BGH Beschluss v. - III ZR 205/15

Instanzenzug:

Gründe

I.

1Die Klägerin nimmt den beklagten Notar im Zusammenhang mit der Beurkundung eines Kaufvertrags über den Erwerb einer Eigentumswohnung auf Schadensersatz in Anspruch.

2Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen, wobei es den Streitwert für das Berufungsverfahren bis zum auf 30.962,82 € und für den nachfolgenden Zeitraum auf "bis 17.000 €" festgesetzt hat. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde gemäß § 544 ZPO eingelegt.

II.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO für diesen Rechtsbehelf erforderliche Mindestbetrag der Beschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.

41. Der Wert der mit der (beabsichtigten) Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Maßgebend hierfür ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht. Entscheidend für die Wertermittlung sind hierbei die dem Klageantrag zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben des Klägers zum Wert. Ihm ist es dabei verwehrt, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren diese zu ändern, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO zu überschreiten. Hat der Kläger in den Vorinstanzen keine verlässlichen oder vollständigen Angaben zum Wert gemacht und hat das Berufungsgericht den Streitwert daher unter Zugrundelegung der unvollständigen Angaben geschätzt, so ist der Kläger auch gehindert, die Annahmen, auf denen diese Streitwertfestsetzung beruht, mit neuem oder ergänzendem Vortrag in Frage zu stellen, um den Wert der Beschwer zu erhöhen. Insbesondere ist er gehindert, neue Angaben zu einem Schadensumfang zu machen, wenn dieser Vortrag in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden hat und deshalb auch nicht bewertungsfähiger Gegenstand eines Feststellungsbegehrens war (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom - III ZR 116/09, NJW 2010, 681, 682, Rn. 1, 5; vom - III ZR 75/13, BeckRS 2014, 05626 Rn. 10; vom - III ZR 221/13, BeckRS 2015, 00748 Rn. 2 und vom - III ZR 104/15, BeckRS 2016, 12557 Rn. 10; , NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3; jeweils mwN).

52. Nach diesen Kriterien kann im vorliegenden Fall nicht von einem höheren Wert der Beschwer als dem durch das Berufungsgericht zuletzt festgesetzten Streitwert ausgegangen werden.

6Erstinstanzlich hat die Klägerin die Erstattung vergeblicher Aufwendungen in Höhe von 2.562,82 € nebst Zinsen (Klageantrag zu 1) sowie die Feststellung begehrt, dass der Beklagte zum Ersatz sämtlicher weiteren Schäden und Aufwendungen verpflichtet sei (Klageantrag zu 2). Dabei lag dem Feststellungsantrag die Behauptung zugrunde, durch die Pflichtverletzung des Beklagten sei die Weiterveräußerung der Eigentumswohnung vereitelt worden. Dadurch sei der Klägerin ein vorläufiger, noch nicht abschließend bezifferbarer Schaden in Höhe von 35.500 € entstanden. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht - unter Berücksichtigung des bei positiven Feststellungsklagen üblichen Abschlags von 20 Prozent - den Streitwert für den ersten Rechtszug im Wege der Schätzung auf 30.962,82 € festgesetzt.

7In der Berufungsinstanz hat die Klägerin - nach einem gerichtlichen Hinweis - mit Schriftsatz vom den Klageantrag zu 1 (einseitig) für erledigt erklärt sowie - als neuen Klageantrag zu 2 - Rechtsverfolgungskosten und Aufwendungen zur Abwendung der Zwangsversteigerung in Höhe von insgesamt 12.024,96 € nebst Zinsen geltend gemacht. Darüber hinaus hat sie die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich weiterer Schäden begehrt (Klageantrag zu 3), wobei sie ausgeführt hat, dass über die in einem Parallelprozess anhängige Klage der (hiesigen) Beklagten auf Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch zugunsten der Klägerin eingetragenen Vormerkung noch nicht entschieden sei und die dortigen Prozesskosten deshalb noch nicht beziffert werden könnten. Den Beschluss des Berufungsgerichts, durch den der Streitwert für die Berufungsinstanz ab auf "bis 17.000 €" festgesetzt wurde (ca. 500 € für die Teilerledigterklärung, 12.024,96 € bezifferter Schadensersatz, 4.000 € für den Feststellungsantrag [geschätztes Kostenrisiko in dem Parallelprozess] unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 Prozent), hat die Klägerin nicht beanstandet. Vielmehr hat sie erstmals in der Beschwerdebegründung ein wesentlich höheres Prozesskostenrisiko behauptet (mindestens 11.600 €) und zugleich bislang nicht geltend gemachte Schadenspositionen vorgebracht (entgangene Mieteinnahmen in Höhe von 33.857,64 €). Nach den dargestellten Grundsätzen führt dieses Vorbringen nicht zu einer Erhöhung der Beschwer aus dem Berufungsurteil. Denn die Klägerin will mit ihrem neuen Vortrag, der nach ihrer Auffassung eine Beschwer von über 20.000 € begründet, lediglich die im Berufungsverfahren zugrunde gelegten tatsächlichen Voraussetzungen für die Bewertung des Feststellungsantrags ändern. Das ist nicht zulässig. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Klägerin den die erworbene Eigentumswohnung betreffenden Mietvertrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erhalten hat. Zur Geltendmachung eines diesbezüglichen Schadens im Rahmen eines Feststellungsbegehrens nach § 256 Abs. 1 ZPO war eine exakte Bezifferung der angeblich entgangenen Mieteinnahmen nicht erforderlich. Ausführungen zu einer etwaigen Schadensersatzpflicht des Beklagten dem Grunde nach hätten genügt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BAAAF-87270