Leitsatz
1. Eine sowohl in Deutschland als auch in Liechtenstein auf dem Gebiet der Vermietung und Verpachtung tätige, in Deutschland
mit ihren inländischen Einkünften i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG beschränkt steuerpflichtige Aktiengesellschaft
liechtensteinischen Rechts, die nach liechtensteinischem Recht in Liechtenstein der gesetzlichen Buchführungspflicht unterliegt,
in Deutschland mangels Zweigniederlassung kein „Kaufmann” i. S. d. § 238 Abs. 1 S. 1 HGB ist und in Deutschland weder eine
Betriebsstätte noch einen ständigen Vertreter hat, gilt hinsichtlich ihrer inländischen Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.
f S. 2 EStG als Gewerbebetrieb und damit als „gewerblicher Unternehmer” i. S. d. § 141 Abs. 1 S. 1 AO, so dass sie bei Überschreitung
der dort genannten Gewinn- bzw. Umsatzgrenzen hinsichtlich ihres inländischen Gewinns in Deutschland buchführungspflichtig
ist. Für die Gewinngrenze ist auf den von der AG nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten inländischen Teil ihres Gewinns abzustellen.
2. Die Buchführungspflicht der Klägerin nach liechtensteinischem Recht genügt nicht den Anforderungen an die Gewinnermittlung
nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG, da das liechtensteinische Recht (PGR) keine gesonderte, die Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung
von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten, die im (deutschen) Inland belegen oder in ein inländisches
öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung
erfolgt, betreffende Erfolgsrechnung und Bilanzierung vorsieht, wie sie für die Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 EStG
erforderlich ist.
3. § 141 AO gilt gegenüber § 140 AO lediglich subsidiär; diese Subsidiarität kann jedoch nur dann gelten, wenn die Pflicht,
Bücher und Aufzeichnungen zu führen, die nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen besteht und die von § 14O AO in das
nationale deutsche Steuerrecht inkorporiert wird, so sie erfüllt wird, die Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 EStG und
die Kontrolle des Betriebsergebnisses des Verpflichteten ermöglicht. § 140 AO begründet nicht etwa Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten
neu, sondern verlängert diese lediglich für Zwecke der Verifikation.
4. Die in § 141 Abs. 1 S. 1 AO angeordnete Subsidiarität führt lediglich dazu, dass Buchführungs-, Bestandsaufnahme- und Abschlusspflichten
nicht erst mit Ablauf des auf die Mitteilung der Finanzbehörde, dass der Tatbestand des § 141 Abs. 1 S. 1 AO nicht mehr erfüllt
sei, sondern bereits mit Entfallen der Pflichten nach der außersteuerlichen Norm enden und die Buchführungspflicht nach §
141 Abs. 1 S. 1 AO erst mit Beginn des auf ihre Mitteilung durch die Finanzbehörde folgenden Wirtschaftsjahres fällig wird.
5. § 146 Abs. 2 S. 4 AO gilt auch für Unternehmen mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland, die im Inland keine Betriebsstätte
unterhalten, jedoch mit den im Inland erwirtschafteten Ergebnissen steuerpflichtig sind. Die Vorschrift beinhaltet aber keine
materiell-rechtlichen Regelungen, durch die die allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften verdrängt würden,
sondern sieht vielmehr die Übernahme der Ergebnisse einer ausländischen in die inländische Buchführung sowie deren Anpassung
nach Maßgabe der inländischen Vorschriften vor, dient also der Ermittlung der inländischen Besteuerungsgrundlagen nach deutschem
Steuerrecht.
6. Ist eine ausländische Kapitalgesellschaft nach ausländischem Recht verpflichtet, Bücher zu führen, so nimmt ihr dieser
Umstand das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 S. 1 EStG nur dann, wenn die Buchführung nach ausländischem Recht den konkreten Erfordernissen
einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG im Einzelfall genügt.
7. Die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 S. 1 AO lässt sich im Falle einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft
ohne Betriebsstätte im Inland nicht auf § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG gründen.