BSG Beschluss v. - B 8 SO 103/15 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - fehlende Klärungsbedürftigkeit - Sozialhilfe - Bestattungskosten - Grabpflegekosten - privater Friedhofsbetreiber als Bestattungspflichtiger - landesrechtliche Verpflichtung zur Pflege der auf dem von ihm betriebenen Friedhof liegenden Grabstellen

Gesetze: § 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 74 SGB 12

Instanzenzug: Az: S 11 SO 80/12 Urteilvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 4 SO 225/14 Beschluss

Gründe

1I. Im Streit ist die Zahlung weiterer Kosten als Bestattungskosten nach § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) durch den Beklagten.

2Der Kläger ist Träger einer stationären Einrichtung für behinderte Menschen, in der der hilfebedürftige Leistungsbezieher H B (B) bis zu seinem Tod am 2011 lebte. Zugleich betreibt der Kläger den "H-Friedhof", auf dem B auf Veranlassung des Klägers beigesetzt worden ist. Der Kläger beantragte - nach Abzug von Eigenmitteln des B - beim Beklagten die Übernahme von Bestattungskosten in Höhe von 3546,69 Euro (Schreiben vom ); darin enthalten war ua die Position "Grabpflege Reihengrab", für die Kosten iHv 1740 Euro einschließlich Mehrwertsteuer geltend gemacht wurden. Die Übernahme der geltend gemachten Gesamtkosten lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Die auf volle Übernahme gerichtete Klage war teilweise iHv 1806,69 Euro (geltend gemachte Kosten ohne Grabpflegekosten) erfolgreich (Urteil des Sozialgerichts Kassel vom ). Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg (Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts <LSG> vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, bei den Grabpflegekosten handele es sich nicht um Kosten der Bestattung; dies habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seiner Entscheidung vom deutlich gemacht, indem es Bestattungskosten als solche definiert habe, die unmittelbar der Bestattung selbst dienten. Auch lägen keine Kosten vor, die untrennbar mit der Bestattung verbunden seien, weil insoweit nur auf den Bestattungspflichtigen selbst abzustellen sei. Soweit der Kläger als Friedhofsbetreiber weitergehenden (landesrechtlichen) Verpflichtungen ausgesetzt sei, die Kosten verursachten, zB die Grabpflege für die Zeit der Ruhefrist, sei dies im Rahmen des § 74 SGB XII ohne Relevanz.

3Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob Kosten für die Grabpflege zu den vom Sozialhilfeträger zu erstattenden Beerdigungskosten iS des § 74 SGB XII gehörten, wenn das geltende Friedhofs- und Bestattungsgesetz vorsehe, dass die Bestattung nur erlaubt sei, wenn die ordnungsgemäße Grabpflege mindestens für die Dauer der Ruhefrist gesichert sei. Diese Rechtsfrage sei klärungsfähig und klärungsbedürftig, weil hierzu keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliege. Die vom LSG herangezogene Entscheidung des lasse diese Rechtsfrage offen. Zwar habe das BSG darin ua entschieden, dass Kosten nur solche seien, die unmittelbar mit der Bestattung selbst verbunden seien; es habe aber weiter ausgeführt, dass all die Kosten als Bestattungskosten anzusehen seien, die aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften resultierend notwendigerweise entstünden, damit die Bestattung überhaupt durchgeführt werden könne. Das Hessische Friedhofs- und Bestattungsgesetz sehe aber, anders als das Landesrecht in dem vom BSG entschiedenen Fall, gerade vor, dass die Bestattung außerhalb öffentlicher Friedhöfe nur erlaubt werden könne, wenn die ordnungsgemäße Grabpflege während der Ruhefrist gesichert sei.

4II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) liegt nicht vor.

5Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Unabhängig davon, dass bereits fraglich erscheint, ob der Kläger überhaupt bestattungspflichtig ist (die Bestattungspflicht juristischer Personen bejahend BVerwGE 120, 111), ist die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im Hinblick auf die Senatsentscheidung vom (BSGE 109, 61 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 2) nicht mehr klärungsbedürftig und auch nicht erneut klärungsbedürftig geworden.

6In seiner Entscheidung hat der Senat dargelegt, dass als Bestattungskosten iS des § 74 SGB XII nur die Kosten zu übernehmen sind, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden sind, nicht jedoch solche für Maßnahmen, die nur anlässlich des Todes entstehen, also nicht final auf die Bestattung selbst ausgerichtet sind (etwa Todesanzeigen, Danksagungen, Leichenschmaus, Anreisekosten, Bekleidung). Bestattungskosten sind mithin von vornherein all die Kosten, die aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften resultierend notwendigerweise entstehen, damit die Bestattung überhaupt durchgeführt werden kann oder darf, sowie die, die aus religiösen Gründen unerlässlicher Bestandteil der Bestattung sind. Aus diesen Ausführungen ergibt sich auch, dass Kosten für die nach der Bestattung anfallende Grabpflege keine Kosten iS des § 74 SGB XII darstellen, weil sie gerade nicht final auf die Beerdigung selbst ausgerichtet sind, vielmehr eine solche und die erste Grabherrichtung gerade voraussetzen. Der Umstand, dass der Kläger als privater Friedhofsbetreiber, also gerade nicht in seiner - insoweit unterstellten - Eigenschaft als Bestattungspflichtiger, landesrechtlich dazu verpflichtet ist, auch für die Grabpflege der auf dem von ihm betriebenen Friedhof liegenden Grabstellen zu sorgen, rechtfertigt keine andere Beurteilung; diese öffentlich-rechtliche Regelung steht nicht im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht, sondern mit der Erlaubnis, Bestattungen auch außerhalb öffentlicher Friedhöfe durchzuführen. Dem Kläger stünde es folglich in jedem Fall frei, den Verstorbenen auch auf einem öffentlichen Friedhof beerdigen zu lassen, um seiner möglichen Bestattungspflicht zu genügen. Die Entscheidung für die Bestattung auf dem von ihm betriebenen Friedhof, obwohl die Kosten der Grabpflege nicht durch Dritte gesichert sind, kann deshalb sozialhilferechtlich zu deckende Kosten nicht auslösen.

7Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2016:240216BB8SO10315B0

Fundstelle(n):
UAAAF-71025