Anwendung des § 97 Abs. 1b BewG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 2015
Die Aufteilung des nach § 11 Abs. 2 BewG ermittelten Werts der Kapitalgesellschaft wird grundsätzlich nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) der Gesellschaft vorgenommen (§ 97 Abs. 1b Satz 1 BewG).
Für Bewertungsstichtage ab sind gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen zu berücksichtigen, die eine davon abweichende Aufteilung zur Folge haben (§ 97 Abs. 1b Satz 4 BewG i. d. F. durch das Steueränderungsgesetz 2015, BGBl 2015 I S. 1834, BStBl 2015 I S. 846), wenn eine Aufteilung nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital zu einem unzutreffenden Ergebnis führt.
In Betracht kommen insbesondere:
eine vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital abweichende Gewinnverteilung;
eine vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital abweichende Beteiligung am Liquidationserlös.
Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (§ 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BewG) bleiben weiterhin bei der Aufteilung des Werts der Kapitalgesellschaft unberücksichtigt.
Tz. 1.10 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom (BStBl 2014 I S. 882) ist hinsichtlich der Aufteilung des Werts der Kapitalgesellschaft durch die Gesetzesänderung überholt. Ein zuvor festgestellter Basiswert (§ 151 Abs. 3 Satz 1 BewG) findet keine Anwendung mehr, wenn sich der rechtliche Aufteilungsmaßstab für den Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft zwischen den beiden Bewertungsstichtagen aufgrund der Neuregelung des § 97 Abs. 1b BewG geändert hat (Fall veränderter rechtlicher Verhältnisse).
Bei der Aufteilung des nach § 11 Abs. 2 BewG ermittelten Werts der Kapitalgesellschaft nach § 97 Abs. 1b Satz 1 BewG ist wie in den folgenden Beispielen dargestellt zu verfahren:
Sachverhalt 1 (abweichender Gewinnverteilungsschlüssel)
Gesellschafter der X-GmbH sind A zu 40 % und B zu 60 %. Die Anteile am Nennkapital gelten auch für die Verteilung eines späteren Liquidationserlöses. Vertraglich wurde abweichend vom Anteil am Nennkapital eine Gewinnverteilung für A zu 75 % und B zu 25 % vereinbart.
Der Ertragswert des Betriebsvermögens der GmbH wurde i. H. v. 4 000 000 EUR und der Substanzwert i. H. v. 2 500 000 EUR ermittelt. Somit ist der Wert des Betriebsvermögens der GmbH mit 4 000 000 EUR anzusetzen.
A verstirbt im Jahr 2016. Erbe ist K.
Grundsatz: Bei einer Aufteilung nach dem Anteil am Nennkapital ergibt sich ein Wert des Anteils des A von (40 % von 4 000 000 EUR =) 1 600 000 EUR.
Bei Vorliegen eines abweichenden Gewinnverteilungsschlüssels ist dieser für die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens nicht allein maßgebend. Zunächst ist der Substanzwert nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen. Übersteigt der im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte gemeine Wert den Substanzwert, ist die Differenz nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen.
Der ermittelte Substanzwert ist nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen:
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40 % von
2 500 000 EUR | 1 000 000 EUR |
Der den Substanzwert
übersteigende Betrag des ermittelten Ertragswerts i. H. v.
(4 000 000 EUR – 2 500 000 EUR =) 1 500 000 EUR wird nach dem
Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt: | |
75 % von
1 500 000 EUR |
+ 1 125 000 EUR |
Wert des Anteils des
A | 2 125 000 EUR |
Unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen ist nach § 97 Abs. 1b BewG der gemeine Wert des Anteils des A mit 2 125 000 EUR festzustellen.
Hinweis: Die beschriebene Aufteilung entfällt, wenn der Substanzwert zum Ansatz kommt. Die Aufteilung erfolgt dann nach dem Anteil am Nennkapital.
B verstirbt im Jahr 2016. Erbe ist K.
Grundsatz: Bei einer Aufteilung nach dem Anteil am Nennkapital ergibt sich ein Wert des Anteils des B von (60 % von 4 000 000 EUR =) 2 400 000 EUR.
Bei Vorliegen eines abweichenden Gewinnverteilungsschlüssels ist dieser für die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens nicht allein maßgebend. Zunächst ist der Substanzwert nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen. Übersteigt der im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte gemeine Wert den Substanzwert, ist die Differenz nach dem Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen.
Der ermittelte Substanzwert ist nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
60 % von
2 500 000 EUR | 1 500 000 EUR |
Der den Substanzwert
übersteigende Betrag des ermittelten Ertragswerts i. H. v.
(4 000 000 EUR – 2 500 000 EUR =) 1 500 000 EUR wird nach dem
Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt: | |
25 % von
1 500 000 EUR |
+ 375 000 EUR |
Wert des Anteils des
B | 1 875 000 EUR |
Unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen ist nach § 97 Abs. 1b BewG der gemeine Wert des Anteils des B mit 1 875 000 EUR festzustellen.
Hinweis: Die beschriebene Aufteilung entfällt, wenn der Substanzwert zum Ansatz kommt. Die Aufteilung erfolgt dann nach dem Anteil am Nennkapital.
