Betriebsrente von einer Zusatzversorgungskasse in Bayern: Ruhen der Betriebsrente infolge des Bezugs von Krankengeld
Gesetze: § 96a Abs 1 SGB 6, § 96a Abs 2 SGB 6, § 96a Abs 3 S 1 Nr 1 Buchst a SGB 6
Instanzenzug: LG München I Az: 20 S 22851/12vorgehend Az: 233 C 11551/12
Tatbestand
1Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer infolge des Bezugs von Krankengeld einbehaltenen Betriebsrente.
2Die beklagte Zusatzversorgungskasse (im Folgenden: die Beklagte) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes auf der Grundlage entsprechender Versorgungstarifverträge im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
3Die Klägerin ist als Bankkauffrau bei einer Sparkasse beschäftigt und bei der Beklagten pflichtversichert. Nach einem Schlaganfall bewilligte ihr die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom rückwirkend ab dem eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Von der Beklagten erhielt die Klägerin seit dem eine Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
4Die Klägerin, die auch nach Rentenbewilligung im Rahmen der Hinzuverdienstgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung weiterhin bei ihrer bisherigen Arbeitgeberin beschäftigt blieb, erkrankte im Jahre 2010 an Krebs. Sie bezog nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums in der Zeit vom bis zum Krankengeld sowie in der Zeit vom bis zum Übergangsgeld. Eine Kürzung der gesetzlichen Rente unterblieb in diesen Zeiträumen, weil Kranken- und Übergangsgeld die Hinzuverdienstgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung nicht überschritten.
5Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom vom Krankengeldbezug in Kenntnis gesetzt hatte, stellte die Beklagte mit Schreiben vom das Ruhen der Betriebsrente wegen des Bezugs von Krankengeld ab dem fest. Zugleich forderte sie bis zum erbrachte Rentenleistungen in Höhe von 1.149,60 € zurück und verrechnete diesen Betrag später nach Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit durch die Klägerin mit anderen Rentenleistungen.
6Die Beklagte beruft sich auf § 39 ihrer Satzung (im Weiteren: BayZVKS) in der Neufassung vom , wo es auszugsweise heißt:
"§ 39 Nichtzahlung und Ruhen
(1) Die Betriebsrente wird von dem Zeitpunkt an nicht gezahlt, von dem an die Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 100 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 SGB VI endet. 2Die Betriebsrente ist auf Antrag vom Ersten des Monats an wieder zu zahlen, für den der/dem Rentenberechtigten die Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder geleistet wird. 3Wird die Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung nach Eintritt des Versicherungsfalls (§ 31) als Teilrente gezahlt, wird die Betriebsrente nur in Höhe eines entsprechenden Anteils gezahlt.
(2) Ist der Versicherungsfall wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung eingetreten und wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Hinzuverdienstes nicht oder nur zu einem Anteil gezahlt, wird auch die Betriebsrente nicht oder nur in Höhe eines entsprechenden Anteils gezahlt.
(3) Die Betriebsrente ruht, solange die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ganz oder teilweise versagt wird.
(4) Die Betriebsrente ruht ferner, solange die/der Berechtigte ihren/seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union hat und trotz Aufforderung der Kasse keine Empfangsbevollmächtigte/keinen Empfangsbevollmächtigten im Inland bestellt. 2Die Kasse kann Ausnahmen zulassen.
(5) Die Betriebsrente ruht ferner in Höhe des Betrages des für die Zeit nach dem Beginn der Betriebsrente gezahlten Krankengeldes aus der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit dieses nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen oder bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Rente wegen Alters als Vollrente dem Träger der Krankenversicherung zu erstatten ist. […]"
7Die Klägerin hält das Vorgehen der Beklagten für unzulässig und fordert die einbehaltenen bzw. verrechneten Rentenzahlungen. Zuletzt hat sie Zahlung in Höhe von 2.201,64 € nebst Zinsen und Erstattung von Rechtsverfolgungskosten begehrt.
8Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Gründe
9Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
10I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe trotz des Bezugs von Krankengeld Anspruch auf Zahlung der Betriebsrente. Deren Ruhen komme nach § 39 Abs. 5 BayZVKS für die Zeit nach Rentenbeginn nur in Betracht, wenn Krankengeld nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen sei. An dieser Voraussetzung fehle es, da die Klägerin Krankengeld für eine nach Rentenbeginn eingetretene Arbeitsunfähigkeit erhalten habe. Dieses Krankengeld sei nach § 96a Abs. 3 SGB VI dem Arbeitsentgelt gleichgestellt und mithin auf eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung grundsätzlich anzurechnen. Darauf, dass diese Anrechnung im Streitfall wegen Unterschreitung der Hinzuverdienstgrenzen unterblieben sei, komme es nicht an, denn § 39 Abs. 5 BayZVKS nehme lediglich auf § 96a Abs. 3 SGB VI, nicht jedoch auf die Anrechnungsvorschriften zu den Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 1 und 2 SGB VI Bezug. Die Satzungsbestimmung sei daher nur anzuwenden, wenn Krankengeld zwar in der Zeit nach dem Beginn der Betriebsrente, jedoch wegen einer schon vor Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit gezahlt werde; nur in diesem Fall werde das Krankengeld dem Arbeitsentgelt gemäß § 96a Abs. 3 SGB VI nicht gleichgestellt und sei deshalb nicht auf die gesetzliche Rente anzurechnen.
11Dieser Auslegung stehe der Zweck der Satzungsbestimmung, einerseits eine Leistungskumulation zu begrenzen und andererseits eine zweimalige Anrechnung zu vermeiden, nicht entgegen. Durch die Zahlung des Krankengeldes anstelle des Arbeitsentgelts trete hier keine Leistungskumulation ein. Auch eine Doppelanrechnung erfolge nicht, da das Krankengeld weder auf die gesetzliche Rente noch auf die Betriebsrente angerechnet werde.
12II. Das hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
13§ 39 Abs. 5 BayZVKS bestimmt unter anderem, die Betriebsrente ruhe in Höhe des Betrages eines für die Zeit nach dem Beginn der Betriebsrente gezahlten Krankengeldes aus der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit dieses nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen ist. Damit hat die Beklagte inhaltsgleich die Regelung aus § 12 Abs. 5 des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom (ATV-K) übernommen.
141. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats finden die Satzungsbestimmungen der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskassen als Allgemeine Versicherungsbedingungen auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern mit der Zusatzversorgungskasse als Versicherer zugunsten der versicherten Arbeitnehmer, abgeschlossen werden (, BGHZ 142, 103, 106 ff. unter 2 a [juris Rn. 10-13]; vom - IV ZR 118/10, VersR 2011, 611 Rn. 11; vom - IV ZR 99/09, juris Rn. 13; vom - IV ZR 296/07, VersR 2010, 656 Rn. 15, jeweils zur Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder; vom - IV ZR 55/05, VersR 2006, 1248 Rn. 8 zur Satzung der Zusatzversorgungskasse des Saarlandes). Für die Auslegung der Satzungsbestimmungen einer solchen Gruppenversicherung kommt es auch auf das Verständnis und Interesse eines durchschnittlichen Versicherten an (; vom ; vom , jeweils aaO; vom - IV ZR 104/06, VersR 2009, 201 Rn. 13; vom - IV ZR 267/04, VersR 2007, 676 Rn. 10; vom - IV ZR 55/05, VersR 2006, 1248 Rn. 8; vom - IV ZR 76/02, VersR 2003, 895 unter II 1 a [juris Rn. 27]).
