Betäubungsmittelhandel: Abgrenzung des Handeltreibens von strafloser Vorbereitungshandlung
Gesetze: § 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG
Instanzenzug: Az: 2090 Js 42949/14 - 1 KLs
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten D. hat es wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf die Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten erkannt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen.
2Das Rechtsmittel des Angeklagten D. hat vollen, das des Angeklagten S. teilweise Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten S. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3Soweit die Angeklagten im Fall II. 4. der Urteilsgründe wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (der Angeklagte S. ) bzw. Beihilfe hierzu (der Angeklagte D. ) verurteilt worden sind, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
41. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte S. wegen der zögerlichen Zahlweise des von ihm in den Fällen II. 1. bis 3. belieferten Abnehmers vorübergehend den Kontakt zu diesem abgebrochen. Da er schließlich aber doch an einer Weiterführung der geschäftlichen Beziehungen interessiert war, rief der Angeklagte D. , der in die Drogengeschäfte des Angeklagten S. eingeweiht war, den Abnehmer an und vereinbarte ein persönliches Treffen, um zu "reden und (zu) rechnen". Mit einem vom Angeklagten D. angemieteten Fahrzeug fuhren die Angeklagten noch am selben Tag zusammen zu der verabredeten Zusammenkunft, bei der besprochen wurde, wie die Lieferbeziehung zwischen dem Angeklagten S. und dem Abnehmer würde fortgeführt werden können. Insbesondere wurde über das Zahlungsverhalten des Abnehmers gesprochen. Der Angeklagte S. machte deutlich, dass er künftig nur gegen unmittelbare Zahlung liefern werde. "Man wurde sich einig".
52. Das festgestellte Verhalten erfüllt hinsichtlich des Angeklagten S. nicht den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
6Der Begriff des Handeltreibens im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist zwar weit auszulegen. Danach ist Handeltreiben im Sinne dieser Vorschriften jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (, BGHSt 50, 252, 256, 262). Ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt damit bereits vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 479/99, NStZ 2000, 207, 208; vom - 2 StR 184/06, NStZ 2007, 100, 101; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 81; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 374 ff.). Allgemein sondierende Gespräche über die Möglichkeit und eventuelle Modalitäten künftiger Betäubungsmittelgeschäfte begründen dagegen noch kein vollendetes Handeltreiben; bei ihnen handelt es sich lediglich um straflose Vorbereitungshandlungen (Weber aaO, Rn. 367 mwN).
7Nach diesen Maßstäben liegt im Fall II. 4. der Urteilsgründe ein strafbares Verhalten des Angeklagten nicht vor. Ernsthafte Verkaufsverhandlungen zum Abschluss eines näher konkretisierten Betäubungsmittelgeschäfts führte der Angeklagte S. nicht. Nach den Feststellungen besprach er bei dem Treffen mit seinem früheren Abnehmer lediglich, unter welchen Bedingungen er zu einer Fortsetzung der Betäubungsmittellieferungen grundsätzlich bereit sei. Ein Verkaufsangebot unterbreitete er nicht. Der Tatbestand des Handeltreibens ist damit nicht erfüllt.
8Da die Feststellungen das Vorliegen der Haupttat nicht tragen, entfällt auch die Strafbarkeit des Angeklagten D. wegen Beihilfe hierzu.
93. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zu einem verbindlicheren Inhalt des Gesprächs getroffen werden können. Er spricht den Angeklagten S. deshalb insoweit, den Angeklagten D. insgesamt mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO). Der Entschädigungsanspruch des Angeklagten D. für die erlittene Polizei- und Untersuchungshaft folgt aus § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 1 und 2 StrEG.
10Der Wegfall der gegen den Angeklagten S. im Fall II. 4. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe führt zur Aufhebung der gegen ihn verhängten Gesamtstrafe; diese muss vom Landgericht neu festgesetzt werden.
Becker Hubert Mayer
Gericke Spaniol
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2015:101115B3STR302.15.0
Fundstelle(n):
VAAAF-68321