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Online-Nachricht - Dienstag, 22.03.2016

Verfahrensrecht | Erstattung von Flugkosten im finanzgerichtlichen Verfahren (FG)

Das FG Baden hat zu den erstattungsfähigen Reisekosten eines Rechtsanwalts in einem finanzgerichtlichen Verfahren, das dieser für seinen Mandanten gewonnen hatte, entschieden ().

Hintergrund: Nach § 149 Abs. 1 FGO werden die den Beteiligten zu erstattenden Kosten eines finanzgerichtlichen Verfahrens auf Antrag von dem Urkundsbeamten des Gerichts festgesetzt. Hierzu gehören bei Einschaltung eines Rechtsanwalts auch die für dessen Tätigkeit nach dem RVG gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen (§ 139 Abs. 3 Satz 1 FGO).

Sachverhalt: Streitig ist die Erstattung von Flugkosten eines Anwalts in einem finanzgerichtlichen Verfahren.

Hierzu führten die Richter des FG weiter aus:

  • Hinsichtlich der erstattungsfähigen Aufwendungen ist das Erfordernis ihrer Notwendigkeit zu beachten (ähnlich auch der BFH, Beschluss v - VII E 9/83).

  • Danach sind Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit erstattungsfähig, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.

  • Einigkeit besteht dahingehend, dass ein Anwalt – ebenso wie andere an einem gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen nach § 5 Abs. 1 und 2 Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (JVEG) – frei wählen darf, ob er mit seinem eigenen Kraftfahrzeug oder mit der Bahn fährt.

  • Zwar kann ein Anwalt zwar unter bestimmten Umständen für die gesamten Kosten einer Flugreise Ersatz verlangen. Das setzt jedoch voraus, dass die infolge der Wahl dieses Beförderungsmittels entstehenden Mehrkosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise stehen (vgl. ständige Rspr. des ). Dies ist vorliegend der Fall.

  • Bei der Prüfung der Frage, ob die Benutzung (vorliegend das Chartern) eines Flugzeugs nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, kommt es nicht allein auf die damit verbundene Zeitersparnis an. Vielmehr sind hierfür nach den zutreffenden Ausführungen des BGH in dem vorgenannten Beschluss vom auch die Höhe der Mehrkosten und ferner die Bedeutung des Rechtsstreits erheblich.

  • Nach der BGH-Rechtsprechung stehen die Mehrkosten einer Flugreise auch bei einer damit verbundenen Zeitersparnis von 4 Stunden jedenfalls dann nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise, wenn sie bei einem Verfahren mit einem Streitwert von unter 10.000 € um mehr als 100% über den (fiktiven) Kosten einer Bahnreise liegen und überdies allein die Flugkosten schon mehr als 20% des Streitwerts des gerichtlichen Verfahrens betragen.

  • So verhält es sich im Streitfall: Die Reisekosten des Charterflugs belaufen sich auf ca. 294 % der Kosten, die bei Nutzung der Bahn und des öffentlichen Personennahverkehrs entstanden wären, die Mehrkosten also auf rd. 194% dieser Kosten. Selbst bei Einbeziehung eines pauschalen Ansatzes für (fiktive) Übernachtungskosten in Höhe von 115 € lägen diese Mehrkosten noch bei 136%.

  • Unabhängig davon ist der Ansatz von Übernachtungskosten auch bei einer Abwesenheit von mehr als 10 Stunden nicht ohne weiteres geboten, wenn eine Rückkehr in den Sommermonaten um 21:00 Uhr oder kurz danach erfolgt.

  • Auch im Verhältnis zum Streitwert des Verfahrens waren die Reisekosten eine nicht zu vernachlässigende Größe; denn sie betrugen mehr als 25%.

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis

Nicht maßgeblich war darüber hinaus, welchen Stundensatz der Anwalt verrechnet hat und ob er im Anschluss an die durch die Nutzung des Flugzeugs gewonnene Zeit tatsächlich noch gearbeitet hat. Andernfalls müsste man auch berücksichtigen, dass eine mehrstündige Zugfahrt in der ersten Klasse in aller Regel bessere Möglichkeiten für ein Aktenstudium eröffnet als der Flug als Pilot einer Chartermaschine.

Fundstelle(n):
UAAAF-69328