BGH Beschluss v. - 5 StR 182/16

Gesetzesalternative Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei bei gleichzeitiger Geldwäsche

Leitsatz

Gesetzesalternative Verurteilung (gewerbsmäßig begangenen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei bei gleichzeitiger Verwirklichung des Tatbestands der Geldwäsche nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB.

Gesetze: § 242 Abs 1 StGB, § 243 Abs 1 S 2 Nr 3 StGB, § 259 Abs 1 StGB, § 260 Abs 1 Nr 1 StGB, § 261 Abs 2 Nr 1 StGB, § 261 Abs 9 S 2 StGB, OrgKVerbG

Instanzenzug: Az: 2 KLs 33/14nachgehend Az: GSSt 1/17 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in acht Fällen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen, ihn unter Einbeziehung der Strafen aus drei vorangegangenen Strafbefehlen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und gegen ihn eine Geldstrafe verhängt. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen bleibt sie erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu den Taten 1 bis 8 stahl oder hehlte der Angeklagte zwischen Januar 2009 und August 2012 insbesondere Baumaschinen, Gartengeräte, Solarmodule, Motorradreifen und einen VW-Bus. Diese Gegenstände, die im vorgenannten Tatzeitraum gestohlen worden waren, wurden auf seinem Grundstück sichergestellt. Mit deren Verkauf wollte er seinen Lebensunterhalt finanzieren.

32. Das Landgericht hat nicht zu klären vermocht, ob der Angeklagte die festgestellten Diebstähle selbst begangen oder die bei ihm sichergestellten Gegenstände als Hehler erworben hat. Es hat ihn jeweils wegen unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB bezeichneten Voraussetzungen, mithin gewerbsmäßig begangenen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB oder gewerbsmäßiger Hehlerei im Sinne von § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt.

II.

4Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

51. Die Verfahrensbeanstandung betreffend die Ablehnung der nochmaligen Einvernahme des Zeugen KOK V.   ist bereits nicht in zulässiger Weise erhoben worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Wird mit der Revision die Ablehnung eines Antrags auf Vernehmung eines bereits angehörten Zeugen geltend gemacht, muss nach ständiger Rechtsprechung mitgeteilt werden, dass und wozu der Zeuge in der Hauptverhandlung bereits ausgesagt hat; denn nur dann kann geprüft werden, ob es sich nicht um einen bloßen Antrag auf Wiederholung einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme oder auf Feststellung ihres Inhalts handelte und ob der Antrag als Beweisantrag zu verbescheiden war oder – wie hier geschehen und beanstandet – als Beweisanregung abgelehnt werden durfte (vgl. , BGHSt 46, 73, 80; vom – 5 StR 322/01; vom – 3 StR 338/04; Beschluss vom – 4 StR 21/15, jeweils mwN). Die Revision teilt zwar mit, dass der Zeuge bereits zuvor vernommen worden war, versäumt es aber, den Inhalt seiner Angaben zu schildern.

62. Die wahldeutige Verurteilung des Angeklagten steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr. seit , BGHSt 1, 127; umfangreiche Rechtsprechungsnachweise bei LR-StPO/Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 141 ff.; KMR/Stuckenberg, StPO, 68. EL, August 2013, § 261 Rn. 136 ff.); sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.

7a) Entgegen der Auffassung der Revision begegnet die ungleichartige Wahlfeststellung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom – 1 ARs 14/14, NStZ-RR 2014, 308; vom – 3 ARs 13/14, NStZ-RR 2015, 39; vom – 4 ARs 12/14, NStZ-RR 2015, 40; vom – 5 ARs 39/14, NStZ-RR 2014, 307; aM ).

8b) Die Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage scheidet vorliegend nicht deshalb aus, weil in allen betroffenen Fällen neben einer Strafbarkeit wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei auch eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB gegeben ist. Vielmehr schließt die gesetzesalternative Verurteilung wegen der Katalogvortat auch nach der Neufassung der Strafvorschrift des § 261 StGB durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom (BGBl. I S. 845) einen Schuldspruch wegen Geldwäsche aus (§ 261 Abs. 9 Satz 2 StGB).

9aa) Durch die genannte Gesetzesänderung wurde die Strafbarkeit wegen Geldwäsche auf Fälle erweitert, in denen der (Allein-)Vortäter selbst Geld wäscht. Damit sollte die als unbefriedigend empfundene vormalige Rechtslage geändert werden, nach der bei möglicher, jedoch nicht sicher nachweisbarer Begehung der Vortat durch den Alleinvortäter dessen Bestrafung weder wegen der Vortat noch wegen Geldwäsche möglich sei (BT-Drucks. 13/8651 S. 10 f.). Um eine Doppelbestrafung zu vermeiden, wurde in § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB ein persönlicher Strafausschließungsgrund bzw. eine Konkurrenzregel (vgl. , NJW 2000, 3725; Beschluss vom – 5 StR 423/02, BGHSt 48, 240, 245) eingeführt, wonach bei einer Strafbarkeit wegen der Beteiligung an der Katalogvortat die zugleich verwirklichte Geldwäsche straflos gestellt wird. Nach diesem Regelungsgefüge bleibt im Blick auf die dann mögliche Postpendenzfeststellung (vgl. , BGHR StGB vor § 1 Wahlfeststellung Postpendenz 5; Beschluss vom – 5 StR 423/02, aaO; Urteil vom – 5 StR 252/00, aaO) bei nicht nachweisbarer Vortatbeteiligung, aber sicherer Verwirklichung des Geldwäschetatbestandes von vornherein kein Raum für eine ungleichartige Wahlfeststellung zwischen Vortat und Geldwäsche.

10bb) Von der vorgenannten, durch den Gesetzgeber allein ins Auge gefassten Sachverhaltskonstellation (vgl. BT-Drucks. 13/8651 S. 10 f.) unterscheiden sich die abgeurteilten Fälle dadurch, dass die Strafbarkeit des Angeklagten wegen einer Katalogvortat gerade nicht zweifelhaft ist, sondern sicher feststeht. Demgemäß greift nach ihrem eindeutigen und nicht durch Auslegung korrigierbaren Wortlaut die Regelung des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB ein, die der Verurteilung wegen der Katalogvortat den Vorrang gegenüber der Verurteilung wegen etwa zugleich verwirklichter Geldwäsche einräumt (vgl. , BGHSt 50, 347, 358). Weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien können dabei irgendwelche Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass sie nach dem Willen des Gesetzgebers nicht gelten soll, wenn der Angeklagte wegen der Katalogvortat nicht auf eindeutiger, sondern auf wahldeutiger Grundlage verurteilt wird. Damit einhergehend fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber die – aufgrund der Anknüpfung an die in § 261 Abs. 1 StGB aufgeführten Katalogtaten in ihrem Regelungsbereich eingeschränkte und hinsichtlich des Schutzgutes jedenfalls nicht unmittelbar auf Eigentum und Vermögen zielende (vgl. BGH, aaO) – Geldwäsche insgesamt oder einzelne ihrer Tathandlungen als „Auffangtatbestand“ gegenüber (sämtlichen) Eigentums- und Vermögensdelikten oder gar allen im Vortatenkatalog aufgeführten Straftaten ausgestalten wollte, um so der wahldeutigen Schuldfeststellung generell die Basis zu entziehen (abweichend womöglich Rn. 75 f.).

11Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Sander                     Schneider                       Dölp

                König                          Bellay

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:160816B5STR182.16.0

Fundstelle(n):
NJW 2016 S. 3117 Nr. 45
NJW 2016 S. 9 Nr. 42
wistra 2017 S. 76 Nr. 2
ZAAAF-83095