Instanzenzug:
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, soweit das Landgericht von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte seit seinem 14. Lebensjahr Betäubungsmittel, seit dem 17. Lebensjahr steigerte sich der Konsum deutlich. Die letzten drei bis vier Jahre vor seiner Festnahme konsumierte der Angeklagte durchgängig Tetrahydrocannabinol, er war in diesem Zeitraum nur eine Woche abstinent. Zuletzt nahm er täglich vier bis fünf Gramm Haschisch. Zusätzlich konsumierte er regelmäßig Amphetamin, im Durchschnitt etwa drei Gramm wöchentlich, um die Nebenwirkungen des Cannabiskonsums zu bekämpfen. Ab und zu nahm er auch LSD und Pilze. Zwei- bis dreihundert Gramm des bei der Festnahme vorhandenen Haschischvorrats waren zum Eigenkonsum bestimmt. Die Taten dienten auch der Finanzierung seines Haschischkonsums. Nach seiner Festnahme litt der Angeklagte an Schlafstörungen und Schweißausbrüchen. Der Angeklagte, der noch keine Entwöhnungsbehandlung durchlaufen hat, ist therapiewillig.
3Das sachverständig beratene Landgericht hat auf dieser Grundlage bei dem Angeklagten einen schädlichen Gebrauch, nicht aber eine Abhängigkeit von Betäubungsmitteln, insbesondere von Haschisch und Amphetamin, festgestellt. Angesichts "dieser Diagnose" - so das Landgericht - komme die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht in Betracht, da der Angeklagte keinen Hang aufweise. Er führe ein sozial vergleichsweise geordnetes Leben, weder Gesundheit, Arbeits- oder Leistungsfähigkeit noch sein Planungsvermögen seien beeinträchtigt gewesen. Eine vegetative Entzugssymptomatik sei bei Haschischkonsum in der Regel nicht gegeben.
42. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken. Es lässt besorgen, dass das Landgericht ein zu enges Verständnis von einem Hang im Sinne des § 64 StGB zugrunde gelegt hat; zudem bleibt die Prüfung, ob ein solcher Hang vorliegt, lückenhaft.
5a) Dem Umstand, dass durch den Rauschgiftgebrauch bereits die Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt sind, kommt für das Vorliegen eines Hanges zwar eine wichtige indizielle Wirkung zu, das hier festgestellte Fehlen dieser Beeinträchtigungen schließt indes die Bejahung eines Hanges nicht aus (BGH, Beschlüsse vom 19. April 2016 - 3 StR 566/15 und vom 3. Februar 2016 - 1 StR 646/15, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 20). Ausreichend ist es bereits, wenn der Betroffene aufgrund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, was insbesondere bei sogenannter Beschaffungskriminalität zu bejahen ist (, NStZ 2005, 210; Beschlüsse vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 421/11, NStZ-RR 2012, 204; vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 21. August 2012 - 4 StR 311/12, RuP 2013, 34 und vom 18. September 2013 - 1 StR 382/13, BGHR StGB § 64 Satz 1 Hang 1). Dies nimmt das Landgericht nicht in den Blick. Soweit es auf das erhaltene Planungsvermögen im Tatzeitraum abstellt, steht dies ebenso wie die Fähigkeit zur Begehung der Taten nicht ohne Weiteres der Annahme einer eingewurzelten, auf psychischer Disposition beruhenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, entgegen (vgl. ).
6b) Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, bleiben daneben maßgebliche Faktoren unerörtert. So sind weder die lange Konsumdauer, noch die erheblichen von dem Angeklagten täglich aufgenommenen Rauschgiftmengen - der Sachverständige ging von einem "durchaus hochgradigen" schädlichen Gebrauch aus - und das fast komplette Fehlen von Abstinenzphasen in den letzten Jahren berücksichtigt. Auch die Zielrichtung des seit Anfang 2015 von dem Angeklagten zusätzlich betriebenen regelmäßigen Konsums von Amphetamin, nämlich zur Bekämpfung der unerwünschten Nebenwirkungen des Cannabiskonsums, hat das Landgericht nicht gewürdigt.
73. Da das Vorliegen der übrigen Unterbringungsvoraussetzungen nicht von vornherein ausscheidet, muss über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt deshalb - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Dem steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Fundstelle(n):
AAAAF-87843