BGH Beschluss v. - StB 25/16

Instanzenzug:

Gründe

I.

1Der Angeklagte ist aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des - am festgenommen worden und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

2Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeklagte habe sich seit Inkrafttreten des § 129b StGB am bis zu seiner Festnahme als Mitglied der marxistisch-leninistischen Gruppierung DHKP-C und damit an einer Vereinigung im Ausland beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen.

3Der Senat hat mit Beschlüssen vom (AK 26/13), (AK 6-7/14) und (AK 17-19/14) die Fortdauer der Untersuchungshaft - zuletzt über zwölf Monate hinaus - angeordnet. Der Generalbundesanwalt hat am gegen den Angeklagten und drei Mitangeklagte Anklage vor dem Oberlandesgericht Stuttgart erhoben. Der 6. Strafsenat des die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Bezüglich des Angeklagten hat er das Verfahren mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Zeitraum ab dem beschränkt und den Haftbefehl entsprechend angepasst. Der Generalbundesanwalt hat am gemäß § 207 Abs. 3 StPO eine neue Anklageschrift gegen den Angeklagten eingereicht.

4Mit Urteil vom hat das Oberlandesgericht den Angeklagten wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und mit dem angefochtenen Beschluss die Haftfortdauer angeordnet. Gegen das Urteil haben der Angeklagte und die Mitangeklagten jeweils Revision eingelegt; die Rechtsmittel liegen dem Senat derzeit zur Entscheidung vor. Der Generalbundesanwalt hat mit Antragsschriften vom beantragt, die Revisionen gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

5Das Oberlandesgericht hat der Haftbeschwerde vom , die der Angeklagte im Wesentlichen damit begründet hat, dass der angefochtene Beschluss keine hinreichende Prüfung der Verhältnismäßigkeit erkennen lasse, ausweislich seines Vorlageschreibens vom nicht abgeholfen.

II.

6Die Haftbeschwerde ist unbegründet.

71. Der Angeklagte ist der ihm zur Last gelegten Tat dringend verdächtig, ohne dass dies vom Oberlandesgericht hätte näher dargelegt werden müssen: Durch ein verurteilendes Erkenntnis wird der dringende Tatverdacht in aller Regel hinreichend belegt, ohne dass dies bei der nach § 268b StPO zu treffenden Entscheidung über die Haftfortdauer gesonderter Prüfung und Begründung bedarf (, NStZ 2006, 297 mwN). So verhält es sich hier.

82. Es besteht - wie das Oberlandesgericht in seinem Vorlageschreiben zutreffend ausgeführt hat - der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Die ausgesprochene Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren begründet einen erheblichen Fluchtanreiz, der es wahrscheinlicher macht, dass sich der Angeklagte, der aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit zur DHKP-C über keine sozialen Kontakte außerhalb dieser terroristischen Vereinigung verfügt, dem weiteren Strafverfahren entziehen wird, als dass er sich ihm stellt. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts dadurch, dass der Angeklagte bereits über die Hälfte der erkannten Strafe durch die seit gut drei Jahren andauernde Untersuchungshaft verbüßt hat; auch der verbleibende Strafrest ist geeignet, die Fluchtgefahr zu begründen, zumal - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - bei dem mehrfach auch einschlägig vorbestraften Angeklagten nicht zu erwarten ist, dass ihm die Vollstreckung des Strafrests zeitnah zur Bewährung ausgesetzt werden wird. Aus diesem Grund sind auch weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO nicht geeignet, den Zweck der Untersuchungshaft zu erreichen.

9Darüber hinaus ist angesichts des bestehenden Tatverdachts nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB auch der Haftgrund der Schwerkriminalität gemäß § 112 Abs. 3 StPO gegeben. Die genannten Umstände begründen die Gefahr, dass die Ahndung der Tat ohne die weitere Inhaftierung des Angeklagten vereitelt werden könnte, so dass die Vorschrift auch bei ihrer gebotenen restriktiven Auslegung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) angewendet werden kann.

103. Vor diesem Hintergrund steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle der Rechtskraft des Urteils (noch) zu vollstreckenden Strafe. Insbesondere ist mit Blick auf den Umfang und die Komplexität des gegen den Angeklagten und drei Mitangeklagte geführten Strafverfahrens einschließlich der knapp elfmonatigen Hauptverhandlung nicht ersichtlich, dass das Verfahren nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung betrieben worden wäre.

11Es gefährdet deshalb den Bestand des Haftfortdauerbeschlusses oder gar des Haftbefehls im Ergebnis nicht, dass das Oberlandesgericht auch den Haftgrund und die Verhältnismäßigkeit der Haftfortdauer in dem angefochtenen Beschluss nicht begründet hat (vgl. dazu , BVerfGK 15, 474, 481 f.; Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 268b Rn. 3).

Fundstelle(n):
PAAAF-81273