Krankenversicherung - Krankenhaus - teilstationäre Krankenhausbehandlung an einzelnen getrennten Tagen - Unterscheidung zu vor- und nachstationärer Behandlung
Leitsatz
1. Versicherte können teilstationäre Krankenhausbehandlung in Gestalt mehrstündiger Behandlung an einzelnen getrennten Tagen erhalten (Aufgabe von = BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1).
2. Erhalten Versicherte teilstationäre Krankenhausbehandlung an einzelnen getrennten Tagen, bedarf es an jedem Tag einer Aufnahmeuntersuchung zur Prüfung der Erforderlichkeit.
Gesetze: § 39 Abs 1 S 1 SGB 5 vom , § 39 Abs 1 S 2 SGB 5 vom , § 109 Abs 1 SGB 5, § 109 Abs 4 S 1 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5, § 112 Abs 1 SGB 5, § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5, § 115a Abs 1 Nr 1 SGB 5 vom , § 115a Abs 1 Nr 2 SGB 5 vom , § 115a Abs 2 S 1 SGB 5, § 115a Abs 2 S 2 SGB 5, § 1 Abs 1 KHEntgG, § 6 Abs 1 S 1 KHEntgG, § 17b Abs 1 KHG vom , § 184 Abs 1 RVO vom
Instanzenzug: SG Rostock Az: S 15 KR 249/08 Urteilvorgehend Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Az: L 6 KR 32/12 Urteil
Tatbestand
1Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung.
2Die Klägerin, eine rechtsfähige Teilkörperschaft der Universität R., ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. Sie verfügt dort ua über Tagesklinikplätze der Klinik für Innere Medizin, Abteilung Hämatologie und Onkologie. Die Vergütung der Behandlungen erfolgt aufgrund einer Vereinbarung mit den Krankenkassen (KKn) nach tagesbezogenen teilstationären Entgelten. Die Klägerin behandelte den bei der beklagten KK Versicherten seit Juli 2007 wegen eines metastasierenden Kolonkarzinoms ua vom 7.1. bis mittels komplexer Blockchemotherapie in der Tagesklinik. Er erhielt nach einem zuvor festgelegten Therapieschema an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion. Da er am über Durchfallsymptome klagte und sich eine Hautrötung im Bereich der Hände und Füße (sog Hand-Fuß-Syndrom) zeigte, sah die Klinik an diesem Tag von der Chemotherapie ab. Die Klägerin berechnete und erhielt zunächst 19 721,32 Euro für die Behandlung, dabei für den insgesamt 648,86 Euro (Abteilungspflegesatz zzgl Investitionszuschlag; ). Die Beklagte forderte - gestützt auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - vergeblich 573,18 Euro zurück: Der Versicherte habe am tatsächlich keine Medikation erhalten. Die Klägerin hätte die Unverträglichkeit vor Aufnahme abklären müssen. Hierfür sei nur eine Vergütung entsprechend vorstationärer Behandlung vorgesehen. Die Beklagte rechnete deshalb mit ihrem geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen eine andere Forderung der Klägerin auf (). Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom ). Das LSG hat die Beklagte dagegen verurteilt, der Klägerin 573,18 Euro nebst Zinsen zu zahlen: Die erforderliche Untersuchung sei bereits vor der Aufnahme am erfolgt. Der Versicherte habe vergütungsunschädlich am die Behandlung abgebrochen (Urteil vom ).
3Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 39 SGB V.
4Die Beklagte beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom zurückzuweisen.
5Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
6Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Gründe
7Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der klagenden Krankenhausträgerin steht der im Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12) verfolgte Vergütungsanspruch aus der Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 1.). Die Beklagte erfüllte diesen Vergütungsanspruch in Höhe von 573,18 Euro dadurch, dass sie mit einem aus der Behandlung des Versicherten resultierenden Erstattungsanspruch wirksam aufrechnete (dazu 2.).
81. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung weiterer 573,18 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8; BSG SozR 4-5560 § 17b Nr 6 RdNr 8 mwN).
92. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs in Höhe von 573,18 Euro aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren erfüllt, mit dem die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Restvergütungsforderung der Klägerin aufrechnete. Die Beklagte erfüllte den der Klägerin zustehenden restlichen Vergütungsanspruch durch die wirksame Aufrechnung (dazu a), weil ihr ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe zustand (dazu b bis d). Für die teilstationäre Leistung, die die Klägerin am nach der Behandlungsplanung dem Versicherten erbringen wollte (dazu c), konnte sie keine weitere Vergütung beanspruchen, weil sie nach gebotener Überprüfung die Behandlung als an diesem Tag nicht geeignet und damit als nicht erforderlich ansah und sie unterließ (dazu d).
10a) Die Beklagte erklärte gegenüber der Klägerin wirksam die Aufrechnung. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die Beklagte konnte mit ihrer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen, da ihr Erstattungsanspruch in der erklärten Höhe bestand (vgl dazu allgemein BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN; zur Aufrechnung BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.
11b) Die Beklagte zahlte der Klägerin 573,18 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund, weil die Klägerin für die zugunsten des Versicherten am erbrachten Leistungen einen jedenfalls in diesem Umfang überhöhten Betrag berechnete. In dieser Höhe steht der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (vgl zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr). Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Krankenhausvergütung für eine teilstationäre Behandlung des Versicherten am über den unstreitigen, bezahlten Anspruch in Höhe von 75,68 Euro hinaus entsprechend der Pauschale für vorstationäre Behandlung (vgl § 3 Abs 4 Krankenhausbehandlungsvertrag - Landesvertrag gemäß § 112 Abs 1, Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung; hiernach hat die Vergütung analog zur vorstationären Behandlung zu erfolgen, wenn sich im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung herausstellt, dass keine stationäre Behandlung erforderlich ist). Denn die Klägerin erfüllte am nicht die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung bei teilstationärer Behandlung. Zwar unterfiel die beabsichtigte Behandlung dem Rechtsregime teilstationärer Behandlung (dazu c). Die Aufnahme des Versicherten war aber an diesem Tag nach der gebotenen Prüfung durch das Krankenhaus nicht erforderlich, sondern die geplante Chemotherapie war wegen Durchfalls und Hand-Fuß-Syndroms des Versicherten kontraindiziert (dazu d).
12c) Die Klägerin konnte die an einzelnen Tagen im Intervall von ein bis zwei Wochen beabsichtigte Therapie des Versicherten teilstationär erbringen. Entgegen der Auffassung des LSG ist hierfür nicht in erster Linie die Vorstellung der Vertragspartner in Vergütungsvereinbarungen maßgeblich, sondern die Zulässigkeit teilstationärer Therapie nach dem Plan des Gesetzgebers. Nur soweit das Gesetz eine teilstationäre Therapie ermöglicht und diese erfolgt ist, greift das hierfür vorgesehene Vergütungsregime. Teilstationäre Behandlung unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst. Soweit der früher für das Leistungserbringungsrecht des Krankenhauses zuständige 3. Senat des BSG zusätzlich nach dem alten Rechtszustand der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) gefordert hat, dass die Leistungen nicht nur in mehr oder weniger kurzen Intervallen erfolgen, sondern sich über einen längeren, sinngemäß jeweils mehrtägigen Zeitraum zu erstrecken haben (vgl BSGE 92, 223 RdNr 22 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 21; kritisch Trefz, SGb 2005, 46, 47), gibt der erkennende Senat diese Rechtsprechung auf. Die Rechtsansicht harmoniert nicht damit, dass selbst vollstationäre Krankenhausbehandlung entsprechend den Fallpauschalen für einen einzelnen Vollbelegungstag möglich ist (vgl zB Hensen/Roeder, KH 2005, 196, 197). Der Wortlaut des Gesetzes verlangt nicht nach einer solchen Einschränkung. Entstehungsgeschichte und Regelungszweck der teilstationären Behandlung sprechen für ein weites Verständnis.