Sachverhalt 2 (abweichende Beteiligung am Liquidationserlös)
Gesellschafter der X-GmbH sind A zu 30 % und B zu 70 %. Diese Verteilung gilt auch für auszuschüttende Gewinne.
Vertraglich wurde abweichend zum Anteil am Nennkapital eine Beteiligung am Liquidationserlös für A zu 75 % und B zu 25 % vereinbart.
Der Ertragswert des Betriebsvermögens der GmbH wurde i. H. v. 4 000 000 EUR und der Substanzwert i. H. v. 2 500 000 EUR ermittelt. Somit ist der Wert des Betriebsvermögens der GmbH i. H. v. 4 000 000 EUR anzusetzen.
A verstirbt im Jahr 2016. Erbe ist K.
Grundsatz: Bei einer Aufteilung nach dem Anteil am Nennkapital ergibt sich ein Wert des Anteils des A von (30 % von 4 000 000 EUR =) 1 200 000 EUR.
Bei Vorliegen einer abweichenden Beteiligung am Liquidationserlös ist diese für die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens nicht allein maßgebend. Zunächst ist der Substanzwert nach der Beteiligung am Liquidationserlös aufzuteilen. Übersteigt der im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte gemeine Wert den Substanzwert, ist die Differenz nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen.
Der ermittelte Substanzwert ist nach der Beteiligung am Liquidationserlös aufzuteilen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
75 % von
2 500 000 EUR | 1 875 000 EUR |
Der den Substanzwert
übersteigende Betrag des ermittelten Ertragswerts i. H. v.
(4 000 000 EUR – 2 500 000 EUR =) 1 500 000 EUR wird nach dem Anteil am
Nennkapital aufgeteilt: | |
30 % von
1 500 000 EUR |
+ 450 000 EUR |
Wert des Anteils des
A | 2 325 000 EUR |
Unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen ist nach § 97 Abs. 1b BewG der gemeine Wert des Anteils des A mit 2 325 000 EUR festzustellen.
Hinweis: Die beschriebene Aufteilung entfällt, wenn der Substanzwert zum Ansatz kommt. Die Aufteilung erfolgt dann nach der Beteiligung am Liquidationserlös.
B verstirbt im Jahr 2016. Erbe ist K.
Grundsatz: Bei einer Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens nach dem Anteil am Nennkapital ergibt sich ein Wert des Anteils des B von (70 % von 4 000 000 EUR =) 2 800 000 EUR.
Bei Vorliegen einer abweichenden Beteiligung am Liquidationserlös ist diese für die Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens nicht allein maßgebend. Zunächst ist der Substanzwert nach der Beteiligung am Liquidationserlös aufzuteilen. Übersteigt der gemeine Wert den Substanzwert, ist die Differenz nach dem Anteil am Nennkapital aufzuteilen.
Der ermittelte Substanzwert ist nach der Beteiligung am Liquidationserlös aufzuteilen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
25 % von
2 500 000 EUR | 625 000 EUR |
Der den Substanzwert
übersteigende Betrag des ermittelten Ertragswerts i. H. v.
(4 000 000 EUR – 2 500 000 EUR =) 1 500 000 EUR wird nach dem Anteil am
Nennkapital aufgeteilt: | |
70 % von
1 500 000 EUR |
+ 1 050 000 EUR |
Wert des Anteils des
B | 1 675 000 EUR |
Unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen ist nach § 97 Abs. 1b BewG der gemeine Wert des Anteils des B mit 1 675 000 EUR festzustellen.
Hinweis: Die beschriebene Aufteilung entfällt, wenn der Substanzwert zum Ansatz kommt. Die Aufteilung erfolgt dann nach der Beteiligung am Liquidationserlös.
Inhaltlich gleichlautend
Oberste Finanzbehörden der
Länder v. - S
3102
Ministerium für Finanzen und Wirtschaft
Baden-Württemberg - 3 - S
310.2/20
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen,
für Landesentwicklung und Heimat - 34 - S
3150 - S/1
Senatsverwaltung für Finanzen
Berlin - III D - S 3150 -
1/2016-1
Ministerium der Finanzen des Landes
Brandenburg - 36 - S 3150 -
2016#001
Die Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt
Bremen - S 3102 -
1/2014-1/2016 - 13-5
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt
Hamburg - S 3150 - 2016/001 -
53
Hessisches Ministerium der Finanzen - S 3102 A - 038 - II 6a
Finanzministerium
Mecklenburg-Vorpommern - S
3102 - 00000 - 2016/001
Niedersächsisches Finanzministerium - S 3150 - 1 - 351
Finanzministerium des Landes
Nordrhein-Westfalen - S 3150 -
101 - V A 6
Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz - S 3102 A - 16 - 004 - 448
Saarland Ministerium für Finanzen und
Europa - B/5 - S 3150 -
1#001
Sächsisches Staatsministerium der
Finanzen - 35 - S 3102/16/4 -
2016/11719
Ministerium der Finanzen des Landes
Sachsen-Anhalt - 42 - S 3102 -
25
Finanzministerium des Landes
Schleswig-Holstein - VI 35 - S
3150 - 1001
Thüringer Finanzministerium - S 3102 A - 12
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2016 I Seite 246
OAAAF-71108