BAG Urteil v. - 3 AZR 813/14

Betriebliche Altersversorgung - Versorgungsausgleich bei Scheidung - Bindungswirkung des Urteils des Familiengerichts

Leitsatz

Trifft das Familiengericht im Versorgungsausgleichsverfahren nach § 10 VersAusglG eine rechtskräftige Entscheidung über die interne Teilung des vom Versorgungsberechtigten während der Ehezeit erworbenen Anrechts, so entfaltet diese Bindungswirkung in einem nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem am Versorgungsausgleichsverfahren beteiligten Versorgungsträger über die Höhe des sich hieraus ergebenden Kürzungsbetrags der Versorgung.

Gesetze: § 1 Abs 1 VersAusglG, § 1 Abs 2 VersAusglG, § 5 Abs 1 VersAusglG, § 5 Abs 3 VersAusglG, § 10 Abs 1 VersAusglG, § 10 Abs 3 VersAusglG, § 11 Abs 1 VersAusglG, § 219 Nr 2 FamFG, § 224 Abs 1 FamFG

Instanzenzug: ArbG Mainz Az: 1 Ca 2286/12 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az: 4 Sa 413/13 Urteilnachgehend Az: 1 BvR 524/16 Beschluss

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, die betriebliche Altersrente des Klägers infolge eines Versorgungsausgleichs um mehr als 522,61 Euro zu kürzen.

2Der im November 1941 geborene Kläger war von März 1963 bis Juli 2002 beim Fernsehen (F) beschäftigt. Ihm wurden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach dem vom F abgeschlossenen Versorgungstarifvertrag vom zugesagt. Der Kläger bezieht seit dem von dem Beklagten - der Pensionskasse des F - eine Altersrente, die sich aus einem „Pensionskassenanteil“ sowie einem „F-Anteil“ zusammensetzt.

3Die Ehe des Klägers mit seiner im Februar 1946 geborenen Ehefrau wurde im Januar 1991 geschieden. Durch Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom wurde ein Versorgungsausgleich nach dem bis zum geltenden Recht durchgeführt. Im April 2011 leitete die frühere Ehefrau des Klägers ein Verfahren zur Abänderung des Versorgungsausgleichs vor dem Amtsgericht Mainz ein, an dem auch der Beklagte beteiligt wurde. Der Beklagte unterbreitete dem Amtsgericht gemäß § 5 Abs. 3 des zum in Kraft getretenen Gesetzes über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG) einen Vorschlag für die Bestimmung der Hälfte des Werts des Ehezeitanteils des Klägers (Ausgleichswert). Dabei errechnete er unter Verwendung der nach seinem Technischen Geschäftsplan für den Kläger maßgeblichen alters- und geschlechtsspezifischen Barwertfaktoren zunächst die Höhe des Deckungskapitals für das in der Ehezeit erworbene Anrecht des Klägers iHv. 14.621,76 Euro jährlich. Nach Abzug der Teilungskosten gemäß § 13 VersAusglG ermittelte er dann mithilfe der für den Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau nach dem Technischen Geschäftsplan maßgeblichen unterschiedlichen Barwertfaktoren einen sog. berechneten Ehezeitanteil iHv. 12.542,69 Euro jährlich. Hieraus ergab sich ein Ausgleichswert iHv. 6.271,35 Euro und damit eine monatliche Rente für die geschiedene Ehefrau des Klägers iHv. 522,61 Euro. Das Amtsgericht Mainz folgte diesem Vorschlag und änderte durch Beschluss vom seine Entscheidung vom ab. Es übertrug im Wege der internen Teilung zulasten des Anrechts des Klägers bei dem Beklagten zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau ein Anrecht iHv. monatlich 522,61 Euro bezogen auf den . Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, die er in der Folgezeit zurücknahm.

4Die für den Kläger maßgeblichen „Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Pensionskasse für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des F Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit - Leistungsplan A - für Personen, die bis Mitglied der Pensionskasse für die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer des F wurden oder ihre Ansprüche von diesen Personen ableiten“ (im Folgenden AVB) enthalten in § 20 ua. folgende Regelung zur internen Teilung bei einem Versorgungsausgleich:

5Der Beklagte kürzte infolge des Versorgungsausgleichs vom ab dem den Pensionskassenanteil der Altersrente des Klägers um monatlich 695,87 Euro.

