BVerwG Beschluss v. - 3 PKH 5.15

Gründe

1Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt und ein Rechtsanwalt nicht beigeordnet werden, weil die Beschwerde BVerwG 3 B 64.15 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO; § 173 VwGO i.V.m. § 78b Abs. 1 Satz 1 ZPO).

2Die Klägerin begehrt die Aufhebung ihrer Entlassung aus dem Schuldienst im Wege der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung. Der Beklagte, der die Klägerin bereits wegen der Entlassung beruflich rehabilitiert hatte, lehnte die Rehabilitierung nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) mit Bescheid vom ab. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage mit Urteil vom , zugestellt am , abgewiesen, weil die Entlassung nicht, wie es § 1 Abs. 1 VwRehaG fordere, eine hoheitliche, sondern eine arbeitsrechtliche Maßnahme gewesen sei. Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil persönlich Beschwerde eingelegt (BVerwG 3 B 62.14), die der Senat mit Beschluss vom als unzulässig verworfen hat, weil die Klägerin nicht durch einen gemäß § 67 Abs. 4 VwGO vor dem Bundesverwaltungsgericht vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten vertreten war. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten, beim Verwaltungsgericht eingegangen am , hat die Klägerin erneut Beschwerde eingelegt (BVerwG 3 B 64.15).

3Die wiederholte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom wird voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Zwar ist die Beschwerde als fristgerecht anzusehen (1.); das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin lässt aber nicht erkennen, dass ein Zulassungsgrund vorliegt (2.).

41. Die Klägerin macht geltend, die Beschwerde sei fristgerecht eingelegt worden. Sie sei innerhalb eines Jahres nach Zustellung des angefochtenen Urteils zulässig, weil die dem Urteil beigegebene Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig sei. Deren Abfassung sei objektiv geeignet, einen Beschwerdeführer in die Irre zu führen. Die Belehrung habe so verstanden werden können, dass ein nicht durch einen Anwalt vertretener Kläger innerhalb der Monatsfrist persönlich Beschwerde einlegen könne und erst die spätere Begründung durch einen Anwalt erfolgen müsse.

5Dem ist hier zu folgen. Die Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Urteils ist infolge eines irreführenden Zusatzes unrichtig erteilt worden und löste die einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 58 Abs. 1 VwGO nicht aus. Die Beschwerde konnte daher nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach Zustellung des Urteils eingelegt werden; diese Frist ist gewahrt.

6Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt wird. Diesen Anforderungen genügt die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils. Allerdings beschränkt sie sich nicht auf die Belehrung über die gesetzlich notwendigen Vorgaben, sondern geht darüber hinaus. Unter anderem ist ihr ein ausdrücklich so bezeichneter "Hinweis" auf den "Vertretungszwang nach § 67 Abs. 2 und 4 VwGO" beigefügt und überdies dem Urteil - wohl zur Erläuterung des Hinweises - ein Beiblatt mit dem vollständigen Gesetzestext des § 67 VwGO nachgeheftet. Es ist zwar als solches nicht schädlich, auf Modalitäten der Rechtsmitteleinlegung hinzuweisen, über die nicht zwingend belehrt werden muss. Solche Hinweise dürfen aber nicht unrichtig oder irreführend, d.h. geeignet sein, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (stRspr, 2 B 61.14 - NVwZ 2015, 1699 Rn. 8 m.w.N.). Einen Beteiligten in die Irre führen kann hier der Hinweis auf § 67 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit dem beigefügten Gesetzestext. Der Hinweis ist unrichtig, weil die Vorschrift gerade nicht den Vertretungszwang vor dem Bundesverwaltungsgericht betrifft, sondern die freigestellte Vertretung vor dem Verwaltungsgericht nach § 67 Abs. 1 VwGO. Dadurch kann die - als solche zutreffende - Belehrung, die Beschwerde sei "beim Verwaltungsgericht Meiningen [...] einzulegen", dahin missverstanden werden, dass eine Beschwerde noch ohne anwaltliche Vertretung beim Verwaltungsgericht eingelegt werden kann.

72. Die zulässige Beschwerde BVerwG 3 B 64.15 wird aber voraussichtlich in der Sache ohne Erfolg bleiben. Die Klägerin beanstandet letztlich durchweg die Richtigkeit des angefochtenen Urteils - macht also Subsumtionsmängel geltend -, zeigt dabei aber nicht auf, dass ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

8a) Die Klägerin hält die Bewertung des Verwaltungsgerichts für falsch, die Entlassung aus dem Schuldienst sei keine hoheitliche Maßnahme des Rates des Kreises R., die der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung nach § 1 VwRehaG zugänglich sei, sondern ein arbeitsrechtliches und damit privatrechtliches Handeln, das von § 1 Abs. 1 VwRehaG nicht erfasst werde (vgl. dazu 3 C 39.97 - Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 13 = ZOV 1999, 55). Damit lässt sich eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dartun. Die Frage, ob sich eine Entlassung als hoheitliche Maßnahme oder als privatrechtliches Handeln darstellt, beantwortet sich aufgrund einer tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalles; allgemeinverbindlich lässt sie sich nicht beantworten. Die Ausführungen der Klägerin geben auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Bewertung des Verwaltungsgerichts, zu der es im Wege der grundsätzlich dem sachlichen Recht zugeordneten Sachverhalts- und Beweiswürdigung gelangt ist, ausnahmsweise im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verfahrensfehlerhaft - also etwa willkürlich - sein könnte.

9b) Das angefochtene Urteil weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Soweit die Klägerin Widersprüche zum Urteil des Senats vom - 3 C 1.03 - (BVerwGE 119, 102) sehen will, moniert sie, das Verwaltungsgericht habe die in diesem Urteil vorgenommene Auslegung des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes nicht hinreichend berücksichtigt. Auch damit sind bloße Subsumtionsfehler gerügt. Zur Darlegung einer Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer einen tragenden (abstrakten) Rechtssatz der vorinstanzlichen Entscheidung herausarbeitet und diesem einen ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aus einer Entscheidung eines divergenzfähigen Gerichts gegenüberstellt, zu dem sich das angefochtene Urteil in Widerspruch gesetzt hat (stRspr, 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 3 m.w.N.). Eine solche Gegenüberstellung wird aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ersichtlich. Abgesehen davon besteht der behauptete Widerspruch nicht. Während sich das angefochtene Urteil mit der Frage auseinandersetzt, ob die streitige Maßnahme (hier die Entlassung) hoheitlichen Charakter hatte, legt das zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vielmehr zugrunde, dass die Repressalien, denen der Kläger jenes Verfahrens ausgesetzt war, hoheitliche Realakte behördlicher Stellen der DDR im Sinne des § 1 Abs. 5 VwRehaG waren (vgl. BVerwGE 119, 102 <111>). Abrundend ist dort überdies ausgeführt, dass Benachteiligungen am Arbeitsplatz, um die es auch der Klägerin geht, beruflich rehabilitierungsfähig sind, obwohl sie privatrechtlichen Charakter haben. Im Unterschied zum Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz erfasst das Berufliche Rehabilitierungsgesetz in § 1 Abs. 1 Nr. 4 auch "andere", nämlich nicht hoheitliche Maßnahmen. Entsprechend ist die Klägerin, worauf das angefochtene Urteil (UA S. 6) zu Recht hinweist, mit Blick auf die arbeitsrechtlich erlittenen Repressionen und Einbußen beruflich rehabilitiert worden.

Fundstelle(n):
HAAAF-70442