Abstimmungspflicht zwischen Prozessbevollmächtigten und Mandaten
Leitsatz
1. Ist der Umfang der Prozessvollmacht sowohl sachlich als auch zeitlich nicht klar und eindeutig formuliert, handelt die
Finanzbehörde nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie den Steuerbescheid dem Steuerpflichtigen persönlich per Amtsboten und dem
Prozessbevollmächtigten mittels einfachem Brief bekannt gibt.
2. Bei mehrfacher Zustellung zu verschiedenen Zeitpunkten an verschiedene Zustellungsempfänger beginnt der Lauf der Rechtsmittelfrist
nach ständiger Rspr. mit der zeitlich ersten Zustellung.
3. Ein mehrfach bekannt gegebener Steuerbescheid ist nicht nichtig, wenn erkennbar ist, dass es sich um ein und denselben
Steueranspruch und lediglich um mehrere Ausdrucke desselben Titels handelt.
4. Der Umstand, dass im Adressfeld des Bescheides nicht der Steuerpflichtige, sondern auch der Prozessbevollmächtigte genannt
wird, führt weder zur Nichtigkeit noch zu einer sonstigen Unwirksamkeit des Bescheides.
5. Eine unrichtige Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten ist unschädlich, sofern der Inhaltsadressat den Verwaltungsakt tatsächlich
erhalten hat
6. Die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 9 AO tritt nur für diejenigen Steueransprüche ein, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde
in seiner Selbstanzeige mitgeteilt hat.
7. Liegt aufgrund des Eintritts der strafrechtlichen Verjährung keine verfolgbare Straftat vor, kann der Ablauf der Festsetzungsfrist
nicht gem. § 171 Abs. 5 S. 2 AO gehemmt werden.
8. Ein Büroversehen ist nicht ursächlich für ein Fristversäumnis, wenn der Bevollmächtigte dieses hätte erkennen und verhindern
können, so dass eine Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist nach § 110 AO nicht in Betracht kommt.
9. im Falle des Ergehens von mehreren Steuerbescheiden besteht eine gegenseitige Informations- und Abstimmungspflicht zwischen
dem Steuerpflichtigen und seinem Prozessbevollmächtigten, deren Nichteinhaltung grundsätzlich ein Verschulden begründet, das
die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ausschließt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2016 S. 1665 Nr. 20 PStR 2016 S. 314 Nr. 12 IAAAF-82512
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Online-Dokument
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 15.07.2016 - 13 K 2290/14
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