6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nicht berechtigt, seine Altersrente um monatlich mehr als 522,61 Euro zu kürzen. Daher schulde der Beklagte ihm die Zahlung einer monatlich um 173,26 Euro höheren Altersrente. Die Kürzung seiner Altersrente um mehr als 522,61 Euro bewirke eine unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts, da die Höhe der Kürzung geringer ausgefallen wäre, wenn er eine Frau gewesen wäre. Dies verstoße gegen Unionsrecht. Aus dem Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom folge nichts anderes. Das Amtsgericht habe seiner geschiedenen Ehefrau zulasten seines Anrechts lediglich ein Anrecht iHv. 522,61 Euro übertragen. Eine in Rechtskraft erwachsende Entscheidung über die Höhe der Kürzung seiner Altersrente habe es nicht getroffen.

7Der Kläger hat zuletzt beantragt

8Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

10Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger ab Januar 2013 eine monatlich um 173,26 Euro höhere Altersrente zu zahlen.

11I. Die Klage ist zulässig.

121. Der Klageantrag bedarf jedoch der Auslegung. Aus der Klagebegründung ergibt sich - abweichend vom Wortlaut des Antrags - das Begehren des Klägers festzustellen, dass der Beklagte ihm ab Januar 2013 eine um monatlich 173,26 Euro brutto höhere Altersrente zu zahlen hat.

132. Mit diesem Verständnis ist der Klageantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Antrag betrifft die Höhe der an den Kläger zu zahlenden Altersrente und damit den Umfang der Leistungspflicht des Beklagten. Da der Beklagte bestreitet, eine um 173,26 Euro brutto monatlich höhere Altersrente zahlen zu müssen, hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO). Die Möglichkeit, Klage auf künftige Leistung nach § 258 ZPO zu erheben, steht dem nicht entgegen (vgl. nur  - zu A II der Gründe).

14II. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist berechtigt, infolge des Versorgungsausgleichs vom die Altersrente des Klägers um monatlich 695,87 Euro zu kürzen. Daher kann der Kläger von dem Beklagten nicht die Zahlung einer monatlich um 173,26 Euro höheren Altersrente verlangen.

151. Entgegen der Ansicht des Klägers bedingt die rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Mainz vom eine Kürzung seiner Altersrente um monatlich 695,87 Euro.

16a) Nach § 1 Abs. 1 VersAusglG hat das Familiengericht im Versorgungsausgleichsverfahren die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen. Im Fall der internen Teilung überträgt es nach § 10 Abs. 1 VersAusglG für die ausgleichsberechtigte Person zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts iSd. § 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG. Die interne Teilung erfolgt durch richterlichen Gestaltungsakt ( - Rn. 17; - XII ZB 504/10 - Rn. 23 mwN; BT-Drs. 16/10144 S. 54). Mit der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung geht der übertragene Teil des Anrechts in Höhe des auf den Bewertungsstichtag - dem Ende der Ehezeit - bezogenen Ausgleichswerts unmittelbar auf die ausgleichsberechtigte Person über, so dass dadurch ein Rechtsverhältnis zwischen dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person und der ausgleichsberechtigten Person entsteht ( - aaO; BT-Drs. 16/10144 S. 54). Gleichzeitig greift das Gericht mit seiner Ausgleichsentscheidung auch in die Rechtsbeziehungen der ausgleichspflichtigen Person zum Versorgungsträger ein (vgl. BT-Drs. 16/10144 S. 70). Da die Übertragung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG „zulasten des Anrechts“ der versorgungspflichtigen Person erfolgt, führt die gerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu einer Kürzung des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person.

