BGH Beschluss v. - 3 StR 357/15

Betäubungsmitteldelikt: Bewaffnetes Sichverschaffen von Betäubungsmitteln

Gesetze: § 30a Abs 2 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: LG Wuppertal Az: 24 KLs 34/14

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten L.    wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Angeklagten H.      hat es wegen Beihilfe zum Erwerb von Betäubungsmitteln zu der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten L.    , der sachlich-rechtliche Beanstandungen geltend macht, hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie, ebenso wie die ebenfalls auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten H.     , unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuldspruch wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln gegen den Angeklagten L.    hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3a) Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

4Der Angeklagte L.   , der selbst Betäubungsmittelkonsument ist, erwarb von einer unbekannten Person für sich und zwei Bekannte 40 Gramm Kokain zum jeweiligen Eigenkonsum. Das Kokain sollte von dem gesondert Verfolgten K.     überbracht werden, mit dem der Angeklagte H.     , der wusste, dass es um eine Betäubungsmittellieferung ging und der dem Angeklagten L.     behilflich sein wollte, auf dessen Bitte einen Liefertermin vereinbarte. K.     traf sich daraufhin mit dem Angeklagten L.   , der ihn außerhalb seiner Wohnung erwartete. Beide betraten das Wohnhaus des Angeklagten durch die Hintertür zum Kellergeschoss und begaben sich in die Waschküche, wo K.     dem Angeklagten L.    43 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von rund 14 Gramm KHCl übergab. Sodann verließ K.     den Keller und entfernte sich. Der Angeklagte L.    packte zunächst jeweils 10 Gramm für seine Mitkäufer in Tütchen ab und steckte diese in seine Kleidung. Da er das für seinen Konsum bestimmte Kokain nicht im Keller, sondern an einem ihm sicher erscheinenden Ort verwahren wollte und die vom Keller zum Erdgeschoss führende innere Tür verschlossen war, verließ er den Keller unter Mitnahme des Rauschgifts wieder durch die Außentür und betrat durch den vorderen Eingang das Erdgeschoss. Auf dem Weg zur Küche durchschritt er den Eingangsbereich des Hauses, wo sich ein Baseballschläger befand, den der Angeklagte bewusst dort liegen hatte, um sich gegen Einbrecher zu verteidigen. Das für den eigenen Konsum bestimmte Kokain versteckte er im Küchenschrank (Tat II. 1.). Zeitgleich lagerte der Angeklagte L.    im Keller seines in einer anderen Straße gelegenen Tätowierstudios 688 Gramm Marihuana mit 29 Gramm THC, das er für einen nicht bekannten Dritten verwahrte, der es für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt hatte (Tat II. 2.).

5b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten L.    wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln im Fall II. 1. der Urteilsgründe nicht.

6Zwar hat sich der Angeklagte L.    mit dem Erwerb der Betäubungsmittel zum Eigenkonsum bzw. zur uneigennützigen Weitergabe diese im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verschafft (, BGHSt 42, 123, 128 f.). Soweit das Landgericht jedoch angenommen hat, dass der Angeklagte bei dieser Tat den im Eingangsbereich seiner Wohnung liegenden Baseballschläger mit sich geführt und damit den Qualifikationstatbestand des bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln erfüllt hat, ist dies rechtsfehlerhaft.

7Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist zwar auch dann erfüllt, wenn der Täter die Waffe oder den sonstigen Gegenstand erst in der Schlussphase des Betäubungsmittelerwerbs vor dessen Beendigung mit sich führt, auch wenn das Grunddelikt bereits vollendet ist (vgl. für den Betäubungsmittelhandel BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2; vom - 2 StR 454/13, NStZ-RR 2014, 82 <Ls.>). Vorliegend war der Erwerb des Kokains im Sinne der rechtsgeschäftlichen Erlangung der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel durch einverständliches Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer (, BGHSt 42, 123, 128) jedoch bereits abgeschlossen und damit rechtlich beendet, als der Angeklagte den Eingangsbereich seines Hauses betrat, so dass er den Baseballschläger nicht mehr bei der Tat mit sich führte. Spätestens nachdem der gesondert verfolgte K.     dem Angeklagten das Kokain übergeben und das Anwesen verlassen hatte, war die Verfügungsgewalt des Angeklagten gesichert. Er befand sich in seinem Wohnhaus und trug das Rauschgift teilweise sogar an seinem Körper in der Kleidung. Eines zusätzlichen Versteckens oder gar der Weitergabe an die Mittäter bedurfte es zur Sicherung seiner Verfügungsgewalt nicht. Der Angeklagte war, als er den Eingangsbereich seines Hauses durchschritt, im Besitz des Kokains. Das Mitführen einer Waffe oder eines entsprechenden Gegenstandes beim Besitz der Betäubungsmittel allein erfüllt den Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG aber gerade nicht (vgl. , BGHSt 43, 8, 11; Beschluss vom - 5 StR 522/13, juris Rn. 2; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 30a Rn. 84 mwN). Der Angeklagte hat aber den Verbrechenstatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) erfüllt, hinter den das vorangegangene Sichverschaffen der Betäubungsmittel nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG zurücktritt.

82. Die abweichende rechtliche Bewertung des Falles II. 1. der Urteilsgründe lässt die konkurrenzrechtliche Bewertung dieser Tat im Verhältnis zu Fall II. 2. der Urteilsgründe unberührt; es verbleibt bei Tatmehrheit. Zwar verletzt nach ständiger Rechtsprechung der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen, auch wenn diese an verschiedenen Orten aufbewahrt werden, das Gesetz nur einmal, wenn diese für den Eigenkonsum bestimmt sind (, NStZ 2005, 228, 229; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1365 mwN). Sind getrennt gelagerte Betäubungsmittel, die nicht in einem Erwerbsakt erlangt wurden, vom Täter dagegen zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt, so begründet allein der gleichzeitige Besitz verschiedener Betäubungsmittel eine Bewertungseinheit für verschiedene Verkaufsgeschäfte nicht. Vielmehr liegt dann Tatmehrheit vor (BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9; vom - 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470; vom - 4 StR 633/09, StraFo 2010, 348; vgl. auch , BGHSt 43, 252, 258 ff.; Beschluss vom - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120). In dem Fall, in dem der Täter wie hier eine Betäubungsmittelmenge zum Eigenkonsum und eine andere für einen Dritten an einem anderen Ort verwahrt, um dessen Betäubungsmittelhandel zu unterstützen, kann nichts anderes gelten.

93. Der Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten L.    war deshalb wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich zu ändern. Dieser Änderung steht § 265 StPO nicht entgegen, da der zu seinen Taten geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der im Fall II. 1. der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafe sowie der Gesamtstrafe.

104. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils lässt zum Schuldspruch betreffend den Angeklagten H.     keinen Rechtsfehler erkennen. Auch der Strafausspruch unterliegt keinem durchgreifenden Rechtsfehler. Zwar hat das Landgericht bei der Strafzumessung zu seinen Lasten berücksichtigt, dass er "bedenkenlos dazu bereit war, die Betäubungsmittelstraftat eines anderen zu unterstützen". Dies stellt einen Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB dar. Dass der Täter einen Tatbeitrag leistet, um die Tat eines anderen zu unterstützen, ist das Regelbild der Beihilfe; dieser Umstand darf daher nicht zu Lasten des Gehilfen straferhöhend gewertet werden (vgl. , StV 2011, 364). Insbesondere im Hinblick auf die vielfältigen, auch einschlägigen, Vorstrafen des Angeklagten H.    , der auch schon mehrjährige Freiheitsstrafen verbüßen musste, schließt der Senat jedoch aus, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf diesem Rechtsfehler beruht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2015:101115B3STR357.15.0

Fundstelle(n):
FAAAF-68322