Revisionsgerichtliche Nachprüfung des Strafausspruchs: Aufhebung auffallend milder Einzelstrafen und der Gesamtstrafe bei banden- und gewerbsmäßigen Betrugstaten mit einem hohen Schadensumfang im sechsstelligen Bereich
Gesetze: § 46 StGB, § 263 Abs 1 StGB, § 263 Abs 4 StGB
Instanzenzug: Az: 519 KLs 2/15nachgehend Az: 5 StR 185/18 Beschlussnachgehend Az: 5 StR 654/18 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten namentlich wegen vielfacher, teils banden- und gewerbsmäßig begangener Betrugstaten und (banden- und gewerbsmäßiger) Urkundendelikte schuldig gesprochen. Es hat deswegen verurteilt
• die Angeklagten G. und L. jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten,
• die Angeklagten K. und Ki. jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und
• den Angeklagten H. unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus einem anderen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.
2Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten G. , L. , K. und Ki. sowie der zweiten gegen den Angeklagten H. verhängten Gesamtfreiheitsstrafe hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil richten sich mit der Sachrüge geführte und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die durch den Generalbundesanwalt zum Teil vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.
31. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, aufgrund der Hauptverhandlung die wesentlichen be- und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn sich beispielsweise die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs soweit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraumes liegt (st. Rspr. vgl. etwa ; dort nicht abgedruckt; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl. Rn. 833).
4Gemessen hieran ist die Entscheidung des Landgerichts nicht mehr hinnehmbar. Die banden- und gewerbsmäßig handelnden Angeklagten haben professionell mit hohem Organisationsgrad (UA S. 57 f.), unter Nutzung von Gesellschaften und Fälschung zahlreicher Unterlagen eine Vielzahl von Straftaten mit einem Schaden von etwa 400.000 Euro zum Nachteil der Berliner Sparkasse begangen (Fälle 1 bis 3). Darüber hinaus haben sie sich mit einer Beuteerwartung von weiteren mehreren hunderttausend Euro zu Straftaten ähnlichen Charakters verabredet oder haben versucht, sie zu begehen (Fälle 4 bis 7). Angesichts dessen sind die verhängten Einzel- und Gesamtfreiheitsstrafen auch unter Berücksichtigung der vom Landgericht zugunsten der Angeklagten angeführten Gesichtspunkte unvertretbar niedrig. Es ist dabei – ausgenommen die erste Gesamtfreiheitstrafe betreffend den Angeklagten H. – zu besorgen, dass das Landgericht nicht nur die Bemessung der Gesamtstrafen, sondern auch bereits der Einzelstrafen so vorgenommen hat, dass die Vollstreckung noch zur Bewährung ausgesetzt werden konnte (vgl. , BGHSt 57, 123, 134; vom – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321; zum Ganzen Schäfer/Sander/van Gemmeren, aaO Rn. 189). Auf die durch den Generalbundesanwalt erhobenen Einzeleinwendungen kommt es daher nicht mehr an.
52. Das Tatgericht hat zudem Entscheidungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu Unrecht unterlassen. Ob es eine solche Entscheidung trifft, steht zwar in seinem Ermessen und unterliegt insoweit einer nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung (, BGHSt 58, 152). Unterlässt es das Tatgericht aber, eine solche Entscheidung zu treffen, und lässt sich dem Urteil mangels Ausführungen hierzu nicht entnehmen, aus welchen Gründen es eine solche Entscheidung nicht getroffen hat, so liegt ein Rechtsfehler im Sinne von § 337 StPO vor (vgl. , BGHSt 60, 75, 77 f.). Vorliegend ist von einem derartigen Rechtsfehler auszugehen, weil entsprechende Feststellungen unter Berücksichtigung des Umfangs der Schadenswiedergutmachung mit Blick auf die Höhe der erlangten Geldbeträge in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe naheliegen.
63. Da es sich nur um Wertungsfehler handelt, können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestehen bleiben; sie können um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
Sander Schneider Dölp
König Feilcke
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:251016U5STR162.16.0
Fundstelle(n):
wistra 2017 S. 143 Nr. 4
HAAAF-86727