17b) Zwar hat das Amtsgericht Mainz in der Beschlussformel seiner Entscheidung vom nicht ausgesprochen, in welchem Umfang sich das Anrecht des Klägers durch die Übertragung eines Anrechts auf seine geschiedene Ehefrau vermindert. Dies ist jedoch unerheblich. Entgegen der Ansicht des Klägers bedingt die durch die Entscheidung des Amtsgerichts erfolgte Übertragung eines Anrechts zugunsten seiner früheren Ehefrau iHv. 522,61 Euro nicht lediglich eine Kürzung seiner Altersrente um diesen Betrag. Der Umfang der Kürzung der vom Versorgungsträger geschuldeten Versorgungsleistung ergibt sich vielmehr aus dem vom Familiengericht im Versorgungsausgleich vorgenommenen Vollzug der internen Teilung nach § 10 VersAusglG. Der Vollzug der internen Teilung richtet sich gemäß § 10 Abs. 3 VersAusglG nach den Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht, also nach den für das betreffende Versorgungssystem geltenden Regelungen (vgl.  - Rn. 25). Bei der Ausgestaltung dieser Regelungen steht den Versorgungsträgern zwar ein gewisser Gestaltungsspielraum für die rechnerische Aufteilung des in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Ehezeitanteils zu (vgl. nur BT-Drs. 16/10144 S. 55, wonach § 11 VersAusglG einen „Regelungsauftrag“ für die Versorgungsträger begründet). Entgegen der Rechtsauffassung der Revision fällt den Familiengerichten im Versorgungsausgleichsverfahren wegen der rechtsgestaltenden Wirkung der gerichtlich ausgesprochenen internen Teilung jedoch die Aufgabe zu, die rechtliche Vereinbarkeit der nach § 10 Abs. 3 VersAusglG heranzuziehenden untergesetzlichen Versorgungs- und Teilungsordnung mit höherrangigem Recht und damit auch mit Unionsrecht zu überprüfen (vgl.  - Rn. 11; - XII ZB 504/10 - Rn. 25 mwN; BT-Drs. 16/10144 S. 55). Liegen etwa die Voraussetzungen einer gleichmäßigen Teilhabe nach § 11 Abs. 1 VersAusglG nicht vor, darf das Gericht das Anrecht nicht nach Maßgabe der Teilungs- oder Versorgungsregelung des Versorgungsträgers ausgleichen (vgl.  - Rn. 25).

18c) Sieht die Teilungsordnung - wie vorliegend § 20 Nr. 3 Unterabs. 2 Satz 1 und Satz 2 AVB - vor, dass für die interne Teilung das zum Ende der Ehezeit verfügbare ehezeitbezogene Deckungskapital maßgeblich ist und dieses nach Abzug der Verwaltungskosten des Versorgungsträgers zwischen der ausgleichspflichtigen und ausgleichsberechtigten Person so aufzuteilen ist, dass für beide gleich hohe intern geteilte Versorgungsleistungen entstehen, so hat das Familiengericht, anders als von der Revision angenommen, daher auch zu prüfen, ob bei der Berechnung des für die Höhe des zu übertragenden Anrechts maßgeblichen Ausgleichswerts iSd. § 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG nur geschlechtsneutrale Barwertfaktoren verwendet werden dürfen (vgl. etwa  II-12 UF 91/14 - Rn. 10 ff.; OLG Celle - 10 UF 195/12 - Rn. 8 und 29 ff.; OLG Oldenburg - 14 UF 128/10 - Rn. 7 ff.; OLG des Landes Sachsen-Anhalt - 8 UF 15/14 - Rn. 5). Einer solchen Prüfung steht nicht entgegen, dass die Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren nicht ausdrücklich in der maßgeblichen Teilungsordnung vorgesehen ist, sondern sich, wie vorliegend (vgl. § 20 Nr. 3 Unterabs. 3 Satz 2 AVB), dadurch ergibt, dass die Berechnung des ehezeitbezogenen Deckungskapitals nach den Grundsätzen des Technischen Geschäftsplans des Versorgungsträgers zu erfolgen hat (in diesem Sinne auch OLG Celle - 10 UF 195/12 - aaO; OLG Oldenburg - 14 UF 128/10 - aaO; OLG des Landes Sachsen-Anhalt - 8 UF 15/14 - aaO).

19d) Hat das Familiengericht auf der Grundlage der von ihm herangezogenen und rechtlich zu überprüfenden Teilungsordnung des Versorgungsträgers eine mit Eintritt der Rechtskraft nach § 224 Abs. 1 FamFG wirksam werdende Entscheidung über die interne Teilung nach § 10 VersAusglG getroffen, so entfaltet diese in einem nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit zwischen dem ausgleichspflichtigen Ehegatten und dem gemäß § 219 Nr. 2 FamFG am Versorgungsausgleichsverfahren beteiligten Versorgungsträger über die Höhe des sich hieraus ergebenden Kürzungsbetrags der Versorgung Bindungswirkung. Die Präjudizialität der Entscheidung im Verfahren über den Versorgungsausgleich für das Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen beschränkt sich nicht nur auf die unmittelbar in der Beschlussformel zum Ausdruck kommende Gestaltungswirkung, sondern erfasst auch den Berechnungsweg, den das Familiengericht auf der Basis der von ihm angewandten Teilungsordnung bei der Durchführung der internen Teilung des in der Ehezeit erworbenen Anrechts zwischen den geschiedenen Ehegatten zugrunde gelegt hat.

