Suchen Barrierefrei
Online-Nachricht - Donnerstag, 23.07.2015

Einkommensteuer | Zur Abziehbarkeit von Strafverteidigungskosten (BFH)

Der BFH hat sich im Rahmen einer Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der steuerlichen Berücksichtigung von Strafverteidigungskosten beschäftigt. Unter anderem ging es um die Frage, ob Strafverteidigungskosten zumindest dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, sofern die Rechtsverteidigung – wie im Streitfall – zu einem Freispruch führt. Im Streitfall hat der BFH dies verneint. Vereinbare der Steuerpflichtige mit seinem Verteidiger ein Honorar, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liege, komme ein Abzug dieser Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung mangels Zwangsläufigkeit nicht in Betracht (; NV).

Hintergrund: Der Beschwerdeführer wollte vom BFH geklärt wissen, „ob entstandene Rechtsanwaltskosten für die Verteidigung im Rahmen eines Strafverfahrens zumindest dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn eine steuerpflichtige Haftentschädigung gezahlt wird“. Des Weiteren begehrte er die Beantwortung der Rechtsfrage, „ob Rechtsanwaltskosten zumindest dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, sofern die Rechtsverteidigung – wie im Streitfall – zu einem Freispruch führt“. Nach Ansicht des BFH sind beide Rechtsfragen jedoch bereits hinreichend geklärt. Sie bedürfen daher keiner erneuten Entscheidung in einem Revisionsverfahren.
Zum Abzug als Werbungskosten führte der BFH u.a. aus:

  • Strafverteidigungskosten sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Dies ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein.

  • Auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es hierbei nicht an. Die berufliche Veranlassung der Strafverteidigungskosten wird auch nicht dadurch begründet, dass der Steuerpflichtige für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen eine (steuerpflichtige) Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) erhält.

  • Denn der Steuerpflichtige wendet die Strafverteidigungskosten nicht auf, um mit der Entschädigung steuerpflichtige Einkünfte zu erwerben, sondern um sich von dem gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwurf zu entlasten. Beruht dieser strafrechtliche Vorwurf nicht seinerseits auf einem beruflichen Verhalten des Steuerpflichtigen, überlagern die privaten, nicht beruflichen Gründe für die Aufwendung der Strafverteidigungskosten den Zusammenhang zwischen diesen Kosten und der Entschädigung nach dem StrEG.

Zum Abzug als außergewöhnliche Belastung führte der BFH aus:

  • Soweit der Angeschuldigte freigesprochen wird, fallen gemäß § 467 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO), von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen abgesehen (§ 467 Abs. 2 und 3 StPO), die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last. Gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu erstatten sind. Dazu zählen u.a. die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei.

  • Soweit dem Steuerpflichtigen aufgrund dieser Vorschriften ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Strafverteidigung zusteht, scheidet schon mangels Belastung des Steuerpflichtigen ein Abzug nach § 33 EStG aus.

  • Soweit nach den genannten Vorschriften kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, sind Anwaltskosten für die Strafverteidigung einem Steuerpflichtigen nur zwangsläufig erwachsen (§ 33 Abs. 1 EStG), wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit diese Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

  • Nicht zwangsläufig sind Aufwendungen insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige - wie hier - mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart hat, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt; ein Abzug dieser Mehraufwendungen ist mangels Zwangsläufigkeit nicht möglich.

  • Da dem Kläger die Aufwendungen im Streitfall nicht Zwangsläufigkeit erwachsen sind, ist es insoweit auch unerheblich, dass der Steuerpflichtige freigesprochen wird. Bei einer Verurteilung scheidet der Abzug der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung ohnehin aus.

Anmerkung: Auch der Umstand, dass Honorarvereinbarungen zwischen Strafverteidiger und Mandant grds. gebührenrechtlich zulässig sind, ist – so der BFH – für die Frage, ob dem Steuerpflichtigen Strafverteidigungskosten i.S. von § 33 Abs. 1 EStG zwangsläufig erwachsen, ohne Bedeutung. Die von Bron/Ruzik in DStR 2011 S. 2069 befürwortete Gleichbehandlung von Strafverteidigungskosten mit Krankheitskosten sei schon wegen der unterschiedlichen Sachverhalte nicht geboten. Der Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Strafverteidiger sei daher entgegen Bron/Ruzik kein mit einer Krankheit vergleichbares „alternativloses Szenario“.
Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
ZAAAF-47374