Instanzenzug: S 14 KR 188/13
Gründe:
I
1Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet an einem Lipödem der Beine. Die Beklagte lehnte es ab, die Kosten einer Liposuktion zu übernehmen. Die Klägerin verschaffte sich deshalb die Leistung (stationäre Liposuktion) selbst. Sie ist mit ihrem Begehren, ihr die Behandlungskosten (8773,70 Euro) zu erstatten, erfolglos geblieben. Das LSG hat ua ausgeführt, eine Kostenerstattung sei ausgeschlossen, weil sowohl die ambulante als auch die stationäre Liposuktion nicht Gegenstand einer Sachleistung der KKn sein könne. Es fehle an einer erforderlichen positiven Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Es stehe bislang auch nicht fest, dass die Liposuktion dem auch im stationären Bereich geltenden Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V entspreche. Anhaltspunkte für ein Systemversagen bestünden nicht (Beschluss vom ).
2Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss.
II
3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe des Verfahrensfehlers und der grundsätzlichen Bedeutung.
41. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss daher ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB - RdNr 5 mwN; - Juris RdNr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu - Juris RdNr 5; - RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN).
5Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - das LSG von der ihm durch § 153 Abs 4 S 1 SGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der in einem solchen Fall den Beteiligten zugestellten Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 S 2 SGG muss jedenfalls ein rechtskundig vertretener Beteiligter - anders als die Klägerin meint - auch entnehmen, dass das LSG keine weitere Sachaufklärung mehr beabsichtigt und dass es etwaige schriftsätzlich gestellte Beweisanträge lediglich als Beweisanregungen, nicht aber als förmliche Beweisanträge iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ansieht. Nach Zugang der Anhörungsmitteilung muss daher der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, innerhalb der vom LSG gesetzten Frist diesem ausdrücklich die Aufrechterhaltung dieser Anträge mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; - Juris RdNr 5; - RdNr 6; - Juris RdNr 2; - Juris RdNr 7); eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; - Juris RdNr 6). Der Tatsacheninstanz soll dadurch nämlich vor Augen geführt werden, dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 67; - Juris RdNr 9 mwN; - RdNr 8).
6Die Klägerin legt keinen Verfahrensmangel in diesem Sinne dar. Sie trägt zwar vor, sie habe nach Eingang der Anhörungsmitteilung zur medizinischen Notwendigkeit auf die "umfangreichen und unter Beweis gestellten Ausführungen, insbesondere der bereits vorliegenden Schriftsätze verwiesen" und die "Beweisanträge aus diesen Schriftsätzen sowie der Klageschrift ... erneut gestellt". Die pauschale Bezugnahme auf (alle) klägerseits angebotene Beweise genügt nach oben Gesagtem aber nicht für die Aufrechterhaltung schriftsätzlich gestellter Beweisanträge. Um die Warnfunktion zu aktivieren, muss ein - wie hier - rechtskundig vertretener Beschwerdeführer nach der Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 S 2 SGG sein Beweisbegehren als prozessordnungskonformen Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG wiederholen (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 4 S 1 ZPO; vgl - Juris, bei der Einwilligung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung in einem Erörterungstermin), zumindest aber den Schriftsatz oder die Schriftsätze und die Beweisanträge, die aufrechterhalten oder wiederholt werden sollen, so genau bezeichnen, dass das Gericht ohne Weiteres erkennen kann, in welchem Punkt der Beteiligte die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht ( - RdNr 5). Hieran fehlt es bei einer pauschalen Bezugnahme.
72. Die Klägerin legt auch die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).
8Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage,
"ob die Liposuktion bei Lipödemen zum Gegenstand des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung zumindest dann gehört, wenn sie - wie hier - stationär erbracht wird und ein Negativvotum des GBA nicht vorliegt".
9Sie legt aber die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Die Klägerin setzt sich in ihrem Beschwerdevorbringen nicht mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats auseinander, wonach das Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V (auch) in der stationären Versorgung zu beachten ist und die Regelung des § 137c SGB V deshalb nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden darf (vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 16 ff mwN; BSGE 113, 167 = SozR 4-2500 § 137c Nr 6; vgl zur Liposuktion auch - Juris RdNr 7).
10Die Klägerin legt auch nicht dar, wieso die speziell auf die Liposuktion bei Lipödemen ausgerichtete Fragestellung über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Sie setzt sich nicht mit der Rechtsprechung auseinander, wonach die Frage nach den Therapiemöglichkeiten für ein einzelnes Leiden und dem darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch regelmäßig keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher" Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 5 ff; - Juris RdNr 6).
113. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
124. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
FAAAF-75356