20Dies folgt sowohl aus § 10 Abs. 1 VersAusglG als auch aus dem Sinn und Zweck des familiengerichtlichen Versorgungsausgleichsverfahrens. Durch das gerichtliche Verfahren über den Versorgungsausgleich soll - vorbehaltlich der in den §§ 32 ff. VersAusglG vorgesehenen Anpassungsmöglichkeiten - sowohl für die früheren Ehegatten als auch für den am Verfahren beteiligten Versorgungsträger verbindlich entschieden werden, wie das in der Ehezeit erworbene Versorgungsanrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf die geschiedenen Ehegatten aufzuteilen ist. Dementsprechend führt die in § 10 Abs. 1 VersAusglG angeordnete Übertragung eines Anrechts „zulasten“ des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person zwangsläufig zu einer Kürzung seiner Versorgungsrechte, deren Höhe untrennbar mit der Art und Weise der internen Teilung verbunden ist. Nur durch eine erweiterte Bindungswirkung können Widersprüche zwischen den familiengerichtlichen Entscheidungen über den Versorgungsausgleich und etwaigen von den Gerichten für Arbeitssachen zu treffenden Entscheidungen über die Folgen des Versorgungsausgleichs für die dem ausgleichspflichtigen Ehegatten zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vermieden werden. Gründe, derartige Widersprüche zuzulassen, bestehen nicht, da die maßgeblichen Rechtsfragen unter Einbeziehung aller materiell betroffenen Personen im Versorgungsausgleichsverfahren geklärt werden können. Um eine sowohl bruchlose als auch effektive Durchsetzung des höherrangigen Rechts zu gewährleisten, ist es daher allein Aufgabe der für die Durchführung der Versorgungsausgleichsverfahren zuständigen Gerichte, die rechtlichen Vorgaben des Versorgungsausgleichsverfahrens zu klären.

21e) Danach hat der Beklagte die Altersrente des Klägers zu Recht um 695,87 Euro gekürzt. Die Höhe des Kürzungsbetrags ergibt sich aus der vom Amtsgericht Mainz im rechtskräftigen Beschluss vom durchgeführten internen Teilung des vom Kläger während seiner Ehezeit bei dem Beklagten erworbenen Anrechts.

22Durch den Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom wurde der früheren Ehefrau des Klägers zu seinen Lasten ein Anrecht an seinen in der Ehezeit erworbenen Versorgungsrechten bei dem Beklagten iHv. 522,61 Euro übertragen. Bei dem Vollzug der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG ist das Familiengericht dem Vorschlag des Beklagten nach § 5 Abs. 3 VersAusglG über die Bestimmung des Ausgleichswerts gefolgt und hat die Teilung des in der Ehezeit erworbenen Anrechts nach § 20 Nr. 3 Unterabs. 2 Satz 1 und Satz 2 AVB vorgenommen. Demgemäß wurde das ehezeitbezogene Deckungskapital nach Abzug der Verwaltungskosten so aufgeteilt, dass sich für beide ehemaligen Ehegatten gleich hohe Versorgungsleistungen ergaben. Damit steht auch dem Kläger von seinem in der Ehezeit bei dem Beklagten erworbenen Versorgungsanrecht nur noch ein Anrecht in Höhe einer monatlichen Rente von 522,61 Euro zu. Da sich der vom Kläger in der Ehezeit erworbene Anteil seiner Versorgungsanrechte bei dem Beklagten vor der internen Teilung auf 14.621,76 Euro jährlich, mithin auf 1.218,48 Euro monatlich belief, ergibt sich ein Kürzungsbetrag iHv. 695,87 Euro (1.218,48 Euro - 522,61 Euro).

23f) Infolge der erweiterten Bindungswirkung der Entscheidung des Amtsgerichts Mainz vom kann der Kläger vorliegend nicht mit Erfolg einwenden, die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung seiner Altersrente um 695,87 Euro bewirke eine Diskriminierung wegen des Geschlechts, weil bei einer ausgleichspflichtigen Frau der Kürzungsbetrag geringer ausgefallen wäre. Die von ihm geltend gemachte Benachteiligung wegen des Geschlechts resultiert aus der Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren bei dem Vollzug der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG. Einwände hiergegen hätte der Kläger im Versorgungsausgleichsverfahren geltend machen müssen.

