1. Ist im Zeitpunkt der Bewilligung von Witwenrente nach der objektiven Sach- und Rechtslage, also unabhängig vom Kenntnisstand der Behörde, davon auszugehen, dass nach Ablauf einer aus Rechtsgründen anrechnungsfreien Zeit Einkommen anzurechnen sein wird, ist die Zuerkennung eines Zahlungsanspruches auf Dauer in voller Höhe rechtswidrig. Eine Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen der Anrechnung von Einkommen richtet sich dann nach § 45 SGB X. Der Ablauf des anrechnungsfreien Zeitraums und die nun nach den rechtlichen Regelungen zu erfolgende Anrechnung von Einkommen stellt keine Änderung der Rechtslage i.S. des § 48 SGB X dar.
2. Zu den Handlungsmöglichkeiten des Rentenversicherungsträgers bei der Anrechnung von Einkommen.
3. Liegen Umstände vor, die im Rahmen einer rechtmäßigen Ermessensentscheidung eine Entscheidung zugunsten des Leistungsempfängers auch nur ermöglichen würden, schließt dies die Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null aus.
4. Die Verletzung der Obliegenheit, den Inhalt von Bescheiden zur Kenntnis zu nehmen, kann den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen. Der Leistungsempfänger wird dann so behandelt, als habe er die Hinweise im Bescheid zur Kenntnis genommen. Grobe Fahrlässigkeit ist aber auch dann nur anzunehmen, wenn die Hinweise vor dem Hintergrund des konkreten Falles dazu geführt hätten, dass der Leistungsempfänger das Bestehen einer Mitteilungspflicht oder das Nichtbestehen des Anspruchs hätte erkennen müssen.
5. Wird dem Leistungsempfänger zur Begründung einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung i.S. des § 45 SGB X das Verhalten bzw. die Kenntnis eines Dritten (hier eines Bevollmächtigten) zugerechnet, ist dies vom Leistungsträger bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen.
Fundstelle(n): EAAAF-77588
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LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 16.06.2016 - L 10 R 3153/13
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