Suchen
BGH Beschluss v. - V ZR 87/15

Instanzenzug:

Gründe:

I.

1Mit notariellem Vertrag vom kaufte die Klägerin von der Beklagten ein Hinterliegergrundstück. In dem Kaufvertrag finden sich folgende Regelungen:

"Die Verkäuferin verpflichtet sich hiermit, nach Vorlage des amtlichen Vermessungsergebnisses zugunsten der von der Käuferin erworbenen Teilfläche (...) und zu Lasten des der Verkäuferin verbleibenden Grundstücks (...) ein Wegerecht zu bewilligen und zu beantragen.

Die Verkäuferin verpflichtet sich ferner, die Einräumung eines unmittelbar anschließenden Wegerechts zugunsten der von der Käuferin erworbenen Teilfläche (...) und zu Lasten des im Eigentum der Gemeinde U. stehenden und dem verbleibenden Grundstück der Verkäuferin benachbarten Grundstücks (...) von dem auf der gemeinsamen Nachbargrenze stehenden Transformatorenhäuschen bis zur Straße (...) herbeizuführen. Auf voller Länge muss die Wegefläche eine Breite von mindestens 4 m sowie zum Gehen und Befahren durch Personenkraftwagen mit dieser Breite geeignet sein. (...)".

2Mit notarieller Urkunde vom bestellte die Beklagte eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks der Klägerin. In der Bestellungsurkunde heißt es:

"Der jeweilige Eigentümer des Grundstücks (...) hat das Recht die in den anliegenden Lageplänen rot gekennzeichnete Fläche (...) in einer Breite von mindestens 4 m von der D. straße aus bis zum herrschenden Grundstück und von diesem zurück als Wegefläche zum Gehen und Befahren durch Personenkraftwagen unentgeltlich (...) zu nutzen und auf diesem Wegestreifen auf seine Kosten unter der Oberfläche Leitungen (...) zu verlegen und zu unterhalten."

3Tatsächlich kann eine durchgehende Wegbreite von 4 m auf dem Grundstück der Beklagten schon deshalb nicht erreicht werden, weil der Abstand zwischen der Grundstücksgrenze und dem Haupthaus der Beklagten auf der Ostseite nur 2,76 m beträgt.

4Die Gemeinde U. übernahm als Baulast die Verpflichtung, es zu dulden, dass auf einer Teilfläche ihres - an das Grundstück der Beklagten angrenzenden - Grundstücks ein Weg zur ordnungsgemäßen Verbindung des klägerischen Grundstücks mit der öffentlichen Straße angelegt, unterhalten und benutzt wird sowie Versorgungsleitungen verlegt werden dürfen.

5Die Beklagte unterhält an der Ostseite ihres Grundstücks eine Terrasse und eine Beeteinfassung. 2007 errichtete sie einen Anbau.

6Die Klägerin verlangt von der Beklagten, die Terrasse, den Anbau und die Beeteinfassung soweit zurückzubauen, dass ein Abstand von 4 m zur östlichen Grenze zum Nachbargrundstück gewahrt wird.

7Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mit einstimmigem Beschluss zurückgewiesen.

II.

8Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 Euro nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

91. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO ist nicht die Beschwer aus dem Berufungsurteil, sondern der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend; um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (Senat, Beschluss vom - V ZR 59/14, juris Rn. 2 mwN).

102. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

11a) Bei einer Klage auf Unterlassung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit bestimmt sich der Wert der Grunddienstbarkeit nach § 7 ZPO; er ist nach § 3 ZPO zu schätzen (Senat, Beschluss vom - V ZR 46/09, juris Rn. 2). Wird mit dem Rechtsmittel - wie hier - die Verurteilung zur Beseitigung und Unterlassung der Beeinträchtigung begehrt, ist die Wertminderung anzusetzen, die das herrschende Grundstück durch die Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit erleidet.

12b) Dass die Wertminderung ihres Grundstücks einen Betrag von 20.000 € übersteigt, hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Der von ihr vorgenommenen Berechnung kann nicht gefolgt werden.

13aa) Die Klägerin geht von dem im Kaufvertrag vom ausgewiesenen Kaufpreis in Höhe von 61.355 € (120.000 DM) aus. Hiervon entfalle ein Betrag von 58.995,19 € auf den Erwerb von rund 800 qm Bauland und ein Betrag von 2.359,81 € auf den Erwerb von 800 qm Gartenland. Nach dem Erwerb sei das Grundstück geteilt und eine Teilfläche veräußert worden. Ihr sei eine Teilfläche von 544 qm des Baulandes verblieben. Von dem von ihr gezahlten Kaufpreis entfalle auf diese Fläche anteilig ein Betrag von 40.116,73 €. Ohne das Wegerecht handelte es sich bei dieser Fläche lediglich um Gartenland, das nur einen Wert von 1.604,67 € hätte. Von dem Differenzbetrag von 38.512,06 € seien 71%, mithin 27.343,56 €, als Wertminderung ihres Grundstücks anzusetzen, da sie von der Fläche, die das Wegerecht auf dem Grundstück der Beklagten betreffe, nur rund 29% nutzen könne.

14bb) Bei dieser Berechnung lässt die Klägerin außer Acht, dass ihr Grundstück tatsächlich Bauland geworden und die Erschließung - in Übereinstimmung mit den Regelungen im Kaufvertrag vom - nicht nur über die auf dem Grundstück der Beklagten lastende Grunddienstbarkeit, sondern auch über die auf dem Nachbargrundstück ruhende Baulast gesichert ist. Diese Baulast wirkt nach § 92 Abs. 1 Satz 2 NBauO in der Fassung vom (Nds. GVBl. S. 199) - § 81 Abs. 1 Satz 2 NBauO nF - auch gegenüber den Rechtsnachfolgern der Beklagten. Eine Löschung der Baulast im Baulastenverzeichnis kann nur unter den Voraussetzungen des § 92 Abs. 3 NBauO aF (§ 81 Abs. 3 NBauO nF) erfolgen. Dies setzt unter anderem voraus, dass ein öffentliches und privates Interesse an der Baulast nicht mehr besteht. Vor diesem Hintergrund liegt eine Sicherung der Erschließung des Grundstücks der Klägerin vor. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht in seinem die Berufung der Klägerin zurückweisenden Beschluss Bezug nimmt, ist es der Klägerin trotz der geltend gemachten Beeinträchtigungen der Grunddienstbarkeit möglich, unter Nutzung der für das Wegerecht noch zur Verfügung stehenden Fläche auf dem Grundstück der Beklagten und der von der Baulast erfassten Fläche des Nachbargrundstücks ihr Grundstück mit Personenkraftwagen zu erreichen. Daher ist die von der Klägerin gewählte Berechnung nicht geeignet, eine Wertminderung ihres Grundstücks von über 20.000 € glaubhaft zu machen.

III.

15Mangels anderer geeigneter Anhaltspunkte wird der Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausgehend von der Festsetzung des Berufungsgerichts auf 7.000 € festgesetzt (§ 7 i.V.m. § 3 ZPO).

Fundstelle(n):
BAAAF-66589