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Online-Nachricht - Mittwoch, 15.06.2016

Einkommensteuer | Sofortabzug eines Disagios (BFH)

Ein Disagio ist nur dann nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn es sich nicht im Rahmen des am aktuellen Kreditmarkt Üblichen hält. Wann dies der Fall ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung. Wird eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Nach § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG ist diese Regelung (Satz 3) auf ein Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.

Sachverhalt: Streitig ist der Werbungskostenabzug für ein Disagio bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im VZ 2009: Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag erwarb der Kläger ein Mehrfamilienhaus zum Preis von 1,5 Mio. EUR. Den Kaufpreis finanzierte er mit einem bei einer Geschäftsbank aufgenommenen Hypothekendarlehen über einen Darlehensbetrag von nominell 1.333.000 EUR. Der Nominalzinssatz betrug bei einer festen Zinsbindung von zehn Jahren 2,85 % jährlich. Bei der Berechnung des Nominalzinssatzes war ein Disagio von 10 % der Darlehenssumme berücksichtigt.

Der Kläger machte u.a. das Disagio in voller Höhe als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Das FA berücksichtigte hiervon lediglich den „marktüblichen Teil“ von 5 %. Der darüber hinausgehende Disagiobetrag werde auf den Zinsfestschreibungszeitraum von zehn Jahren verteilt. Im Streitjahr wurde der Disagiobetrag daher nur anteilig berücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg, der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Der in § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG verwendete Begriff "marktüblich" bezieht sich auf das jeweils konkret betroffene Disagio.

  • Bezogen auf die dargelegte Funktion eines Disagios ergibt sich die Marktüblichkeit aus der Höhe des Disagios im Verhältnis zur Höhe und Laufzeit des Kredits, dies in Relation zu den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt (HHR/Kister, § 11 EStG Rz 128, Stichwort "Marktüblichkeit")

  • Was marktüblich ist, ist nach den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt bezogen auf das konkrete finanzierte Objekt zu entscheiden.

  • Die Marktüblichkeit an einen festen Zinssatz zu koppeln, kommt insoweit nicht in Betracht.

  • Abzugrenzen ist das marktübliche Disagio von "ungewöhnlichen" Gestaltungen, die sich nicht in dem auf dem aktuellen Kreditmarkt üblichen Rahmen halten. Wann dies der Fall ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung.

  • Wird eine Zins- und Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit.

  • Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen verlassen wird.

  • Solche Umstände können etwa in einer besonderen Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, besonderen persönlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander oder ganz atypischen Vertragsgestaltungen liegen.

  • Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall keine hinreichenden Feststellungen zur Marktüblichkeit der streitbefangenen Disagio- und Zinsvereinbarung getroffen. Diese Feststellungen wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

Quelle: NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
PAAAF-75597