Instanzenzug: Az: 10 Ca 3715/13 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 3 Sa 531/14 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Anzahl der der Klägerin im Kalenderjahr zustehenden Urlaubstage.
2Die Parteien verbindet seit dem ein Arbeitsverhältnis, auf das die Beklagte die für sie geltenden Haustarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendet. Die Beklagte schloss am mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) einen ab dem geltenden Manteltarifvertrag - Haustarifvertrag - (MTV 2000), der in § 8 ua. regelt:
3Unter dem vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen Manteltarifvertrag - Haustarifvertrag - (MTV 2005), der am in Kraft trat. Dieser regelt in § 7 ua. Folgendes:
4Die IG BAU kündigte den MTV 2005 zum . Ein neuer Tarifvertrag wurde bislang nicht vereinbart.
5Die von der Beklagten erstellte Lohnabrechnung für Januar 2013 wies für die Klägerin einen Jahresurlaub im Umfang von 24 Arbeitstagen aus.
6Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, infolge ihrer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit habe sich der 24 Arbeitstage umfassende Urlaubsanspruch, der ihr aufgrund der Besitzstandsregelung gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 zustehe, um einen Arbeitstag erhöht.
7Die Klägerin hat beantragt
8Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, der von einem Arbeitnehmer erworbene Besitzstand nach § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 sei auf den Urlaubsanspruch nach dem neuen Tarifstand anzurechnen. Für Arbeitnehmer, die bereits vor dem in ihre Dienste getreten seien, erhöhe sich der Urlaubsanspruch deshalb erst, wenn die Summe des Urlaubsanspruchs aus § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005 (Grundurlaub) und § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 (Mehrurlaubstage) den besitzstandsgeschützten Urlaub übersteige. Die Klägerin, die mit einem Besitzstand von 24 Arbeitstagen in den MTV 2005 übergeleitet worden sei, komme daher nicht in den Genuss einer weiteren Erhöhung ihres Urlaubsanspruchs.
9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Gründe
10Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und der Klage stattgegeben.
11I. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung des Klageantrags zulässig. Streitgegenstand ist allein die Frage, ob sich infolge der 10-jährigen Betriebszugehörigkeit der Klägerin der jährliche Urlaubsanspruch gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 3 Spiegelstrich 1 MTV 2005 um einen Arbeitstag erhöht hat. Dies hat die Klägerin in der Revisionsverhandlung vor dem Senat klargestellt. Da die Beklagte die Erhöhung des Urlaubsanspruchs in Abrede stellt, hat die Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein Interesse an einer gerichtlichen Feststellung des Umfangs des ihr zustehenden Jahresurlaubs (vgl. - Rn. 8 ff. mwN, BAGE 149, 315).
12II. Die Klage ist im Ergebnis nicht begründet. Die seit dem bei der Beklagten beschäftigte Klägerin hat ab dem Kalenderjahr 2013 Anspruch auf 24 Arbeitstage, nicht aber auf 25 Arbeitstage Urlaub im Kalenderjahr. Am maßgeblichen Stichtag, dem , standen ihr 24 Arbeitstage Jahresurlaub zu (§ 8 Ziff. 2.2 und Ziff. 2.3 Spiegelstrich 1 MTV 2000). Dieser Anspruch blieb ihr nach der Ablösung des MTV 2000 durch den MTV 2005 erhalten (§ 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005). Aufgrund ihrer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit erhöhte sich dieser Anspruch nicht mehr.
131. Die Besitzstandsregelung in § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 bezieht sich nicht nur auf die Mehrurlaubstage, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit vor dem Stichtag nach § 8 Ziff. 2.3 Abs. 1 MTV 2000 erworben hatte, sondern auch auf den gegenüber der Neuregelung höheren Grundurlaubsanspruch von 23 Arbeitstagen gemäß § 8 Ziff. 2.2 MTV 2000 (ausf. - Rn. 14).
142. Entgegen der Auffassung der Revision sind bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis - wie das der Klägerin - vor dem begründet wurde, die in § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 geregelten Mehrurlaubstage dem Grundurlaub der Vorgängerregelung (23 Arbeitstage nach § 8 Ziff. 2.2 MTV 2000) und nicht dem Grundurlaub der Neuregelung (21 Arbeitstage nach § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005) hinzuzurechnen.
153. Bezugspunkt der Erhöhungsregelung ist allerdings nicht der Urlaubsanspruch, der einem Alt-Arbeitnehmer aufgrund der Besitzstandsregelung in § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 zusteht, sondern der Grundurlaub, der in § 8 Ziff. 2.2 MTV 2000 vorgesehen ist. Erhöhte man den besitzstandsgeschützten Gesamturlaub nach Maßgabe des § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005, berücksichtigte man die vor dem liegenden Zeiten der Betriebszugehörigkeit doppelt; zum einen bei der Berechnung des zum erreichten Besitzstands, zum anderen bei der Berechnung der Erhöhung, die ebenfalls unmittelbar an die Dauer der Betriebszugehörigkeit anknüpft. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien des MTV 2005 den Zeitraum, in dem ein Arbeitnehmer bis zum bei der Beklagten beschäftigt war, bei der Berechnung der Urlaubsdauer zweifach berücksichtigen wollten, sind nicht ersichtlich.
16Gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 3 Spiegelstrich 1 MTV 2005 erhöhte sich der besitzstandsgeschützte Grundurlaub der Klägerin unter dem Regime der tariflichen Neuregelung nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit mit Wirkung ab dem auf 24 Arbeitstage. Ebenso wie die Vorgängerregelung lässt auch die Urlaubsstaffelung nach § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 das erste Beschäftigungsjahr unberücksichtigt, wenn es - wie im Falle der Klägerin - kein volles Kalenderjahr ist (§ 7 Ziff. 2 Abs. 4 Satz 1 MTV 2005). Einen darüber hinausgehenden Urlaubsanspruch hat die Klägerin aufgrund ihrer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit nicht erworben.
17III. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:120716.U.9AZR266.15.0
Fundstelle(n):
OAAAF-86152