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Online-Nachricht - Mittwoch, 22.06.2016

Einkommensteuer | Kinderbetreuungskosten durch eine angestrebte Tätigkeit (BFH)

Kinderbetreuungskosten können auch dann nach § 9c Abs. 1 EStG 2009 a.F. wie Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie durch eine erst angestrebte Tätigkeit veranlasst sind (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes i.S. des § 32 Abs. 1 EStG, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen, konnten bis zum VZ 2011 bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind, bei der Ermittlung der Gewinneinkünfte gemäß § 9c Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. "wie" Betriebsausgaben abgezogen werden. Im Fall des Zusammenlebens der Elternteile galt dies nur, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind (§ 9c Abs. 1 Satz 2 EStG a.F.).

Sachverhalt: Die Kläger sind Eltern eines im September 2002 geborenen Sohnes und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2009 erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Klägerin war im gesamten Jahr arbeitslos. Seit Anfang 2010 ist die Klägerin aufgrund einer im Oktober 2009 erhaltenen Stellenzusage wieder erwerbstätig. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger Kinderbetreuungskosten in Höhe von 1.869 EUR geltend, die sie im Klageverfahren auf 1.917 EUR erhöhten. Das FA setzte die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten fest, weil nicht beide Elternteile erwerbstätig waren. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Der Abzug von Werbungskosten setzt lediglich voraus, dass sie durch den Beruf oder die Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte veranlasst sind. Aufwendungen sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden.

  • Werbungskosten können auch dann abgezogen werden, wenn sie nach Beendigung einer Tätigkeit anfallen, durch die Überschusseinkünfte erzielt werden; der Grund für die Aufwendungen muss dann jedoch bereits zu dem Zeitpunkt gelegt sein, in dem die Tätigkeit ausgeübt wurde.

  • Werbungskosten können auch durch eine künftige, erst angestrebte Tätigkeit veranlasst sein (sog. vorweggenommene Werbungskosten).

  • Der Grundsatz, dass die Veranlassung durch eine bereits beendete oder eine erst angestrebte Tätigkeit für den Abzug von Werbungskosten genügt, gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber Aufwendungen, die wie Kinderbetreuungskosten sowohl beruflich als auch privat veranlasst sind, nicht "als" Werbungskosten einstuft, sondern zum Abzug "wie Werbungskosten" zulässt.

  • § 9c Abs. 1 Satz 2 EStG setzt zwar für den Fall des Zusammenlebens der Elternteile voraus, dass beide Elternteile erwerbstätig sind. Dies ist aber nicht so zu verstehen, dass eine Erwerbstätigkeit von beiden Elternteilen in demselben Zeitraum ausgeübt werden muss, in dem die Kinderbetreuung stattfindet.

Quelle: NWB Datenbank (Sc)

Hinweis: Die Anwendung des Veranlassungsgrundsatzes auch auf § 9c EStG a.F. durch den BFH ist nur noch für die Vergangenheit von Bedeutung. Durch das StVereinfG v. (BGBl 2011 I 2131) wurden die Kinderbetreuungskosten ab dem VZ 2012 in den neuen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG übernommen. Nach dem neuen Sonderausgabenabzug kommt es auf die erwerbsbedingte Veranlassung der Kinderbetreuungskosten nicht mehr an; auch kann der Abzug der Aufwendungen nicht mehr zu verrechenbaren Verlusten führen.

Fundstelle(n):
DAAAF-76145