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Online-Nachricht - Mittwoch, 18.03.2009

Unterhaltsrecht | Zur Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts (BGH)

Der BGH hatte über die in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Rechtsfragen zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen dem betreuenden Elternteil eines Kindes Betreuungsunterhalt zusteht und ob dieser Anspruch zeitlich befristet werden kann ().

Nach § 1570 BGB in der seit dem geltenden Fassung kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
Hierzu führt der BGH weiter aus: Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres stehe dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Neuregelung nur noch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus Billigkeitsgründen zu. Damit verlange die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kind- und elternbezogenen Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung haben kindbezogene Verlängerungsgründe jedoch das stärkste Gewicht. Vorrangig sei deswegen stets der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Betreuung des Kindes auf andere Weise gesichert ist. Soweit die Betreuung des Kindes sichergestellt oder auf andere Weise kindgerecht möglich ist, könnten einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils allerdings auch andere Gründe entgegenstehen, insbesondere der Umstand, dass der ihm verbleibende Betreuungsanteil neben der Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Hinzu kommen weitere Gründe nachehelicher Solidarität, etwa ein in der Ehe gewachsenes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung. Soweit demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur zu der seit dem geltenden Fassung des § 1570 BGB abweichende Auffassungen vertreten werden, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen, seien diese im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar.
Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578 b BGB scheide aus, weil § 1570 BGB in der seit dem geltenden Fassung eine Sonderregelung für diese Billigkeitsabwägung enthält und insoweit bereits alle Umstände des Einzelfalles abschließend zu berücksichtigen sind. Das würde es aber nicht ausschließen, die Höhe des Betreuungsunterhalts in Fällen, in denen keine ehe- oder erziehungsbedingten Nachteile mehr vorliegen, nach Ablauf einer Übergangszeit zu begrenzen. Im Einzelfall könne dann der von einem höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitete Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen auf einen Unterhaltsanspruch nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten herabgesetzt werden.
Quelle: BGH Pressemitteilung Nr. 62 / 2009

Fundstelle(n):
GAAAF-48053