BGH Beschluss v. - 2 ARs 335/16

Richterablehnung: Zuständiges Gericht bei Ablehnung sämtlicher Richter des erkennenden Gerichts

Gesetze: § 27 Abs 4 StPO

Gründe

1Die Antragsteller haben im Verfahren über ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO im Anschluss an eine familiengerichtliche Streitigkeit alle Richter des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, unter anderem, weil die Präsidentin "abseits der richterlichen Unabhängigkeit Disziplinarvorgesetzte" sei, was bei der Entscheidungsfindung nicht ausgeblendet werden könne, da es sich bei den "sonstigen Beschuldigten" um "Arbeitskollegen" handele. Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat am beschlossen, die gegen seine Mitglieder sowie die als Vertreter in Betracht kommenden Richter gerichteten Ablehnungsgesuche seien zulässig; die Sache werde gemäß § 27 Abs. 4 StPO dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

2Die Vorlage ist nicht begründet, weil ein Fall des § 27 Abs. 4 StPO nicht feststeht. Darauf hat der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen; darauf nimmt der Senat Bezug.

3Erst wenn durch Ausscheiden aller Richter im Ablehnungsverfahren das gesamte Gericht beschlussunfähig geworden ist, hat das obere Gericht zu entscheiden. Für die Reihenfolge der Entscheidungen im Ablehnungsverfahren gilt, dass stufenweise zu beschließen ist, wobei erst die Annahme der Zulässigkeit des Ablehnungsgesuchs zum Ausscheiden der abgelehnten Richter aus dem Quorum führt. Nur innerhalb eines Quorums in gleicher Weise betroffener Richter ist eine einheitliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Ablehnung geboten (vgl. , BGHSt 44, 26, 27). Der konnte demnach nicht ausnahmslos vorwegnehmen, dass die Ablehnung sämtlicher Richter des Gerichts zulässig ist.

4Einer eventuellen Ausschöpfung der Vertreterkette im Geschäftsverteilungsplan kann durch Präsidiumsbeschluss nach § 21e Abs. 3 GVG entgegengewirkt werden (LR/Siolek, StPO, 26. Aufl., § 27 Rn. 19).

Fischer                            Krehl                          Eschelbach

                    Zeng                           Bartel

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:041016B2ARS335.16.0

Fundstelle(n):
LAAAF-88846