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Online-Nachricht - Freitag, 15.05.2015

Verfahrensrecht | Beginn der Verzinsung bei Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags (FG)

Nach Auffassung des 11. Senats des FG Köln richtet sich der Beginn des Zinslaufs auch dann nach § 233a Abs. 2a 1. Alt. AO, wenn der Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses (hier: die gewinnerhöhende Auflösung des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG) zwangsläufig Folgewirkungen auf die Steuerfestsetzung eines anderen Veranlagungszeitraus (VZ) hat (hier: Wegfall eines zunächst gemäß § 10d Abs. 1 EStG berücksichtigten Verlustabzugs, wenn aufgrund des Wegfalls des Verlusts im Verlustentstehungsjahr kein rücktragsfähiger Verlust mehr vorhanden ist; ).

Hintergrund: Der Zinslauf beginnt gemäß § 233a Abs. 2 Satz 1 AO grds. 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 EStG beruht, beginnt der Zinslauf abweichend hiervon 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist (§ 233a Abs. 2a AO). Im vorliegenden Fall bestanden im Hinblick auf die Auflösung des für den nicht streitbefangenen VZ 2009 gebildeten Investitionsabzugsbetrags keine Zweifel an der Anwendbarkeit des § 233a Abs. 2a AO. Der Beginn der Verzinsung richtet sich für den VZ 2009 unstreitig nach § 233a Abs. 2a 1. Alt. AO, da es sich bei der nachträglichen Auflösung des Investitionsabzugsbetrags um ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 233a Abs. 2a AO handelt (vgl. NWB NAAAE-43791). Fraglich war aber der Beginn des Zinslaufs für den vorangegangenen VZ 2008, indem ein Verlustrücktrag aus dem Jahr 2009 korrigiert wurde.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die teilweise Aussetzung der Vollziehung (AdV) hinsichtlich der Zinsen für die Einkommensteuer 2008. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt u.a. fest, dass Wirtschaftsgüter, für die im Jahr 2009 ein Investitionsabzugsbetrag gebildet wurde, nicht innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums bis zum angeschafft worden waren. Vor diesem Hintergrund ergab sich für das Jahr 2009 eine unstreitige Erhöhung des Gewinns. Für das Sreitjahr 2008 erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid, in dem es einen Verlustrücktrag aus dem Jahr 2009 nunmehr mit 0 Euro berücksichtigte. Bei der Zinsberechnung wurde ein Verzinsungszeitraum vom bis zum (43 Monate) zugrunde gelegt. Die Verzinsung beginne nach § 233a Abs. 2a 2. Alt. AO 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verlust entstanden sei und folglich am (15 Monate nach Ablauf des Jahres 2009). Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und führte zur Begründung aus, dass die Verzinsung nach § 233a Abs. 2a 1. Alt. AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginne, in dem das rückwirkende Ereignis – d.h. die Nichtanschaffung der Wirtschaftsgüter, für die ein Investitionsabzugsbetrag gebildet worden sei – geendet habe (Beginn der Verzinsung  am ; 15 Monate nach Ablauf des Jahres 2012). Diese Ansicht bestätigte nun das Finanzgericht, im Rahmen einer im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Überprüfung.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Auch wenn im vorliegenden Fall die (zwangsläufig geänderte) Steuerfestsetzung für 2008 selbst nicht unmittelbar auf dem rückwirkenden Ereignis beruht, ist für die nach dem Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses aufgrund zwingender rechtlicher Vorgaben vorzunehmende Folgeänderung (hier: die Aufhebung des Verlustrücktrags) in materiell-rechtlicher Hinsicht weiterhin allein der Eintritt des rückwirkenden Ereignisses ausschlaggebend; lediglich verfahrensrechtlich wird die Aufhebung des Verlustrücktrags über § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG umgesetzt.

  • Für den Beginn des Zinslaufs im Fall des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses kann es keinen Unterschied machen, ob die materiell-rechtlichen Auswirkungen dieses Ereignisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum unmittelbar oder aber lediglich mittelbar über eine zwingende Folgeumsetzung eintreten.

  • Da der Nachzahlungsbetrag im vorliegenden Fall materiell-rechtlich auf die Auflösung des Investitionsabzugsbetrags zurückzuführen ist, ist es im Übrigen nicht gerechtfertigt, die Verzinsung schon für solche Zeiträume einsetzen zu lassen, in denen das rückwirkende Ereignis noch gar nicht eingetreten war.

Anmerkung: Der Beginn des Zinslaufs richtet sich vorliegend nicht nach § 233a Abs. 2a 2. Alt. AO. Bereits nach ihrem Wortlaut setzt die Vorschrift voraus, dass die für die Verzinsung maßgebliche Steuerfestsetzung auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 EStG beruht. Hiervon werden jedoch nach Ansicht des Finanzgerichts nicht auch solche Fälle erfasst, in denen ein zunächst berücksichtigter Verlustabzug nachträglich mangels eines Verlustes im (ursprünglichen) Verlustentstehungsjahr wieder rückgängig gemacht wird. Denn eine vor diesem Hintergrund nach § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG geänderte Steuerfestsetzung beruht materiell-rechtlich gerade nicht (mehr) auf einem Verlustabzug im Sinne des § 10d Abs. 1 EStG. Der Beginn des Zinslaufs richtet sich schließlich auch nicht nach der allgemeinen Vorschrift des § 233a Abs. 2 AO, da diese Regelung durch den spezielleren § 233a Abs. 2a 1. Alt. AO verdrängt werde, so das Finanzgericht weiter.
Quelle: FG Köln online
Hinweise: Durch das JStG 2013 ist § 7g Abs. 3 EStG um einen weiteren Satz ergänzt worden. Hiernach ist § 233a Abs. 2a AO im Falle der gewinnerhöhende Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags grds. nicht anzuwenden. Die Neuregelung ist für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die für nach dem endende Wirtschaftsjahre erstmals in Anspruch genommen werden (s. NWB DokID: NWB SAAAE-71581). Die o.g. Entscheidung betraf demnach die Rechtslage vor dieser Neuregelung. Fraglich ist allerdings, ob die Änderung in § 7g EStG auch die hier entscheidende Sachverhaltskonstellation betrifft. Den Text der Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
 

Fundstelle(n):
EAAAF-47102