Gewinnermittlung | Behandlung veruntreuter Fremdgelder (BFH)
Verwendet ein Rechtsanwalt Fremdgelder, die er in fremdem Namen und für fremde Rechnung beigetrieben hat, für eigene Zwecke, verlieren diese nicht die Eigenschaft als durchlaufende Posten und sind im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung nicht in die Gewinnermittlung einzubeziehen (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Der Kläger ist Rechtsanwalt. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmenüberschussrechnung. Für einen großen Mandanten (M) betrieb er den Forderungseinzug ärztlicher Honorare gegenüber säumigen Patienten. Er forderte bei den Patienten neben dem Rechnungsbetrag des jeweiligen Arztes sowohl sein Anwaltshonorar gegenüber M als auch seine Auslagen an. Der Kläger sollte die beigetriebenen Geldbeträge erst dann an M weiterleiten, wenn sie entweder vollständig eingegangen waren oder eine weitere Beitreibung endgültig aussichtslos war. Teile der Fremdgelder verwendete der Kläger, um hieraus Betriebsausgaben und Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Das FA behandelte die veruntreuten Gelder als Betriebseinnahmen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Fremdgelder, die der Steuerpflichtige in fremdem Namen und für fremde Rechnung auf Grundlage einer Inkassovollmacht - wie der Kläger - vereinnahmt hat, sind auch dann als durchlaufende Posten zu behandeln, die den Gewinn nicht beeinflussen, wenn der Steuerpflichtige diese Gelder bewusst nicht auf einem Anderkonto, sondern auf seinem betrieblichen Geschäftskonto vereinnahmt, um dessen Minussalden auszugleichen, oder wenn er bereits bei der Vereinnahmung beabsichtigt, diese Beträge für eigene Zwecke zu verbrauchen.
Auch wenn die aufgrund der Inkassovollmacht für fremde Rechnung vereinnahmten Gelder abredewidrig oder mit Erlaubnis des Berechtigten dem Kassenbestand hinzugefügt oder auf Konten des Steuerpflichtigen überwiesen werden, wird der Steuerpflichtige zwar verfügungsbefugt, bleibt aber schuldrechtlich verpflichtet, den Gegenwert herauszugeben.
Die Weitergabeverpflichtung entfällt nicht dadurch, dass der Steuerpflichtige von vornherein beabsichtigt, das Fremdgeld nicht auszukehren oder nach dessen Zufluss den Entschluss fasst, dieses für eigene Zwecke zu verwenden, sodass auch in diesen Fällen das Fremdgeld nicht als steuerpflichtige Betriebseinnahme zu behandeln ist.
Die widerrechtliche Verwendung der Fremdgelder führt für sich betrachtet nicht zu steuerbaren Einkünften in Höhe der veruntreuten Beträge. Denn der Kläger hat die Fremdgelder nicht als Betriebseinnahmen im Rahmen seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, sondern außerhalb des Tatbestands der Einkünfteerzielung durch privat veranlasste Straftaten erlangt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH und des BGH führen Geldbeträge, derer der Steuerpflichtige sich im Rahmen einer Untreue bemächtigt, nicht zu steuerbaren Einkünften, da dieser Zufluss nicht mit der Einkünfteerzielung im Zusammenhang steht (vgl. z.B. NWB TAAAE-29290).
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
ZAAAF-47215