24aa) Entgegen der Ansicht des Klägers wird die von ihm im Hinblick auf die Höhe des Kürzungsbetrags gerügte Diskriminierung wegen des Geschlechts dadurch bewirkt, dass das Familiengericht bei der Durchführung der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG dem Vorschlag des Beklagten nach § 5 Abs. 3 VersAusglG über die Bestimmung des Ausgleichswerts gefolgt ist. Danach wurde entsprechend den Vorgaben des § 20 Nr. 3 Unterabs. 3 Satz 2 AVB das zum Ende der Ehezeit verfügbare ehezeitbezogene Deckungskapital mithilfe von sich aus dem Technischen Geschäftsplan des Beklagten ergebenden, geschlechtsspezifischen Barwertfaktoren ermittelt und so auf die geschiedenen Ehegatten aufgeteilt, dass für beide gleich hohe Versorgungsleistungen entstanden. Erst dadurch ergibt sich für den Kläger ein höherer Kürzungsbetrag seines Ehezeitanteils als sich ergeben hätte, wenn er weiblich gewesen wäre. Die Höhe des Kürzungsbetrags ist eine zwangsläufige Folge davon, dass zur Ermittlung der gleich hohen Versorgungsleistungen für beide geschiedenen Ehegatten geschlechtsspezifische Barwertfaktoren verwendet wurden. Diese führen dazu, dass jedem geschiedenen Ehegatten von dem vom Kläger in der Ehezeit erworbenen Anrecht bei der Beklagten iHv. 1.218,48 Euro monatlich - nach Abzug der Teilungskosten - ein Anrecht iHv. monatlich 522,61 Euro zusteht und sich damit für die Versorgungsansprüche des Klägers ein Kürzungsbetrag iHv. 695,87 Euro ergibt.

25bb) Zwar hat das Amtsgericht Mainz - wie der Inhalt seines Beschlusses zeigt - nicht überprüft, ob die Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren zur Berechnung des Ausgleichswerts iSd. § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1 VersAusglG mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Damit ist es seiner ihm obliegenden Prüfungsverpflichtung im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens nicht hinreichend nachgekommen. Dennoch ist der Beschluss in Rechtskraft erwachsen. Ob und inwieweit der Kläger dadurch mit seinen unionsrechtlichen Einwänden ausgeschlossen ist, muss im Verfahren nach dem FamFG geklärt werden.

26cc) Soweit das Amtsgericht - anders als von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangt (vgl.  - Rn. 18; - XII ZB 504/10 - Rn. 22 ff.; - XII ZB 541/12 - Rn. 9) - die für die interne Teilung maßgebliche Teilungs- und Versorgungsregelung in seiner Beschlussformel nicht konkret bezeichnet hat, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Die fehlende Bezeichnung hat nicht zur Folge, dass der Beschluss in seinem Tenor zu unbestimmt ist (vgl. dazu etwa  - Rn. 20). Vielmehr lässt sich aus der Bezugnahme in den Ausführungen des Beschlusses auf den Vorschlag des Beklagten nach § 5 Abs. 3 VersAusglG über die Bestimmung des Ausgleichswerts entnehmen, dass das Familiengericht bei seiner Teilungsentscheidung dem Vorschlag des Beklagten gefolgt ist und dabei die Teilungsordnung in § 20 AVB in der ab dem geltenden Fassung zugrunde gelegt hat.

272. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es entgegen der Ansicht der Revision nicht. Der Senat hat sich nicht mit der Auslegung unionsrechtlicher Bestimmungen, sondern lediglich mit der Wirkung von Entscheidungen im Versorgungsausgleichsverfahren befasst. Es geht allein darum, welcher Gerichtszweig nach nationalem Recht mit der Prüfung der rechtlichen Vorgaben bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs befasst ist.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:101115.U.3AZR813.14.0

Fundstelle(n):
BB 2015 S. 2868 Nr. 47
BB 2016 S. 499 Nr. 8
DB 2015 S. 15 Nr. 47
DB 2016 S. 658 Nr. 11
OAAAF-66537