152. Er wird zunächst die in § 39 BayZVKS getroffene Regelung über Nichtzahlung und Ruhen der Betriebsrente als Ganzes in den Blick nehmen und feststellen, dass die von der Beklagten gewährte Betriebsrente in Abhängigkeit von der gesetzlichen Rente gezahlt wird. So ist in § 39 Abs. 1 BayZVKS bestimmt, die Zahlung der Betriebsrente ende mit dem Ende der gesetzlichen Rente und werde bei Fortsetzung der gesetzlichen Rentenzahlungen wieder geleistet. § 39 Abs. 2 BayZVKS kann der Versicherte weiter entnehmen, dass bei Anrechnung eines Hinzuverdienstes auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente auch die Zusatzrente wegen Erwerbsminderung einer entsprechenden Anrechnung des Hinzuverdienstes unterliegt. Der Versicherte wird diese Regelung so verstehen, dass ihm Rentenleistungen wegen Erwerbsminderung sowohl aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch aus der Zusatzversicherung - nicht zustehen sollen, soweit ein Hinzuverdienst bestimmte Grenzen übersteigt und daher auf die Rentenleistungen anzurechnen ist.
16Die Grenzen eines insoweit neben der Erwerbsminderungsrente unbedenklichen Hinzuverdienstes sind für die gesetzliche Rente in § 96a Abs. 1 und 2 SGB VI festgelegt. § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI, auf welchen der Versicherte in § 39 Abs. 5 BayZVKS hingewiesen wird, bestimmt insoweit ergänzend, dass bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung dem Arbeitsentgelt oder -einkommen der Bezug von Krankengeld gleichsteht, welches aufgrund einer nach Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit geleistet wird. Daraus kann der durchschnittliche Versicherte entnehmen, dass ein - anstelle seines Hinzuverdienstes - im Krankheitsfalle gezahltes Krankengeld grundsätzlich in gleicher Weise wie der ursprüngliche Hinzuverdienst nach § 39 Abs. 2 BayZVKS auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen ist und insoweit dieselben Hinzuverdienstgrenzen gelten. Daraus folgt weiter, dass das einen Hinzuverdienst ersetzende Krankengeld ohne Einfluss sowohl auf die gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung als auch die Zusatzrente der Beklagten bleibt, solange die gesetzlichen Hinzuverdienstgrenzen aus § 96a Abs. 2 SGB VI nicht überschritten werden.
173. § 39 Abs. 5 BayZVKS enthält eine weitere Regelung über das Ruhen der Betriebsrente infolge von Krankengeldzahlungen. Die Satzungsklausel setzt für das Ruhen einer Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung voraus, dass der Versicherte ein nach Rentenbeginn gezahltes Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhält, welches nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf die gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnen ist.
18a) Die Bestimmung wirft für den durchschnittlichen Versicherten, der in erster Linie vom Klauselwortlaut ausgehen wird, die Frage auf, ob davon auch ein den Hinzuverdienst ersetzendes Krankengeld erfasst wird, welches lediglich infolge einer Unterschreitung der Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 2 SGB VI nach § 96a Abs. 1 SGB VI nicht auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente anzurechnen ist, oder ob die Bestimmung nur in Fällen anzuwenden ist, in denen eine Krankengeldanrechnung schon an den Voraussetzungen des § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI scheitert.
19b) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, sprechen sowohl der Bedingungswortlaut als auch der systematische Regelungszusammenhang, in den die Bestimmung gestellt ist, für die letztgenannte Auslegung.
