Sozialgerichtliches Verfahren - elektronischer Rechtsverkehr - Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde bei Nichtbeachtung der vorgeschriebenen Formate - gerichtliche Fürsorgepflicht - erhöhte Sorgfaltspflicht des Prozessbevollmächtigten bei Ausschöpfung der Begründungsfrist
Leitsatz
Die Übermittlung elektronischer Dokumente an das Bundessozialgericht ist allein bei Einhaltung der in der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialgericht abschließend aufgeführten Formate wirksam.
Gesetze: § 65a Abs 1 SGG, § 65a Abs 2 S 3 SGG, § 73 Abs 4 SGG, § 160a Abs 2 SGG, § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG, § 169 SGG, § 2 ERVVOBSG
Instanzenzug: Az: S 28 R 29/12vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 17 R 129/13 Urteil
Gründe
1Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am zugestellten mit einem am beim BSG eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom selben Tag Beschwerde eingelegt. Auf dessen Antrag ist die Frist zur Begründung der Beschwerde um einen Monat bis zum verlängert worden (§ 160a Abs 2 S 2 SGG).
2Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der am abgelaufenen Frist durch einen vor dem BSG zugelassenen Bevollmächtigten begründet worden ist (§ 160a Abs 2 und 4 S 1 Halbs 2; § 73 Abs 4, § 169 S 2 und 3 SGG).
3Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am eine Mitteilung (im XML-Format) im elektronischen Rechtsverkehr an das BSG übermittelt, wonach die "Nichtzulassungsbeschwerde mit dem anliegenden Schriftsatz begründet" werde. Dieser Anhang (1,2 KB) wurde im "pdf.Ink"-Format erstellt. Dieses Format entspricht nicht der durch die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialgericht (ERVVOBSG - vom , BGBl I 3219, geändert durch VO vom , BGBl I 2339) vorgeschriebenen Form; der Anhang gilt daher als nicht zugegangen.
4Das Unterbleiben der grundsätzlich nach § 65a Abs 2 S 3 SGG erforderlichen Unterrichtung ist unschädlich. Denn die Mitteilung des Prozessbevollmächtigten ging am Abend des um 18.35 Uhr und damit außerhalb der Dienstzeiten des BSG ein. Eine unverzügliche Unterrichtung hätte frühestens am und damit nach Ablauf der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgen können. Ursächlich für die Versäumung der Begründungsfrist war mithin allein das Verhalten des Prozessbevollmächtigten, nicht hingegen eine etwaige Verletzung der Fürsorgepflicht des Gerichts. Im Übrigen trifft einen Prozessbevollmächtigten bei - wie vorliegend - voller Ausschöpfung der Frist eine erhöhte Sorgfaltspflicht, darauf zu achten, dass die Übermittlung noch rechtzeitig und wirksam innerhalb der Frist erfolgt (vgl BSGE 72, 158, 160 = SozR 3-1500 § 67 Nr 7 S 18).
5Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2016:130916BB5RS3016B0
Fundstelle(n):
NJW 2017 S. 10 Nr. 1
UAAAF-86231