13aa) Teilstationäre Krankenhausbehandlung sollte bereits unter Geltung der RVO zunächst in der Psychiatrie (vgl Psychiatrie-Enquête 1975, BT-Drucks 7/4200 S 209 ff, 215 ff, 222; § 184 Abs 1 S 1 Halbs 2 RVO idF des Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes vom , BGBl I 1578) und später generell einen Zwischenbereich zwischen vollstationärer und ambulanter Versorgung schaffen (vgl umfassend § 184 Abs 1 RVO idF durch das Gesetz zur Verbesserung der ambulanten und teilstationären Versorgung psychisch Kranker vom , BGBl I 324 und hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/4533 S 11 und S 13). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung und damit auch zur Tagesklinik sollte unter den üblichen Voraussetzungen der Krankenhauspflege erfolgen. Die ausdrückliche Erwähnung teilstationärer Behandlungen mit Inkrafttreten des SGB V zum und in der Folgezeit änderte daran nichts (vgl § 39 Abs 1 S 2 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom , BGBl I 2477; § 39 Abs 1 S 1 SGB V idF des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung <Gesundheitsstrukturgesetz> - GSG vom , BGBl I 2266).
14Teilstationäre Krankenhausversorgung unterfällt dementsprechend - als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung - dem Rechtsregime des Qualitätsgebots für Krankenhausleistungen (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 137c SGB V), nicht jenem der vertragsärztlichen Versorgung (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 135 SGB V). Teilstationäre Behandlung ist nicht kostengünstig vertragsärztlich sicherzustellen (§ 72, § 72a, § 75 SGB V), sondern aufwändiger durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 107 bis 109 SGB V) und zweiseitige Verträge (§ 112 SGB V). Dementsprechend ist teilstationäre Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Vergütung zu bezahlen (vgl insbesondere § 72 Abs 2, § 75 Abs 7 und Abs 7a, § 82 Abs 2, § 85, §§ 87 bis 87e SGB V), sondern nach den Regeln der Krankenhausvergütung (vgl sogleich, cc). Der im Regelungssystem angelegte Vorrang der vertragsärztlichen vor der stationären, auch teilstationären Versorgung wurzelt in den Kostenvorteilen der vertragsärztlichen Versorgung, im Kern also im Wirtschaftlichkeitsgebot (vgl entsprechend zu § 39 SGB V: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesundheits-Reformgesetzes, BT-Drucks 11/2237 S 177 zu § 38 Abs 1 des Entwurfs: "Vorrang der preisgünstigen ambulanten Behandlung").
15bb) Teilstationäre Krankenhausbehandlung unterscheidet sich von vorstationärer Behandlung zunächst dadurch, dass sie nicht notwendig ohne Unterkunft und Verpflegung und nicht nur zu eng umgrenzten Zwecken erfolgt wie etwa die vorstationäre Behandlung, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (§ 115a Abs 1 Nr 1 SGB V, hier anzuwenden in der durch Art 1 Nr 71 GSG vom , BGBl I 2266, eingefügten Fassung). Während die vorstationäre Behandlung grundsätzlich auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt ist (vgl § 115a Abs 2 S 1 SGB V) und die nachstationäre Behandlung grundsätzlich begrenzt ist auf höchstens sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Abs 2 Transplantationsgesetz - TPG (§ 9 TPG idF durch Art 1 Nr 6 Gesetz vom , BGBl I 1601 mWv ) auf grundsätzlich drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung (vgl § 115a Abs 2 S 2 SGB V), unterliegt die teilstationäre Behandlung nicht vergleichbaren Grenzen.
16cc) Zudem ist die Vergütungsstruktur für teilstationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten nach der Gesetzeskonzeption an jene für vollstationäre Behandlung angelehnt. Sie unterscheidet sich insoweit von der Vergütungsstruktur für vor- und nachstationäre Leistungen (vgl hierzu zB BSGE 114, 199 = SozR 4-2500 § 115a Nr 4, RdNr 9 ff mwN). Die Vergütung für teilstationäre Behandlung bemisst sich nämlich grundsätzlich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Nach § 1 Abs 1 Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG (hier anzuwenden idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser <Fallpauschalenänderungsgesetz - FPÄndG> vom , BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vergütet. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs 4 S 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 Fallpauschalengesetz vom , BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom , BGBl I 3429) und § 17b KHG (hier anzuwenden idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz <GKV-WSG> vom , BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen <FPV>) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG (idF durch Art 19 Nr 3 GKV-WSG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG (idF durch Art 19 Nr 3 GKV-WSG).
17Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden (§ 17b Abs 1 S 15 KHG; ab § 17b Abs 1 S 10 KHG). Für Leistungen, die ab dem Jahr 2005 noch nicht mit den DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelten sachgerecht vergütet werden können, und für besondere Einrichtungen nach § 17b Abs 1 S 15 KHG vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG fall- oder tagesbezogene Entgelte oder in eng begrenzten Ausnahmefällen Zusatzentgelte, sofern die Leistungen oder besonderen Einrichtungen nach Feststellung der Vertragsparteien nach § 9 KHEntgG oder in einer Verordnung nach § 17b Abs 7 S 1 Nr 3 KHG von der Anwendung der DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelte ausgenommen sind (§ 6 Abs 1 S 1 KHEntgG).
18dd) Die Klägerin behandelte den Versicherten nach den aufgezeigten Kriterien seit teilstationär. Er erhielt nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nach einem zuvor festgelegten Therapieschema an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion, wofür er der besonderen Mittel des Krankenhauses bedurfte. Die Klägerin plante auch für den eine solche Behandlung, zu der es dann jedoch nicht kam.
19d) Das Gesetz fordert als Vergütungsvoraussetzung, dass auch bei teilstationärer Behandlung jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein muss, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Das folgt aus Regelungssystem (dazu aa), Wortlaut (dazu bb) und Regelungszweck (dazu cc). An der aufgezeigten Voraussetzung fehlt es (dazu dd).
20aa) Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - auch bei teilstationärer Krankenhausbehandlung unmittelbar mit Inanspruchnahme der teilstationären Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus - wie hier bei der Klägerin - durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15, alle mwN). Die Zahlungsverpflichtung dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10). Den Leistungsanspruch der Versicherten regelt ua § 39 SGB V. Die Krankenhausvergütung bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern für die teilstationären Leistungen nach tagesbezogenen teilstationären Fallpauschalen oder Entgelten, die krankenhausindividuell (vgl § 6 Abs 1 S 1 KHEntgG) vereinbart worden sind (§ 6 Abs 1 FPV 2008).
21bb) Nach dem Gesetzeswortlaut wird das Krankenhaus mit einem Versorgungsvertrag (vgl § 109 Abs 1 SGB V) für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der BPflV zu führen (§ 109 Abs 4 S 1 bis 3 SGB V). Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 1 und 2 SGB V).
22cc) Sinngemäß gilt nach dem Regelungszweck Entsprechendes für den Anspruch Versicherter auf teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus: In diesem Fall muss die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die gesetzliche Regelung des § 39 Abs 1 S 2 SGB V spricht nur beispielhaft die vollstationäre Behandlung an. Die Regelung ist Ausdruck des umfassend geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V). Dementsprechend hat zB das Krankenhaus, dem ein Versicherter zur vorstationären Behandlung überwiesen wird, die Erforderlichkeit dieser Behandlung - schon im Eigeninteresse - vorab zu prüfen (vgl BSGE 114, 199 = SozR 4-2500 § 115a Nr 4, RdNr 25 mwN; BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 5 RdNr 17 mwN). Ebenso muss nachstationäre Behandlung erforderlich sein, um abgerechnet werden zu können (vgl BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 17 mwN). Alle arbeitsteilig in die Krankenbehandlung eingebundenen Leistungserbringer sind im Interesse des Patienten, zur Sicherung eines geeigneten Vorgehens und zwecks Achtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet, im Rahmen ihrer professionellen Kompetenz laufend zu prüfen, ob der ursprünglich aufgestellte Therapieplan weiter zu verfolgen ist (vgl entsprechend zB zu Heilmittelerbringern BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 20).
23dd) Die Klägerin prüfte und verneinte entsprechend den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben am , dass die teilstationäre Behandlung des Versicherten an diesem Tag erforderlich war. Seine Behandlung war wegen Durchfalls und Hand-Fuß-Syndroms kontraindiziert. Es ist vergütungsrechtlich ohne Belang, zu welchem Zeitpunkt vor Beginn der beabsichtigten Therapie am die Überprüfung der Erforderlichkeit erfolgte.
243. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 161 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2016:190416UB1KR2115R0
Fundstelle(n):
PAAAF-76543