Raub: Tatbestandsirrtum bei der Zueignungsabsicht
Gesetze: § 249 Abs 1 StGB
Instanzenzug: LG Aachen Az: 62 KLs 11/13
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten P. unter Freisprechung im Übrigen wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten S. hat es wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten P. hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten S. hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Während die Verurteilung des Angeklagten S. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung im Fall II.1 der Urteilsgründe - wie vom Generalbundesanwalt ausgeführt - einen Rechtsfehler nicht erkennen lässt, hat die Verurteilung beider Angeklagter im Fall II.2 der Urteilsgründe keinen Bestand.
3Nach den Feststellungen hatten beide Angeklagte gegen den Geschädigten Si. , einen Bauunternehmer, noch offene Lohnforderungen aus einem vorangegangenen Beschäftigungsverhältnis. Da sie wiederholt vertröstet und hingehalten worden waren, lauerten sie dem Geschädigten auf, forderten unter Drohung mit einem "erhobenen Holzschlagwerkzeug" Bargeld und entnahmen seiner Geldbörse einen Betrag von 200 Euro. Anschließend erhielt der Geschädigte noch einen Schlag mit dem "Stock" gegen die Stirn.
42. Die Verurteilung wegen besonders schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5Die Feststellungen belegen nicht ausreichend, dass die Angeklagten in der Absicht rechtswidriger Zueignung handelten, als sie dem verängstigten Geschädigten das Geld aus dessen Börse wegnahmen. Das Landgericht hätte die nicht fernliegende Möglichkeit erörtern müssen, ob die Angeklagten, denen es darum ging, ihnen zustehenden Lohn zu erhalten, irrig von einem Recht auf eigenmächtige Befriedigung ihrer Geldforderungen ausgingen und glaubten, die Übereignung der sich im Besitz des Geschädigten befindlichen Geldscheine beanspruchen zu dürfen. Sollten sie irrtümlich angenommen haben, sich das weggenommene Geld zueignen zu dürfen, hätten sie sich in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum befunden (vgl. , BGHSt 17, 87, 90 f.; Beschluss vom - 5 StR 345/90, StV 1991, 515).
6Dass das Landgericht hierauf nicht eingegangen ist, begründet einen sachlich-rechtlichen Fehler, der zur Aufhebung zwingt. Die Aufhebung erfasst auch die im Übrigen nicht zu beanstandende Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung und bedingt hinsichtlich des Angeklagten S. die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
Fischer Appl Eschelbach
Ott Zeng
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:130116B2STR347.15.0
Fundstelle(n):
XAAAF-66628