20§ 39 Abs. 5 BayZVKS macht dem durchschnittlichen Versicherten schon nicht deutlich, dass mit dieser Klausel die in § 39 Abs. 2 BayZVKS getroffene Regelung über Hinzuverdienst ergänzt oder verändert werden soll. Im Anschluss an § 39 Abs. 2 BayZVKS enthalten die Absätze 3 und 4 der Satzungsbestimmung weitere selbständige Regeln über das Ruhen der Zusatzrente bei Versagung der gesetzlichen Rente (Abs. 3) sowie im Falle eines Wohnsitzes des Versicherten außerhalb der Europäischen Union (Abs. 4). Diese Ruhenstatbestände stehen mit der in § 39 Abs. 2 BayZVKS getroffenen Regelung über Hinzuverdienst ersichtlich in keinem inneren Zusammenhang. Hätte der Satzungsgeber mit der erst in Absatz 5 getroffenen Regelung die bereits in Absatz 2 getroffene Regelung über die Anrechnung von Hinzuverdienst modifizieren oder ergänzen wollen, hätte es daher nahegelegen, die Regelung entweder in Absatz 2 selbst oder zumindest im unmittelbaren Anschluss daran in Absatz 3 zu treffen. § 39 Abs. 5 BayZVKS verweist im Übrigen für die Frage der Anrechenbarkeit von Krankengeld auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente lediglich auf § 96a Abs. 3 SGB VI, welcher die grundsätzlichen Voraussetzungen der Anrechenbarkeit des Krankengeldes regelt, nicht jedoch auf § 96a Abs. 1 und 2 SGB VI, wo die für eine Anrechnung maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen geregelt sind.
21Auch soweit sich der durchschnittliche Versicherte bemüht, den inhaltlichen Regelungszusammenhang zu erfassen, in den § 39 Abs. 5 BayZVKS gestellt ist, deutet für ihn die in Absatz 2 der Klausel getroffene Regelung über die Anrechnung von Hinzuverdienst auf beide Renten in Verbindung mit § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI darauf hin, dass die Frage einer Anrechnung von Hinzuverdienst oder (diesen ersetzendes) Krankengeld dort abschließend geregelt ist und § 39 Abs. 5 BayZVKS, in welchem von einem Hinzuverdienst nicht die Rede ist und die Nichtanwendung des § 96a Abs. 3 SGB VI gerade vorausgesetzt wird, einen anderen Fall regelt.
22c) Bei dem von der Beklagten vertretenen Verständnis des § 39 Abs. 5 BayZVKS ergeben sich zudem inhaltliche Widersprüche, die sich für den durchschnittlichen Versicherten nicht auflösen lassen.
23aa) Beträfe auch die in § 39 Abs. 5 BayZVKS getroffene Ruhensregelung das einen Hinzuverdienst ersetzende Krankengeld im Sinne von § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI und hinge das Ruhen der Betriebsrente davon ab, ob das Krankengeld die Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 2 SGB VI unterschreitet, stünde der Versicherte wie die Klägerin im Streitfall bei Erhalt eines niedrigen Krankengeldes unter Umständen schlechter da, als wenn das Krankengeld die Hinzuverdienstgrenze überschritte. Denn in diesem Fall wäre die Betriebsrente lediglich nach § 39 Abs. 2 BayZVKS anteilig zu kürzen, während sie bei Unterschreitung der Hinzuverdienstgrenzen in voller Höhe zum Ruhen gebracht werden könnte.
24bb) Der durchschnittliche Versicherte wird den Sinn der gesetzlichen und satzungsmäßigen Verbote des Kumulierens sozialer Leistungen darin erkennen, dass bestimmte Beeinträchtigungen seiner Erwerbsfähigkeit nicht mehrfach ausgeglichen werden sollen und er insoweit nicht besser gestellt werden soll als durch das zu ersetzende Arbeitsentgelt oder -einkommen (vgl. BT-Drucks. 13/8671, S. 118; Jentsch in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. § 96a Rn. 31). Er wird deshalb verstehen, dass er für denselben Einnahmeausfall nicht mehrfachen Ausgleich von verschiedenen sozialen Leistungsträgern erhalten kann, sofern eine solche Kumulation ihm nicht wie bei der von der Beklagten getragenen Zusatzversorgung neben der gesetzlichen Rente ausdrücklich gesetzlich oder vertraglich zugesagt ist. Er wird mithin weiter verstehen, dass derselbe Erwerbsausfall ihm nicht zugleich durch Renten- und Krankengeldzahlungen ausgeglichen werden soll. Dieses Verständnis setzt allerdings voraus, dass zwischen beiden Ansprüchen eine Kongruenz hinsichtlich des auszugleichenden Einnahmeausfalls besteht (vgl. zur Kongruenz auch , zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, hier zitiert aus juris Rn. 10 und 24).
