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Online-Nachricht - Donnerstag, 03.03.2016

Umsatzsteuer | Keine Steuerbefreiung für förmliche Zustellung (FG)

Der 9. Senat des FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Durchführung von Postzustellungsaufträgen nicht zu den sog. Post-Universaldienstleistungen zählt und damit nicht nach europarechtlichen Vorgaben von der Umsatzsteuer befreit ist (; Revision anhängig).

Hintergrund: Nach Art. 132 Abs. 1 Buchstabe a MwStSystRL befreien die Mitgliedsstaaten die von öffentlichen Posteinrichtungen erbrachten Dienstleistungen und dazugehörige Lieferungen von Gegenständen mit Ausnahme von Personenbeförderungs- und Telekommunikationsdienstleistungen von der USt.

Sachverhalt: Geklagt hatte der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Holdingunternehmens, das durch verschiedene Organgesellschaften Postzustellungsaufträge im gesamten Bundesgebiet ausgeführt und sich dafür eines bundesweit strukturierten Zustellnetzes bedient hatte. Das Unternehmen hatte die Durchführung dieser förmlichen Zustellungen – die im Auftrag von Behörden und Gerichten erfolgt waren und zum Nachweis des Zugangs der von ihnen versandten Schriftstücke bestimmt waren – als umsatzsteuerfrei angesehen. Das Finanzamt hatte dies anders gesehen und die Umsatzsteuer im Anschluss an eine Außenprüfung nachgefordert. Der 9. Senat hat sich der Auffassung des Finanzamts angeschlossen.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Als nach nationalem deutschen Umsatzsteuerrecht steuerfrei können nur die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutschen Post AG angesehen werden.

  • Die Holding konnte sich nach Ansicht des Senats auch nicht auf vorrangig anzuwendendes Europarecht (Art 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) berufen, weil die von ihr erbrachten förmlichen Zustellungen nicht zu den Post-Universaldienstleistungen zählen.

  • In der Systematik des Postgesetzes wird nämlich zwischen „Universaldienstleistungen“ einerseits und „Förmlichen Zustellungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften“ andererseits unterschieden. Auch europarechtlich wird in der sog. Post-Richtlinie lediglich ein Mindestmaß an Universaldienstleistungen definiert und der Postzustellungsauftrag nicht erwähnt.

  • Von der Universaldienstleistung der Einschreibsendung unterscheidet sich der Postzustellungsauftrag in wesentlichen Punkten, da er den Charakter eines Hoheitsakts hat, bei dem die Beförderung nur eines von mehreren Dienstleistungselementen darstellt, und da er gerade nicht der Allgemeinheit, sondern nur – im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege – Behörden und Gerichten zur Verfügung steht.

Quelle: FG Baden-Württemberg online

Hinweis:

Das Finanzgericht hatte im Streitfall die Revision zum BFH zugelassen. Die Frage, ob die förmliche Zustellung der USt unterfällt, stellte sich vor und nach der Änderung von § 4 Nr. 11b UStG. Sie habe Bedeutung über den hier zu entscheidenden Einzelfall hinaus und war bisher nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Az. des BFH: V R 30/15). Den Text der oben genannten Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Fundstelle(n):
TAAAF-68044