßgeblichen Abgrenzungskriterien wie z. B. der objektiven Gefährlichkeit der Handlung für das Rechtsgut, dem Vermeidungs- bzw. Gefahrverminderungsverhalten, dem Nachtatverhalten, dem Vorliegen oder Fehlen eines einleuchtenden Motivs).

Fundstelle(n):
PAAAF-89257

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FG Bremen, Urteil v. 17.11.2016 - 4 K 30/15 (2)

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