25An dieser Deckungsgleichheit des Ausfallgrundes fehlt es im Streitfall. Die Klägerin hat vor ihrer Krebserkrankung einen Ausgleich für ihre zuvor bereits erlittene teilweise Erwerbsminderung in Form von gesetzlicher Erwerbsminderungsrente und Zusatzrente erhalten und daneben aus ihrer verbliebenen (und insoweit nicht durch Rentenzahlungen ausgeglichenen) Arbeitskraft einen unterhalb der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen liegenden Hinzuverdienst erzielt. Das nach ihrer Krebserkrankung bezogene Krankengeld hat allein den Wegfall der diesen Hinzuverdienst tragenden Rest-Arbeitsfähigkeit, nicht hingegen die bereits zuvor erlittene Erwerbsminderung ausgeglichen. Von einer Leistungskumulation kann insofern keine Rede sein. Die Ruhensentscheidung der Beklagten hat deshalb auch nicht eine nach der Erkrankung der Klägerin eingetretene Besserstellung beseitigt, sondern zu einer Schlechterstellung geführt, denn vor ihrer Krebserkrankung bezog die Klägerin zwei Erwerbsminderungsrenten und ihren Hinzuverdienst, während ihr danach infolge der Entscheidung der Beklagten lediglich die gesetzliche Erwerbsminderungsrente und das Krankengeld als Ersatz für den ausgefallenen Hinzuverdienst verblieb.
26cc) Die dargelegten inhaltlichen Widersprüche, welche sich bei der von der Beklagten vertretenen Auslegung des § 39 Abs. 5 BayZVKS ergeben, werden den durchschnittlichen Versicherten in der Annahme bestärken, dass die in § 39 Abs. 5 BayZVKS getroffene Regelung für Krankengeld im Sinne von § 96a Abs. 3 SGB VI, welches einen Hinzuverdienst ersetzt, keine Anwendung findet, gleichviel ob es die Hinzuverdienstgrenzen überschreitet oder nicht.
274. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass nicht ersichtlich sei, in welchen Fällen § 39 Abs. 5 BayZVKS bei der hier vertretenen Auslegung noch zur Anwendung komme, überspannt sie die Anforderungen an die Erkenntnismöglichkeiten eines juristisch nicht vorgebildeten durchschnittlichen Versicherten. Er hat keinen Überblick über die komplizierten sozialrechtlichen Regelungen zur Anrechnung von Krankengeld. Insbesondere ist ihm auch die gesetzliche Regelung in § 50 SGB V über die Beendigung oder Kürzung von neben Rentenzahlungen gewährtem Krankengeld nicht geläufig. Er ist deshalb zu der von der Beklagten angesprochenen Prüfung nicht in der Lage. Auch soweit die Revision geltend macht, die Beschränkung der Regelung in § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI auf Krankengeld, das aufgrund einer erst nach Rentenbeginn eingetretenen Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, habe ihren Grund allein in einer unterschiedlichen Leistungsabwicklung der Krankenkassen, und erlaube nicht den Rückschluss, dass § 39 Abs. 5 BayZVKS lediglich auf Krankengeld anzuwenden sei, welches wegen einer vor Rentenbeginn eingetretenen Erkrankung gezahlt werde, ist der durchschnittliche Versicherte zu solchen Überlegungen nicht in der Lage, weil sie im Bedingungswortlaut keine ausreichende Stütze finden und er weder die Entstehungsgeschichte und Motive des § 39 Abs. 5 BayZVKS noch des § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI kennt.
Mayen Felsch Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski Dr. Bußmann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:070916UIVZR318.13.0
Fundstelle(n):
ZAAAF-82687