Instanzenzug: S 52 AS 3374/08 S 52 AS 2084/09 S 52 AS 2824/09 S 52 AS 816/10 S 52 AS 3371/10 S 52 AS 50/11 S 52 AS 1591/11
Gründe:
I
1In allen sieben Verfahren begehrt der Kläger die Wiederaufnahme von rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren.
2In dem Verfahren B 4 AS 665/15 B (Wiederaufnahmeverfahren L 7 AS 1254/15 WA) hatte das SG, bestätigt durch das LSG, den Beklagten unter Abänderung diverser Bescheide ua verurteilt, dem Kläger Unterkunftskosten für die Monate Mai und August 2008 auf der Grundlage der tatsächlich für das Haus kopfteilig anfallenden Kosten zu erbringen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die in Mietverträgen zwischen dem Kläger und seiner Mutter ausgewiesenen Mietzinsforderungen seien nicht als KdU zu berücksichtigen, weil er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keiner wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen sei. Wegen des Vollzugs des Mietvertrags und den Aussagen der Mutter in der erstinstanzlichen Vernehmung sei das Gericht überzeugt, dass zu keinem Zeitpunkt ernstlich ein klassisches Mietverhältnis vereinbart und praktiziert worden sei (; ). Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG als unzulässig verworfen (Beschluss vom 16.4.2015 - B 4 AS 337/14 B; nachfolgend ).
3Auch in den weiteren, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren waren ua höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von höheren Aufwendungen für Unterkunftskosten im Streit. Das von dem Kläger angestrengte Wiederaufnahmeverfahren B 4 AS 666/15 B (Wiederaufnahmeverfahren L 7 AS 1257/15 WA) betrifft die Zeiträume vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 und 1.10.2008 bis 31.3.2009, B 4 AS 667/15 B (Wiederaufnahmeverfahren L 7 AS 1252/15 WA) die Zeit vom 1.4.2009 bis 30.9.2009, B 4 AS 668/15 B (Wiederaufnahmeverfahren L 7 AS 1260/15 WA) die Zeit vom 1.10.2009 bis 31.3.2010, B 4 AS 669/15 B (Wiederaufnahmeverfahren L 7 AS 1258/15 WA) die Zeit vom 1.4.2010 bis 30.9.2010, B 4 AS 670/15 B (Wiederaufnahmeverfahren L 7 AS 1259/15 WA) die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011 und B 4 AS 671/15 B (Wiederaufnahmeverfahren L 7 AS 1261/15 WA) den Zeitraum vom 1.4.2011 bis 30.9.2011.
4Das LSG hat die Anträge des Klägers auf Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren abgewiesen (Beschlüsse vom 19.11.2015). Zur Begründung der Entscheidungen hat es ua ausgeführt, der allein in Betracht kommende Wiederaufnahmegrund des § 580 Nr 7 ZPO liege nicht vor, weil die aufgefundenen Steuerunterlagen - auch wenn sie im Verfahren vor dem SG bereits hätten vorliegen können - zu keinen günstigeren Entscheidungen hätten führen können. Die Urteile hätten sich keineswegs allein auf die fehlenden Steuerunterlagen der Mutter des Klägers, sondern vor allem auch auf deren erstinstanzliche Aussage gestützt. Eine Kausalität zwischen der Nichtvorlage der Steuerunterlagen und der überwiegenden Klageabweisung bestehe nicht.
5Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinen am 1.12.2015 bei dem BSG eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerden, für deren Durchführung er jeweils die Bewilligung von PKH beantragt.
II
6Die Anträge des Klägers auf Bewilligung von PKH waren abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es in den eingangs bezeichneten sieben Verfahren.
7Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der ersten und zweiten Instanz sowie des Akteninhalts sind keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter eine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) der Rechtssache im Rahmen der streitigen Wiederaufnahmeklage oder eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) rügen könnte, liegen nicht vor. Soweit er geltend macht, dass mit den Steuerbescheiden die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Mutter besser belegt werden könnten und auch eine Überweisung aus November 2007 für restliche Mietzahlungen und Schulden über 1350 Euro gefunden worden sei, hat das Berufungsgericht diesen Vortrag gewürdigt. Es ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die für ein Wiederaufnahmeverfahren geforderte Kausalität, dass eine die Vorentscheidung tragende Tatsachenfeststellung bei Verwendung der Urkunde günstiger ausgefallen wäre (vgl hierzu Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl 2014, § 580 RdNr 18), nicht vorliegt. Rechtsfragen grundsätzlicher Art sind nicht berührt.
8Ebenso wenig ist erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, einen Verfahrensfehler des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) darzulegen. In den Entscheidungen durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG kann ein solcher nicht gesehen werden, zumal der Kläger vor diesen Entscheidungen mit Schreiben vom 2.10.2015 angehört worden ist (§ 153 Abs 4 S 2 SGG). Auch kann in gleicher Weise wie über eine unzulässige Berufung über eine unzulässige Wiederaufnahme durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden werden ( - SozR 4-1500 § 158 Nr 6). Eine unvorschriftsmäßige Besetzung des Berufungsgerichts - nur mit den Berufsrichtern - und damit das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 3 RdNr 10; Nr 2 RdNr 10; SozR 4-1500 § 153 Nr 12) liegt daher nicht vor.
9Auch soweit der Kläger vorträgt, die Beschlüsse in den sieben Verfahren seien von drei Richtern beim LSG Niedersachsen-Bremen erwirkt worden, gegen die noch Ablehnungsanträge anhängig seien, ist nicht davon auszugehen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter die Zulassung der Revision erreichen könnte. Der Kläger führt aus, er habe nach Ablehnung des Vorsitzenden Richters V und dem zurückweisenden festgestellt, dass an diesem Beschluss auch die im Berufungsverfahren beteiligten Richter Dr. S und Dr. C mitgewirkt hätten. Insofern habe er gegenüber dem Präsidenten des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auch gegen diese Richter am 15.11.2015 "eine erweiternde Ablehnung der Richter Herrn V, Herrn Dr. S und Herrn Dr. C beantragt". Ungeachtet des noch anhängigen Antrags habe der Senat in allen sieben Wiederaufnahmesachen entschieden. Trotz der demnach möglichen Rüge, dass das LSG verfahrensfehlerhaft nicht förmlich (§ 60 Abs 1 SGG) über die weiteren Befangenheitsanträge entschieden habe, steht der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung entgegen, dass dieses Ablehnungsgesuch, welches durch das Revisionsgericht überprüft werden kann ( B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 11), als unbegründet anzusehen ist. Eine Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gegeben, wenn ein objektiv vernünftiger Grund vorliegt, der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus vernünftiger Weise befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch entscheiden, wobei die Zweifel an der Unparteilichkeit ihren Grund in einem eigenen Verhalten des Richters haben müssen. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die abgelehnten Richter durch ihr Verhalten eine Parteilichkeit oder unsachliche Einstellung zum Ausdruck gebracht haben. Soweit er den Richtern vorhält, sie hätten "ihn bewusst benachteiligt" und "im Prinzip alle Verfahren, die er beantragt habe, strikt abgelehnt" kann diesem Pauschalvorwurf kein objektiv vernünftiger Grund für die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter entnommen werden.
10Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.
11Die von ihm privatschriftlich eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden sind ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil er insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigen (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 S 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).
12Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
DAAAF-71035