Instanzenzug: S 23 KR 896/13
Gründe:
I
1Die Klägerin, bei der beklagten Krankenkasse versichert, ließ sich 2006 auf eigene Kosten aus kosmetischen Gründen mit Brustimplantaten versorgen. Wegen einer Implantatleckage rechts und eines nicht sicheren Ausschlusses eines Defektes links ließ die Klägerin stationär beide Implantate auswechseln (15. bis ). Die Beklagte erstattete ihr 1744,54 Euro für die Entfernung des rechten Silikon-Brustimplantates. Die Klägerin ist mit ihrem Begehren, ihr weitere 3084,56 Euro Kosten des beidseitigen Implantataustauschs zu erstatten, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat ua ausgeführt, ein Kostenerstattungsanspruch scheitere daran, dass weder die Behandlung unaufschiebbar gewesen sei noch die Beklagte sie zuvor (rechtswidrig) abgelehnt habe (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V). Die Regelung der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 und 7 SGB V) sei erst nach der Behandlung am in Kraft getreten (Urteil vom ).
2Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
41. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.
5Wer sich - wie die Klägerin hier - auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen (vgl zB - RdNr 5 mwN; - Juris RdNr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu - Juris RdNr 5; - Juris RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Wird ein Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f). Mit der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung muss daher der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, die Aufrechterhaltung dieser Anträge ausdrücklich mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; - Juris RdNr 2; - Juris RdNr 7); eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; - Juris RdNr 6). Der Tatsacheninstanz soll dadurch nämlich vor Augen geführt werden, dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 67; - Juris RdNr 9 mwN; - RdNr 8).
6Die Klägerin legt keinen Verfahrensmangel in diesem Sinne dar. Sie trägt zwar vor, sie habe "sowohl in erster als auch in zweiter Instanz vorgetragen" und durch "Sachverständiges Zeugnis" und durch "Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass die Revisionsoperation aus medizinischer Sicht nicht aufschiebbar" gewesen sei. Im Erörterungstermin am , in dem sie ihre Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG gegeben habe, habe sie auch klargestellt und zu Protokoll erklärt, dass mit ihrer Zustimmung kein Verzicht "auf die Erhebung weiterer notwendiger und klägerseits angebotener Beweise verbunden sei". Die pauschale Bezugnahme auf "klägerseits angebotene Beweise" genügt nach oben Gesagtem aber nicht für die Aufrechterhaltung schriftsätzlich gestellter Beweisanträge. Um die Warnfunktion zu aktivieren, muss ein - wie hier - rechtskundig vertretener Beschwerdeführer, der seine Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung in einem Erörterungstermin erklärt, sein Beweisbegehren vor dem LSG als prozessordnungskonformen Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG wiederholen und protokollieren lassen (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 4 S 1 ZPO; vgl ), zumindest aber den Schriftsatz und den dort gestellten Beweisantrag so genau bezeichnen, dass das Gericht ohne Weiteres erkennen kann, in welchem Punkt der Beteiligte die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht.
72. Die Klägerin legt auch die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).
8Die Klägerin formuliert die Fragen,
"wann eine 'unaufschiebbare Leistung' im Sinne von § 13 Abs. 3, 1. Alt. SGB V anzunehmen ist und wann von einem Leistungsantrag im Sinne von § § 13 Abs. 3 a SGB V auf Leistungserbringung/Leistungsübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung und wann Ablehnung desselben im Sinne von § 13 Abs. 3, 2. Alt. SGB V auszugehen ist".
9Die Klägerin wirft damit schon keine konkreten Rechtsfragen auf. Die Fragen sind derart allgemein gehalten, dass sie nicht zur Grundlage der weiteren Prüfung taugen, inwieweit Klärungsbedürftigkeit dargelegt worden ist (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 305). Zu den Fragen der "Unaufschiebbarkeit der Leistung" und zur "Ablehnung der Leistung" legt sie im Übrigen weder Klärungsbedarf noch Klärungsfähigkeit dar. Ihre Ausführungen beschränken sich nämlich ausschließlich auf die Frage, "wann von einem Leistungsantrag im Sinne von § 13 Abs. 3 a SGB V" auszugehen ist. Zu dieser Frage fehlt es ebenfalls an der Darlegung der Klärungsfähigkeit. Die Klägerin legt schon nicht dar, wieso ihre Frage entscheidungserheblich sein könnte, obwohl das LSG sich auf das Inkrafttreten der Regelung erst am (Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom , BGBl I 277) gestützt hat. Unabhängig hiervon hätte sie auch erläutern müssen, weshalb die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a SGB V bereits deutlich vor Ablauf der Dreiwochenfrist gelten soll.
103. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
114. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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Fundstelle(n):
PAAAF-68443