NWB Nr. 35 vom Seite 2617

„Einfach” ist noch lange nicht „eindeutig“

Claudia Kehrein | Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Von der Dampfmaschine zur Digitalisierung

Als sog. Megatrends bezeichnet man gemeinhin solche Trends, die grundlegende und vor allem langfristige Veränderungen einläuten. Ihren Ausgangspunkt haben diese in der Regel in bahnbrechenden Erfindungen, so beispielsweise – der wohl erste Megatrend – die Erfindung der Dampfmaschine. Zu den aktuellen „Blockbuster“ des Wandels zählen insbesondere die Digitalisierung und Automatisierung, die in den letzten Jahren zu massiven Veränderungen in nahezu allen Bereichen des Lebens – und somit auch im Besteuerungsverfahren – geführt haben. Die Anpassung der verfahrensrechtlichen Regelungen an das digitale Zeitalter ist Ziel des vom Bundesrat am beschlossenen Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Zur Umsetzung der Zielsetzung sieht die Verfahrensrechtsreform eine Reihe von Maßnahmen vor.

Im ersten Teil seines Überblicks über die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen widmet sich Baum in dieser Ausgabe auf unter anderem dem Herzstück der verfahrensrechtlichen Neuregelungen: dem Einsatz von automationsgestützten Systemen im Besteuerungsverfahren – den sog. Risikomanagementsystemen. In den kommenden Ausgaben werden dann die weiteren Maßnahmen beleuchtet, so im folgenden zweiten Teil – als weitere zentrale Neuerung – die gesetzliche Vorabanforderungsmöglichkeit der Finanzverwaltung.

Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens hatte der BdSt die Gelegenheit ergriffen und angeregt, in diesem Zusammenhang neben den technischen Modernisierungen auch die Gesetzessprache anzupassen. Da diese in weiten Teilen nicht mehr dem üblichen Sprachgebrauch entspreche, hätten viele Bürger Schwierigkeiten, den Gesetzestext und die Bescheide zu verstehen. Dies könne durch eine einfachere Sprache in den Gesetzen und den Bescheiden erreicht werden. Dass „einfach” aber nicht zwangsläufig „eindeutig” bedeutet, zeigt ein kürzlich vom BFH entschiedener Fall. Im Zuge der sog. gleitenden Generationennachfolge hatte ein Unternehmer seinen Gesellschaftsanteil unentgeltlich auf seinen Sohn übertragen. Ein Grundstück, das zum Sonderbetriebsvermögen gehörte, behielt er zunächst zurück. Da dieses – so der Gesetzeswortlaut – somit „weiterhin“ im Betriebsvermögen verblieb, waren die Voraussetzungen für die Buchwertfortführung erfüllt. Durch die Übertragung des Grundstücks zwei Jahre nach der Anteilsübertragung in ein anderes Betriebsvermögen war nach Auffassung der Finanzverwaltung die Privilegierung jedoch rückwirkend entfallen. Welche Anforderungen der Gesetzeswortlaut „weiterhin“ an die Sperrfrist für zurückbehaltenes Sonderbetriebsvermögen knüpft, hatte der BFH zu klären. Zu den Entscheidungsgründen nimmt Kraft auf Stellung.

Beste Grüße

Claudia Kehrein

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 2617
CAAAF-80596