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Online-Nachricht - Mittwoch, 17.02.2016

Umsatzsteuer | Hochzeits- und Trauerredner kann ausübender Künstler sein (BFH)

Die Steuerermäßigung für ausübende Künstler (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG) hängt nicht davon ab, ob von den Zuschauern oder Zuhörern eine "Eintrittsberechtigung" verlangt wird. Ein Trauer- oder Hochzeitsredner ist "ausübender Künstler", wenn seine Leistungen eine schöpferische Gestaltungshöhe erreichen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG gilt der ermäßigte Steuersatz für "die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler".

Sachverhalt: Der Kläger hat evangelische Theologie studiert und hält Hochzeits-, Geburtstags-, Trennungs- und Trauerreden. Im Anschluss daran erhalten die Auftraggeber ein ausformuliertes Redemanuskript. In seinen Umsatzsteuererklärungen 2006 bis 2010 erklärte er die Vortragsumsätze mit dem ermäßigten Steuersatz, während das Finanzamt die Umsätze mit dem Regelsteuersatz erfasste. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Entgegen der Rechtsansicht des FA scheitert die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht an einer fehlenden "Eintrittsberechtigung" der Teilnehmer von Hochzeits- oder Trauerfeiern.

  • Die Vorschrift ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass sich das Tatbestandsmerkmal "Eintrittsberechtigung" nur auf den ersten Halbsatz ("Theater, Konzerte und Museen"), nicht aber auf den zweiten Halbsatz ("Darbietungen ausübender Künstler") bezieht.

  • Aus der Rechtsprechung des EuGH folgt zudem, dass es für die steuerbegünstigte Leistung eines ausübenden Künstlers genügt, wenn er sein Entgelt nicht von den Zuhörern oder Zuschauern, sondern von einem Veranstalter (hier: vom Hochzeitspaar oder den Angehörigen) erhält.

  • Auch hat das FG die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, Hochzeits- und Trauerreden richteten sich nicht als Kulturangebot an die Allgemeinheit, sondern an einen geschlossenen Personenkreis. Denn ein Ausschluss von Privatveranstaltungen (z.B. Künstler tritt bei einer Betriebs- oder Gedenkfeier im Auftrag des Veranstalters vor abgeschlossenem Personenkreis auf) lässt sich weder dem Gesetz noch Art. 98 Anhang III MwStSystRL ("Dienstleistungen ausübender Künstler") entnehmen.

  • Die Steuerermäßigung der Tätigkeit des Klägers als Hochzeits- oder Trauerredner hängt somit allein davon ab, ob sie als Tätigkeit eines "ausübenden Künstlers" anzusehen ist. Diese Frage hat das FG - von seinem Standpunkt aus konsequent - zu Unrecht offengelassen und lediglich Zweifel an einer künstlerischen Tätigkeit geäußert.

  • Der Senat kann sie nicht selbst entscheiden, weil hierzu eingehende Tatsachenfeststellungen zur Art und Weise der Tätigkeit des Klägers fehlen.

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis:

Für die nun zu treffende Entscheidung hat der BFH dem FG die folgenden Hinweise mit auf den Weg gegeben: Nach der Rechtsprechung des ; v. - 1 BvR 816/82) liegt das Wesen einer künstlerischen Tätigkeit in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Leistung wird geprägt von einer eigenschöpferischen Leistung des Künstlers, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck komme. Gegen eine künstlerische Tätigkeit bei einer Redetätigkeit spricht daher, wenn sie sich im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränkt (vgl. auch ; v. , jeweils zur freiberuflichen künstlerischen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).

Fundstelle(n):
UAAAF-66856