BSG Beschluss v. - B 4 AS 14/16 BH

Instanzenzug: S 4 AS 1269/11

Gründe:

I

1Der Beklagte bewilligte dem 1963 geborenen Kläger während des Zeitraums eines Bezugs von SGB II-Leistungen für eine ab August 2010 begonnene Weiterbildungsmaßnahme (Qualifikation zum SAP-Berater), die bis zum andauern sollte, außer Lehrgangsgebühren auch Fahrtkosten in Höhe von 257,50 Euro (Bescheid vom ). Er informierte den Kläger am schriftlich (e-mail) über die beabsichtigte Beendigung der Maßnahme nach Empfehlung des Maßnahmeträgers, weil das Weiterbildungsziel nicht mehr erreicht werden könne. Das SG lehnte den hiergegen gerichteten Antrag des Klägers im einstweiligen Rechtsschutz ab (Beschluss vom - S 4 AS 211/11 ER), weil eine Glaubhaftmachung des Anspruchs nicht gelungen sei. In den Verhältnissen sei eine Änderung eingetreten, weil das Schulungsziel durch die fehlenden Prüfungen und hohen Fehlzeiten des Klägers nicht mehr erreicht werden könne.

2Mit Schreiben vom hörte der Beklagte den Kläger dazu an, dass die Maßnahme am aus Krankheitsgründen beendet worden sei. Der Kläger sei zur Erstattung der bereits bis einschließlich bewilligten Fahrtkosten verpflichtet. Nachfolgend hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung bezüglich der Fahrtkosten auf und verlangte die Erstattung von 76 Euro für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom ) und in seinen Gründen ausgeführt: "Der Kläger wurde im November 2011 ausgeschult. Eine Fahrtkostenerstattung war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich. Der Anspruch auf Fahrtkosten folgt der Bewilligung und dem konkreten Besuch der Maßnahme. Wird die Maßnahme nicht mehr besucht, fallen also keine Fahrtkosten an, entfällt auch der Anspruch auf Fahrtkosten. ..."

3Das LSG hat die Berufung des Klägers mit dem Antrag, "unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Hamburg vom und der Bescheide des Beklagten vom und den Beklagten zu verurteilen, ihm die Fahrtkosten in Höhe von 76 Euro zu belassen sowie die Weiterbildungsmaßnahme bei einem anderen Bildungsträger fortzuführen", zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Beklagte habe die Bewilligung der Fahrtkostenerstattung für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 zu Recht aufgehoben und Erstattung verlangt. Insoweit werde auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen. Soweit es dem Kläger um die Fortsetzung der Weiterbildung gehe, stehe seinem Begehren bereits entgegen, dass er aus dem SGB II-Bezug ausgeschieden sei und daher eine Weiterbildungsmaßnahme nach dem SGB II nicht mehr in Betracht komme.

4Mit Schreiben vom hat der Kläger die Bewilligung von PKH für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde beantragt.

II

5Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO).

6Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der ersten und zweiten Instanz sowie des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Solche liegen nur vor, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

7Zur Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache reicht eine lediglich inhaltliche Kritik an der Entscheidung des Berufungsgerichts im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht aus (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Ein zugelassener Prozessbevollmächtigter müsste konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung formulieren können, die klärungsbedürftig und klärungsfähig sind. Solche sind hier - ausgehend von dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am formulierten Begehren - nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Teilnahme des Klägers an einer Weiterbildungsmaßnahme bei einem anderen Bildungsträger fehlt es schon an einem Vorverfahren als Klagevoraussetzung. Auch bezogen auf die Aufhebung der Fahrtkostenbewilligung mit dem angefochtenen Bescheid vom in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom sind Rechtsfragen grundsätzlicher Art nicht erkennbar, weil eine umfassende Rechtsprechung des BSG zur rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung nach Maßgabe des § 48 Abs 1 S 2 SGB X vorliegt. Aus diesem Grund sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter erfolgreich das Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) rügen könnte.

8Ebenso wenig ist erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, einen Verfahrensfehler des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) darzulegen. Soweit der Kläger geltend macht, die mit Beschluss vom erfolgte Übertragung auf den Berichterstatter durch den Senat und die Besetzung in der mündlichen Verhandlung vom sei nicht rechtmäßig, ist nicht ersichtlich, dass dem LSG bei der Entscheidung in der Besetzung nach § 153 Abs 5 SGG ein Verfahrensfehler unterlaufen ist. Die Übertragung auf den Berichterstatter, der dann mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, ist - anders als die Befugnis des Vorsitzenden oder an dessen Stelle des Berichterstatters zu einer Entscheidung nach § 155 Abs 3, 4 SGG - nicht von der Zustimmung der Beteiligten abhängig. Dieses Vorgehen in den Fällen der Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs 2 S 1 SGG) erfordert lediglich einen schriftlichen und den Beteiligten zuzustellenden Beschluss des Senats (dazu im Einzelnen - SozR 4-1500 § 153 Nr 8; - juris). Da der Beschluss vom dem Kläger am zugestellt worden ist, liegt kein Verstoß gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts vor.

9Soweit der Kläger beanstandet, das LSG habe die nach § 106 SGG dem Vorsitzenden Richter vorgelegten Beweisanträge - insbesondere zu der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - ohne hinreichenden Grund ignoriert, ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG hierauf beruht. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Fehlzeiten des Klägers während der Weiterbildungsmaßnahme als entschuldigt unterstellt, ist aber davon ausgegangen, dass eine erfolgreiche Beendigung der Maßnahme nicht mehr möglich gewesen ist. Eine abweichende (Rechts-)Ansicht zu dieser Frage kann aber weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründen noch als verfahrensfehlerhaft angesehen werden.

10Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Fundstelle(n):
IAAAF-76097