Rechtsfrage
Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit Art. 325 AEUV und der Richtlinie 2006/1121 , nach denen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Sanktionspolitik zur Gleichstellung verpflichtet sind, dahin auszulegen, dass es dem Erlass einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass die strafrechtliche Relevanz der Nichtabführung der Mehrwertsteuer bei Überschreiten eines höheren Schwellenbetrags eintritt, als er für die Nichtabführung der direkten Einkommensteuer festgelegt ist?
Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit Art. 325 AEUV und der Richtlinie 2006/112, nach denen die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union zu erlassen, dahin auszulegen, dass es dem Erlass einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Beschuldigten (sei er Geschäftsführer, gesetzlicher Vertreter, für Steuerangelegenheiten Bevollmächtigter oder an der Straftat Beteiligter) straflos stellt, wenn die mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Körperschaft, zu der der Beschuldigte gehört, die Steuer und die im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer geschuldeten Verwaltungsbußgelder verspätet abgeführt hat, obwohl die Steuerfestsetzung bereits erfolgt war, die Strafverfolgung eingeleitet, die Sache dem Richter vorgelegt und die ordnungsgemäße Einleitung des kontradiktorischen Verfahrens bestätigt worden war, aber bevor der Beschluss über die Eröffnung der Hauptverhandlung ergangen ist, in einem System, in dem für den Geschäftsführer, gesetzlichen Vertreter oder ihren Bevollmächtigten und an der Straftat Beteiligten keine andere Sanktion, nicht einmal verwaltungsrechtlicher Art, vorgesehen ist?
Ist der Begriff des Betrugs in Art. 1 des PIF-Übereinkommens dahin auszulegen, dass er auch Fälle der unterlassenen, teilweisen oder verspäteten Abführung der Mehrwertsteuer erfasst und Art. 2 dieses Übereinkommens die Mitgliedstaaten daher verpflichtet, die unterlassene, teilweise oder verspätete Abführung der Mehrwertsteuer bei Beträgen, die 50 000 Euro übersteigen, mit Freiheitsstrafe zu bestrafen?
Falls diese Frage verneint wird: Ist Art. 325 AEUV, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, abschreckende, verhältnismäßige und wirksame Sanktionen, auch strafrechtlicher Art, vorzusehen, dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Geschäftsführer und gesetzlichen Vertreter juristischer Personen oder ihre Steuerbevollmächtigten und die an der Straftat Beteiligten für die unterlassene, teilweise oder verspätete Abführung von Mehrwertsteuer bei Beträgen, die die Mindestschwellen für Betrug in Höhe von 50 000 Euro um das Drei- oder Fünffache übersteigen, straflos stellt?